Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 156. Kapitel: Gedanken der Griechen über den allein wahren Gott.

01] Und Johannes sagte: »Ja, liebe Freunde, die Sache verhält sich genau also, ob sie euch auch nicht völlig klar ist; sie wird euch aber schon noch klarer werden, so ihr selbst in diese Schule in euch durch den Glauben an den einen, allein wahren Gott und durch die reine Liebe zu Ihm und zum Nebenmenschen treten werdet.

02] Für diese Schule aber besteht auf der ganzen Erde kein Haus, kein Tempel und keine ägyptische Pyramide; denn sie besteht allein nur im Erkennen der inneren Wahrheit aus Gott und danebst im getreuen Handeln nach der erkannten Wahrheit.

03] Ihr aber habt die Wahrheit lange gesucht und habt sie nun denn auch gefunden. Ihr wisst nun, was ein Mensch zu tun hat, um ein rechter Jünger der Schule des inneren Lebens zu werden, zu sein und zu verbleiben; aber das Wissen und Erkennen allein genügt noch lange nicht, um ein Jünger dieser inneren Lebensschule aus Gott im Menschen selbst zu sein, sondern das offene und freiwillige Handeln nach der erkannten Wahrheit macht den Menschen erst zum wahren und rechten Jünger in der eigenen inneren Schule des Lebens.«

04] Als die beiden von Johannes dies vernommen hatten, da dachten sie bei sich: »Sonderbar! Der Jünger spricht wie der Meister und sagt auch, daß wir hier die lange gesuchte Wahrheit endlich einmal gefunden hätten. Das ist wahrlich sehr löblich, nur wir verspüren von dieser Wahrheit noch sehr wenig in uns! Wir sollen aber auch nach ihr handeln, aber wie möglich das, so uns die Wahrheit selbst noch sehr dunkel ist?

05] Wir sollen nur an einen und allein wahren Gott glauben, Ihn über alles ganz rein lieben und unsere Nebenmenschen auch. Ja, das wäre eine der schwersten Lebensaufgaben eben nicht, aber wer und wo ist dieser allein wahre eine Gott?

06] Sich so zufällig nur irgend einen, allein wahren Gott denken und an dieses als Einen Gott gedachte Wesen dann aber auch schon ungezweifelt fest glauben, es zugleich über alles lieben und daraus auch seinen Nebenmenschen, das ist ein etwas sonderbares Verlangen. So ein jeder Mensch das tut, da hat dann ja auch ein jeder Mensch seinen eigenen Gott, was dann ebenso viele allein wahre Götter geben müßte, als wie viele Menschen auf der lieben Erde leben, gelebt haben und noch leben werden. Und das wäre ja dann noch ärger denn unser Vielgöttertum; denn wir wissen doch, an was wir uns zu halten haben, und es kann keiner zum andern sagen: "Siehe, der Zeus oder der Apollo, an den ich glaube und halte, ist besser als der deine!"

07] Bei dieser Lehre aber muß das mit der Zeit zu einem unvermeidlich derartigen Übel unter den Menschen führen, und ein jeder von Natur aus weisere Mensch wird seinem Gott auch offenbar den Vorzug vor dem Gott eines andern, von Natur aus minder begabten Menschen einräumen, und die alten Götterkriege werden wieder zum Vorschein kommen.

08] Es muß demnach der eine und allein wahre Gott dem Menschen wie irgend außer ihm seiend mit der größten Bestimmtheit und Klarheit gezeigt werden, und daß nur an diesen Gott alle Menschen zu glauben und Ihn auch über alles rein zu lieben haben, ansonst ist mit dieser Lehre keinem Menschen für die Dauer gedient.

09] Es solle das unsertwegen auch der Gott der Juden sein, an den aber die erfahreneren Juden selbst nicht gar zu fest zu glauben scheinen; aber da heißt es: Licht geben über diesen Gott, sonst ist es auch mit dem Gott der Juden nicht um ein Haar besser als mit unserem Zeus, den wir auch noch nie zu Gesichte bekommen haben!«



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