Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 155. Kapitel: Frage der Griechen über die Allwissenheit Jesu.

01] Nach einer kleinen Weile erst fing der eine also zu reden an und, sagte: »O du höchst weiser Meister! Wir haben doch, wie du es uns höchst wahr und richtig dargestellt hast, die leidigen zwanzig Jahre hindurch gar vieles erfahren, aber selbst die bewährtesten Orakel wußten nichts von unserer Jugend und ebensowenig von unserem Handel und Wandel; du aber, den wir hier zum ersten Male in unserem Leben ganz unvermutet zu Gesichte bekamen, hast unser ganzes Tun und Lassen so ganz der Wahrheit getreu dargestellt, als wärest du von Jugend an schon bei uns gewesen. Wie ist dir denn das doch möglich? Hast du das aus unseren Gesichtern gelesen? Wie, wie war dir das möglich?«

02] Sagte Ich: »Bekümmert euch darum jetzt noch nicht; denn sagte Ich es euch auch gerade heraus, so würdet ihr das nicht fassen! So aber in euch euer Geist wacher werden wird, da werdet ihr das schon eben in euch selbst zu begreifen anfangen, wie Mir das gar leicht möglich ist, jedem Menschen offen darzutun, was er von der Geburt an in jedem Augenblick gedacht, gesprochen, gewollt und getan hat; denn vor Mir kann sich niemand verbergen. Aber nun vorderhand nichts Weiteres mehr davon, und ihr mögt weiter reden!«

03] Sagte darauf der eine Grieche: »Höchst weiser Meister! Wir haben gar manche Schule besucht, wir waren in ganz Ägypten und haben daselbst in den Städten uns um unser Geld alles zeigen lassen und ließen uns auch einweihen in gar manche alte Weisheitsgeheimnisse; aber wir haben in keiner Schule einen Meister gefunden, der da der vollen Wahrheit gemäß hätte von sich sagen können, was du soeben von dir gesagt hast, und doch bist du dem Ansehen nach auch nur ein Mensch, der einmal auch nur in einer Schule seine Weisheit und geheime Kunst erlernt hat!

04] Wo in dieser Welt aber ist diese Schule? Und gibt es auf der ganzen Erde aber eine solche Schule nicht, da müßtest du ja offenbar ein Gott sein, dem allein - was wir nach den verschiedenen Götterlehren von den Fähigkeiten und Eigenschaften der seienden Götter wissen - solche von dir ausgesprochenen Dinge möglich sind.

05] Einem Menschen, den man zuvor nie gesehen hat und von dem man auch nicht wissen kann, welchen Namen er führt und in welcher Stadt oder auf welcher Insel oder in welchem Teile eines Festlandes er geboren ist, zu sagen, was er ist, was er hat, wie er gelebt und gehandelt hat, das ist endlos mehr denn alle noch so verborgen gehaltene Magie. Weißt du etwa auch um unsere Namen, um unsere Geburtsstätten und um unsere Weiber und Kinder?«

06] Sagte Ich: »So Ich um das eine weiß, da weiß Ich sicher auch um das andere! Aber so Ich eure Namen und eure Geburtsstätten und auch eure Weiber und Kinder euch vorgesagt hätte, da hättet ihr euch dabei gedacht: "Ja, das kann er leicht wissen aus unseren Reiseschriften, die wir bei unserer Ankunft haben aufweisen müssen, um in dieser Anstalt angenommen zu werden, weil da alles streng nach den Gesetzen Roms behandelt wird!"

07] Aber das, was Ich euch gesagt habe, steht in euren Reiseschriften nicht aufgezeichnet und ist darum sicher um vieles denkwürdiger, als so Ich euch gleich als Meliteer bei euren Namen Polykarp und Eolit begrüßt und euch auch noch hinzugesagt hätte, daß eure noch lebenden Weiber Athenerinnen sind, und daß du, Polykarp, acht Kinder - drei Knaben und fünf Mägdlein - hast und Eolit zwölf - fünf Männlein und sieben Mägdlein. Solches aber steht in euren Reiseschriften, die Ich allenfalls hätte können gelesen haben; aber was Ich euch gesagt habe, das steht nicht in euren Reiseschriften, und so habe Ich es auch nicht wissen können aus euren Schriften, und dennoch weiß Ich um noch viel anderes, das Ich euch aber jetzt noch nicht sagen will.

08] Die Schule aber, in der Ich, nach eurer Denkweise, solches erlernt haben mag, besteht in der ganzen Welt nirgends; denn da bin Ich Selbst der Meister und die Schule.

09] Wer es von Mir erlernt und zu Mir in die Schule des Lebens durch den Glauben an den nur einen, allein wahren Gott, durch die Liebe zu Ihm und aus der durch die Liebe zum Nebenmenschen kommt und nach dieser Meiner Lehre dann lebt und handelt, der ist ein rechter Jünger Meiner Schule. Und es ist das eine allein rechte und wahre Schule des Lebens für jeden Menschen, der in diese Schule eintreten und in ihr unwandelbar bis ans Ende seines diesirdischen Lebens verharren will. In dieser Schule allein wird er das jenseitige ewige Leben seiner Seele finden, und der Tod und das Gericht der Materie werden von ihm weichen. (Matthäus.10,22; Matthäus.24,13)

10] Wer in diese Meine Schule eintritt und nach ihrer Lehre tut, der wird es denn auch in sich erfahren, wie und warum eben nur Ich der Meister und die Schule Selbst bin.

11] Aber in dieser Schule heißt es nicht, halb hin und halb her sein, sondern da heißt es: a Trachtet vor allem nur nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, das alles inwendig im Menschen ist und nirgends anderswo außerhalb des Menschen mit einem Schaugepränge, und kümmert und sorgt euch nicht um die Dinge und Schätze dieser Welt, die für das Leben der Seele des Menschen keinen Wert haben, weil sie vergänglich sind so wie ein noch so schön strahlender Tautropfen, den schon ein schwacher Wind verweht; denn was ein rechter Jünger Meiner Schule für den zeitlichen Unterhalt seines Leibes benötigt, b wird ihm schon als eine freie Hinzugabe beschert werden. (a Matthäus.06,33; Römer.14,171. Könige.03,13-14jl.ev08.049,08b Psalter.037,04Psalter.037,25; = Lukas.12,31jl.ev02.186,06;  ⇒ jl.ev06.069,03jl.ev06.193,08jl.ev07.055,12jl.ev07.126,09-10;  jl.ev08.061,15jl.ev08.089,06jl.ev08.138,03jl.ev08.163,10jl.ev09.039,09;  ⇒ ⇒ jl.ev09.155,11jl.ev09.209,09-10;  jl.ev10.016,07jl.ev10.108,13jl.ev10.194,15jl.ev11.290,02jl.hag3.187,10jl.gso2.124,13-14;  jl.him1.052,06jl.him1.079,07jl.him1.237,31jl.him2.300,09jl.him3.228,07jl.him3.270,11jl.him3.310,02jl.erde.070,01-04)

12] a Seht an die Vögel in der Luft, die Tiere des Waldes und die der Gewässer! Sie säen nicht und ernten auch nicht, und b doch sind sie alle versorgt mit allem, was sie nötig haben. Sorgt aber Gott für die Tiere, so wird Er sicher noch um vieles mehr sorgen für die Menschen, die an Ihn glauben und Ihn über alles lieben.(a Matthäus.06,26; Lukas.12,24Matthäus.10,29-31;  Lukas.12,06-07;  jl.ev06.193,07;  ⇒ ⇒ jl.ev09.155,12)

13] Also mögt ihr auch, euch zu einem Beispiele nehmend, das a Gras und die vielen Blumen des Feldes betrachten! Wahrlich, sie sind herrlicher geziert und bekleidet, als es der König Salomo in seiner größten Pracht je war!(a Lukas.12,28 f.;  = Lukas.12,27;  ⇒ ⇒ jl.ev06.069,04*;  jl.ev08.049,10;  ⇒ jl.ev09.155,13;  gm.sgeh.067)

  jl.ev09.155,14] a Sorgt aber Gott als der allein wahre Vater aller Menschen schon also für die Gewächse des Feldes, die heute wohl noch stehen, aber am nächsten Tage abgemäht, getrocknet und dann zum Teil in den Öfen verbrannt und zum Teil den Haustieren verfüttert werden, so wird Er wohl um so mehr für Seine Kinder sorgen, daß sie nicht nackt auf der Erde umhergehen müssen; denn ein Mensch, der ein rechter Jünger Meiner Schule ist, wird doch besser sein denn all das Gras und alle die andern Gewächse auf der ganzen Erde?!(a  Matthäus.06,30; # Matthäus.08,26Matthäus.16,08; = Lukas.12,28;  ⇒ ⇒ jl.ev06.069,05*;  jl.ev06.193,07)

15] a Darum soll sich denn auch ein rechter Jünger Meiner Schule nicht sorgen um den kommenden Tag, was er essen und trinken werde und womit bekleiden seinen Leib; denn b das tun wohl die Heiden, die keine Jünger Meiner Schule sind -, für Meine rechten Jünger wird, dessen sie nötigst bedürfen, schon gesorgt werden.(a  (a = Matthäus.06,25; Lukas.12,22Psalter.037,05Sprüche.16,03Philipper.04,061. Timotheus.06,061. Petrus.05,07Hebräer.13,05;  ⇒ ⇒ jl.ev06.069,03jl.ev06.193,07jl.ev07.055,12jl.ev08.049,08jl.ev08.089,06jl.ev09.039,09 ⇒ jl.ev09.155,15; b  Matthäus.06,32; Matthäus.06,08; = Lukas.12,30jl.ev07.055,12jl.ev08.089,06;  ⇒ jl.ev09.155,15jl.ev10.194,14jl.schr.025)

16] Und so wisst ihr es nun denn auch, aus welcher Schule Ich Meine Weisheit geschöpft habe. Da um Mich aber erseht ihr schon eine ziemliche Anzahl Meiner Jünger; sie können es euch auch sagen, daß es sich mit Meiner Meisterschaft und Schule nur so und nicht anders verhält, wie Ich euch das nun gezeigt habe.«

17] Hierauf machten die beiden Griechen große Augen, wandten sich an einen Meiner Jünger, und zwar an den Johannes, der ihnen der freundlichste zu sein schien, und fragten ihn, ob sich die Sache, die ihnen nicht völlig klar sei, wohl also verhalte.



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