Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


20. Kapitel: Zeit von der Geburt bis zur Beschneidung; Kornelius' Sorge für die Familie Josephs (31.08.1843)


Inhaltsübersicht:



Sorge Josephs, wie er den Hauptmann verpflegen soll. Dessen Auftrag an die Hebamme, für Verpflegung zu sorgen.

01] Joseph aber, darüber hoch erfreut sprach zum Hauptmann: »Machtträger des großen Kaisers, was wohl kann ich armer Mann dir für deine große Freundschaft entgegenbieten? - Womit werde ich dir in dieser feuchten Höhle aufwarten können?

02] Wie dich bewirten deinem hohen Stande gemäß? - Siehe, hier in dem Karren ist meine ganze Habseligkeit, teils mitgebracht aus Nazareth, teils aber ein Geschenk schon von den hierortigen Hirten!

03] Wenn du etwas davon genießen kannst, so sei ein jeder Bissen, den du in deinen Mund führen möchtest, tausendfach gesegnet!«

04] Kornelius aber sagte: »Guter Mann, kümmere und sorge dich ja nicht um mich! Denn siehe hier ist ja meine Hausherrin; diese wird schon Sorge tragen für die Küche, und wir werden alle genug haben um ein lichtes Geldstück, das da geziert ist mit des Kaisers Haupte!«

05] Hier gab der Hauptmann der Wehmutter eine Goldmünze und ließ sie sorgen für ein gutes Mittag- und Abendmahl und, sobald es der Kindbetterin möglich wird, auch für eine bessere Wohnung!

06] Joseph aber sagte darauf zum Kornelius: »O herrlicher Freund! - Ich bitte dich, mache dir doch unsertwegen keine Unkosten und Bemühungen; denn wir sind für die wenigen Tage, die wir hier noch zubringen werden, ohnehin - dem Herrn, Gott Israels, alles Lob! - gut versorgt!«

07] Hier sagte der Hauptmann: »Gut ist gut, aber besser ist besser! Daher laß es nur geschehen, und laß mich dadurch deinem Gotte auch ein freudig Opfer bringen; denn siehe ich ehre aller Völker Götter!

08] »Also will ich auch den deinigen ehren; denn Er gefällt mir, seit ich Seinen Tempel zu Jerusalem gesehen habe! Und Er muß ein Gott von großer Weisheit sein, da ihr solch eine große Kunst von Ihm erlernt habt!«

09] Joseph aber sprach: »O Freund, wäre es mir möglich, dich von der alleinigen einigen Wesenheit unseres Gottes zu überführen, wie gerne würde ich es tun zu deinem größten ewigen Wohle!

10] Aber ich bin ein schwacher Mensch nur und vermag solches nicht; aber suche du irgend unsere Bücher auf und lies sie, da du unserer Sprache so wohl kundig bist, und du wirst da Dinge finden, die dich ins höchste Erstaunen setzen werden!«

11] Und Kornelius sagte: »Guter Mann, was du mir nun freundlichst geraten hast, das habe ich schon getan, habe auch wirklich Erstaunliches darinnen gefunden!

Kornelius fragt als Schriftkenner nach dem Messias, der in einer Höhle bei Bethlehem geboren werden soll und verhört Maria

12] Unter anderem aber bin ich auch auf eine Vorhersage gekommen, in der den Juden ein neuer König für ewig verheißen ist; sage mir, ob du wohl weißt, nach der Auslegung solcher Vorhersage, wann da dieser König kommen wird und von woher!«

13] Hier ward Joseph etwas verlegen und sagte nach einer Weile: »Dieser wird kommen aus den Himmeln als der Sohn des ewig lebendigen Gottes! Und sein Reich wird nicht von dieser, sondern von der Welt des Geistes und der Wahrheit sein!«

14] Und Kornelius sprach: »Gut, ich verstehe dich; aber ich habe auch gelesen, daß dieser König in einem Stalle bei dieser Stadt soll geboren werden von einer Jungfrau! Wie ist denn das zu nehmen?«

15] Joseph aber sprach: »O guter Mann, du hast scharfe Sinne! Ich kann dir nichts anderes sagen als: Gehe hin, und siehe an das Mägdlein mit dem neugeborenen Kinde; dort wirst du finden, das du finden möchtest!«

16] Und Kornelius ging hin und betrachtete die Jungfrau mit dem Kindlein mit scharfen Augen, um aus ihr und in dem Kinde den künftigen König der Juden zu entdecken.

17] Er fragte daher auch die Maria, auf welche Weise sie also früh ihres Alters ist schwanger geworden.

18] Maria aber erwiderte: »Gerechter Mann! So wahr mein Gott lebt, so wahr auch habe ich noch keinen Mann erkannt!

19] Es geschah aber vor drei Viertel des Jahres, daß ein Bote des Herrn zu mir kam und unterrichtete mich mit wenig Worten, daß ich vom Geiste Gottes aus solle schwanger werden.

20] Und also geschah es denn auch: ich ward, ohne je einen Mann erkannt zu haben, schwanger, und siehe, hier vor dir ist die Frucht der wunderbaren Verheißung! Gott aber ist mein Zeuge, daß solches alles also geschehen ist.«

21] Hier wandte sich der Kornelius an die beiden Schwestern und sagte: »Was sagt denn ihr zu dieser Geschichte? Ist das ein feiner Trug von diesem alten Manne, ein für ein blindes, abergläubiges Volk guter Vorschutz, um sich bei solchen Umständen der gesetzlichen Strafe zu entziehen?

22] Denn ich weiß, daß Juden für derlei Fälle die Todesstrafe gesetzt haben! - Oder sollte daran im Ernste etwas sein, - das noch schlimmer wäre als im ersten Falle, weil da des Kaisers Gesetz müßte in schärfste Anwendung gebracht werden, das ja jeden Aufwiegler schon im ersten Keime erstickt haben will?! O redet die Wahrheit, damit ich weiß, wie ich mit dieser sonderbaren Familie daran bin!«

Zeugnis der Salome für die Gottesmacht Jesu

23] Die Salome aber sprach: »Höre mich an, o Kornelius, ich bitte dich bei aller deiner großkaiserlichen Vollmacht! Habe ja mit dieser armen und doch wieder endlos reichen Familie nichts Ernstes und Gesetzliches zu schaffen!

24] Denn du kannst es mir glauben, denn ich stehe mit meinem Kopfe für die Wahrheit: Dieser Familie stehen alle Mächte der Himmel, wie dir dein eigener Arm, zu Gebote, davon ich die lebendigste Überzeugung erhielt!«

25] Hier stutzte Kornelius noch gewaltiger und fragte die Salome: »Also auch Roms heiligen Götter, Roms Helden, Waffen und unbesiegbare Macht?! - O Salome, was redest du?!«

26] Salome aber sagte: »Ja, wie du gesagt, also ist es! - Davon bin ich lebendigst überzeugt; magst du es aber nicht glauben, da gehe hinaus und siehe an die Sonne! Sie leuchtet heute schon bei vier Stunden, und siehe, sie steht noch im Osten und getraut sich nicht weiterzuziehen!«

27] Und Kornelius ging hinaus, sah an die Sonne, kam alsbald wieder zurück und sagte ganz erstaunt: »Fürwahr, du hast recht; wenn die Sache mit dieser Familie in Beziehung steht, so gehorcht dieser Familie sogar der Gott Apollo?!

28] Also muß hier Zeus sein, der mächtigste aller Götter, und es scheint sich die Zeit Deukalions und der Pyrrha zu erneuen; wenn aber das der Fall ist, so muß ich solch eine Begebenheit ja sogleich nach Rom vermelden!?

Engelswarnung an Hauptmann Kornelius, die Geburt Jesu weiterzumelden; Kornelius erkennt Jesus als Gott an

29] Bei diesen Worten erschienen zwei mächtige Engel. Ihre Angesichter leuchteten wie die Sonne und ihre Kleider wie der Blitz. Und sie sprachen: »Kornelius! - schweige sogar gegen dir von dem, was du gesehen hast, - sonst gehst du und Rom heute noch zugrunde!«

30] Hier überfiel den Kornelius eine große Furcht. Die beiden Engel verschwanden; er aber ging hin zum Joseph und sprach: »O Mann, - hier ist endlos mehr als ein werdender König der Juden! Hier ist Der, dem alle Himmel und Höllen zu Gebote stehen! Daher laß mich wieder ziehen von hier; denn ich bin's nicht wert in solcher Nähe Gottes mich zu befinden!«



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