Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


80. Kapitel: Josephs hausväterliche Fürsorge. Des Kindleins Freude an Jakob. "Die Ich liebe, die necke Ich auch und kneipe und zupfe sie!" Jakobs glückliche und beneidenswerte Mission. (08.11.1843)

01] In der Villa wieder angelangt, begab sich Joseph sogleich zu seinen Söhnen, welche soeben mit der Bereitung eines Mittagsmahles beschäftigt waren, und sprach zu ihnen:

02] »Gut, gut, meine Söhne, ihr seid meinem Wunsche zuvorgekommen; aber wir haben heute drei Gäste mehr, nämlich die drei Priester, die heute früh sind zum Tode ausgesetzt worden!

03] Diese wollen wir ganz besonders gut bewirten, damit sie unsere Freunde werden in der Anerkennung unseres Vaters im Himmel,

04] der uns zu Seinen Kindern erwählt hat durch den Bund, den Er mit unseren Vätern gemacht hat!

05] Du, Jakob, aber gehe sogleich hinaus, der sehr müde gewordenen Mutter entgegen, und nimm ihr unser aller allerliebstes Kindlein ab,

06] und bringe Es sogleich zur Ruhe; denn Es ist auch schon sichtbar müde und sehnt Sich nach der Wiege!«

07] Und sogleich lief Jakob hinaus und zu der Maria, die soeben aus der Sänfte stieg, und nahm ihr sogleich mit großer Liebe und Freude das Kindlein von den Armen.

08] Das Kindlein aber erwies dem Jakob eben auch dieselbe große Freude; denn Es hüpfte auf seinen Armen und lächelte und kneipte und zupfte ihn, wo Es ihn mit Seinen Händchen nur erwischen konnte.

09] Die drei Priester aber, die vor diesem Kinde den allerungeheuersten Respekt hatten, verwunderten sich in aller Freude ihres Gemütes, da sie an diesem Kinde auch etwas echt Kindliches entdeckten.

10] Einer von ihnen aber ging hin zum Jakob und fragte ihn in gut hebräischer Sprache:

11] »Sage mir, ist dieses Wunderkind aller Kinder stets so munter, ja man möchte sagen sogar ein wenig neckend schlimm, wie Kinder gewöhnlicher Art manchmal freilich erst in zwei oder drei Jahren es sind?«

12] Das Kindlein aber antwortete sogleich Selbst anstelle des Jakob:

13] »Ja, ja, Mein Freund! Die Ich liebe, die necke Ich auch und kneipe und zupfe sie; aber das geschieht nur jenen, die Mich so wie Mein Jakob lieben - und Ich sie auch so liebe wie diesen Meinen Jakob.

14] Aber Ich tue ihnen darum doch nichts Leides an! - Nicht wahr, du Mein lieber Jakob, es tut dir nicht weh, so Ich dich zupfe und kneipe?«

15] Und Jakob, wie gewöhnlich gleich zu Tränen gerührt, sprach: »O Du mein göttlich allerliebstes Brüderchen, wie könntest Du mir wehe tun?!«

16] Und das Kindlein erwiderte darauf dem Jakob: »Jakob, Mein Bruder, du hast Mich wahrlich lieb!

17] Ich aber habe auch dich so lieb, daß du es in Ewigkeit nie genug wirst begreifen können, wie lieb Ich dich habe!

18] Siehe, du Mein lieber Bruder Jakob, die Himmel sind weit und endlos groß; zahllose glänzende Lichtwelten fassen sie, wie die Erde einen Tautropfen;

19] und die Welten sind Träger von von zahllosen glücklichsten Wesen deiner Art; aber glücklicher ist unter ihnen keines als du, nun Mein liebster Bruder! Jetzt verstehst du Mich noch nicht; aber du wirst Mich schon noch recht gut verstehen mit der Zeit! Schlafen aber mag Ich jetzt nicht, wenn die Menschen um Mich wachen! Aber bei dir will Ich bleiben!«

20] Diese Rede brach unserm Jakob von neuem wieder sein Herz, daß er darob weinte vor Liebfreude; der fragende Priester aber sank beinahe in den Boden aus lauter Ehrfurcht und Höchstachtung vor diesem Kinde.



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