Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


226. Kapitel: Josephs Sorge wegen der Morgenmahlzeit. Die geleerte Speisekammer. Jonathas Aushilfe mit einer starken Ladung von Fischen. (10.06.1844)

01] Am nächsten Tage war Joseph wie gewöhnlich, schon viel bälder auf den Beinen als jemand anders und ging hinaus, zu sehen, was es für einen Tag geben werde.

02] Er fand alle Zeichen zu einem schönen Tage und ging dann wieder ins Haus und weckte seine Söhne, auf daß sie für die Gäste ein gutes Frühstück bereiten möchten.

03] Und die Söhne erhoben sich bald und gingen nachzusehen, welchen Vorrat wohl noch die Speisekammer bieten möchte.

04] Und als sie die Speisekammer durchsucht hatten, da kamen sie alsbald zu Joseph und sprachen:

05] »Höre du, lieber Vater, dein Auftrag wäre wohl ganz recht und gut;

06] aber unsere Speisekammer ist durch die etlichen Tage (hindurch) so sehr gelüftet worden, daß es uns geradezu unmöglich wird, auch nur für zehn Personen eine Mahlzeit zu gewinnen.

07] Rate uns daher, wo wir die Eßwaren hernehmen sollen, und die Mahlzeit soll in einer Stunde fertig sein!«

08] Hier kratzte sich Joseph ein wenig hinter den Ohren und ging selbst in die Speisekammer und fand allda die Aussagen seiner Söhne bestätigt, was ihn dann in noch größere Verlegenheit versetzte.

09] Er sann hin und her und konnte nichts finden, was ihn aus seiner Verlegenheit reißen könnte.

10] Als aber Joseph also nachsinnend dastand im Vorhause, da kam Jonatha aus seinem Schlafgemache, grüßte und küßte seinen alten Freund und fragte ihn, was er denn also traurig und nachdenkend dastände.

11] Und Joseph zeigte dem Jonatha alsbald den Grund seiner Verlegenheit, nämlich die leere Speisekammer.

12] Als Jonatha das erschaute, da sagte er zu Joseph:

13] »O du mein allergeliebtester Freund, darum darf es dir wohl nicht bange werden.

14] Siehe, meine Speisekammern sind noch sehr voll; ich besitze noch bei zweitausend Zentner geräucherter Fische!

15] Daher laß nun sogleich deine Söhne mit mir gehen, und in anderthalb Stunden soll es in deiner Speisekammer sogleich anders aussehen!«

16] Dieser Antrag war ein wahrer Balsam auf das Herz Josephs, und er nahm ihn auch sogleich an.

17] Es vergingen aber kaum anderthalb Stunden, da kamen schon Jonatha und die vier Söhne mit einer starken Ladung von Fischen.

18] Die Söhne brachten bei vier Zentner geräucherter Fische, und Jonatha brachte drei große Lägel voll frischer Fische und zehn große Laibe Weizenbrot.

19] Als Joseph die Ankommenden also bepackt erschaute, da ward er voll Freude und dankte und pries Gott für solche Bescherung und umarmte und küßte dann den Jonatha.

20] Darauf ward es in der Küche bald sehr lebendig.

21] Die Söhne tummelten sich munter herum; Maria und Eudokia kamen selbst bald aus dem Schlafgemache und gingen und molken die Kühe.

22] Und so ward in einer halben Stunde schon ein reichliches Morgenmahl bereitet für mehr als hundert Gäste.



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