Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 3


Kapitelinhalt 128. Kapitel: Vergötterung der zwei schönen Töchter des verstorbenen Thubalkain durch die Hanochiten. Uraniel in Unschlüssigkeit. Absage Gottes. Uraniels Vermählung mit den zwei Töchtern Thubalkains. (27.09.1843)

01] Dieser neue König aber hieß Uraniel, und seine Leitung ging zehn Jahre hindurch gut vonstatten; denn er war im Besitze des Geistes Gottes und erhielt seine Ordnung täglich vom Herrn.

02] Aber in dieser Zeit waren die zwei ehedem schwach gewesenen Töchter Thubalkains mannbar und stark geworden und waren von solcher äußerer, leiblicher Schönheit, daß da alles vor ihnen niederfiel und unscheu sie förmlich anbetete.

03] Die zwei Töchter aber waren von guter Erziehung und verwiesen es jedermann, der so etwas tat. Aber es nützte das eben nicht zu viel; denn je mehr diese beiden allen Gelegenheiten vorbeugten, wo ihnen die Männerwelt eine göttliche Verehrung antun möchte, desto mehr schrie man von den zwei Göttinnen.

04] Wie groß aber die Schönheit dieser beiden Töchter, die da am Hofe Uraniels lebten, war, kann aus folgender Kundgabe einer solchen vergötternden Eloge (Lobrede) erkannt werden.

05] Diese Eloge ward alltäglich vor Sonnenaufgang vor der Burg von tausend Männern abgeschrien und lautete also:

06] »O Sonne, bade und wasche dich wohl zuvor im Meere, in allen Seen, Strömen, Bächen und Quellen, auf daß du uns ja nicht unrein aufgehst und durch deine schmutzigen Strahlen verunreinigest das göttliche Angesicht derer, deren Namen zu rein, zu himmlisch sind, als daß wir es wagen möchten, sie auszusprechen.

07] Und ihr trägen Diener des Aufgangs, reinigt den Morgen wohl mit goldenen Winden, auf daß der Töchter Augen aus den Himmeln aller Himmel nicht getrübet werden!

08] Du werdender Tag aber sei wohl aufmerksam, daß du weder durch eine zu große Hitze, noch durch eine zu rauhe Kühle den Töchtern der Himmel lästig werdest!

09] Denn das Angesicht der Töchter der Himmel strahlt mehr denn tausend Sonnen; ihre Augen beschämen alle Sterne, und die Sterne der Himmel zittern nun vor dem Glanze der Töchter der Himmel.

10] Welcher Sterbliche hat je sonst die Sterne am Himmel erzittern gesehen?!

11] Ihre Wangen sind das Urfeuer der Morgenröte; ihr Mund ist die Harmonie der ganzen Schöpfung; ihr Kinn bewirkt das Wonnegefühl aller lebenden Wesen!

12] Ihr Haar vergoldet die Säume der Wolken; ihr Hals ist die Seele der Blumen; ihr Busen belebet die Erde, und sie entzündet sich und treibt, die himmlischen Töchter zu ehren, gar feurige Berge empor zu den Himmeln!

13] Ihre Arme sind zarter und sanfter als das zarteste Lüftchen, das da der Abendröte gar furchtsam entfleucht ihr Leib gleicht der Fülle der Himmel, und ihre Füße sind gleich den Morgenstrahlen, welche durch das zarteste Morgenrotgewölke zuerst die blumigen Fluren der Erde beschleichen!

14] Huhora, huhora, huhora. Ehre und alles Licht und allen Glanz und alle Pracht und alle Majestät den Töchtern der Himmel!« -

15] Also lautete der Morgengruß. Wehe aber einem trüben Tage! Der ist dann vom Anfang bis zum Ende angespuckt worden und geschimpft und geflucht, mitunter wohl auch gezüchtigt, indem man mit Ruten gewaltig in die Luft hineinhieb!

16] Auf eine ähnliche Weise wurde auch die Nacht vor ihrem Anbruche samt dem Monde und den Sternen geputzt!

17] Und die beiden mußten sich wenigstens einmal am Tage, entweder am Morgen oder am Abende, den Schreiern zeigen am Fenster, sonst entstand ein Geheul, das so lange kein Ende nahm, bis die beiden sich zeigten.

18] Als solcher Unfug aber ein Jahr lang anhielt und nimmer enden wollte, da wandte sich Uraniel an den Herrn fragend, was er da tun solle, um diesem Unfug ein Ende zu machen.

19] Der Herr aber sprach: »Wie fragst du Mich so spät, und wie konntest du ehedem dein eigen Herz vom Fleische der beiden Töchter gefangennehmen lassen?!

20] Siehe, hier ist ohne Beschränkung deiner Freiheit kein Rat mehr möglich!

21] Nehme Ich die beiden von der Welt, so wird das Volk über dich herfallen und wird dich erwürgen; lasse Ich sie, so wird es noch ärger es treiben als jetzt; gebe Ich sie dir zu Weibern, so wird man bald dir und den Weibern göttliche Verehrung antun; entfliehst du auf die Höhe, so wird man die beiden aus gegenseitiger Eifersucht zerreißen, sich aber gegenseitig erwürgen.

22] Urteile nun selbst, was Ich da tun soll! Berate dich daher im Herzen, und tue, was dir gefällt! Aber Mich laß vorderhand aus dem Spiele; denn Ich bin heilig!

23] Diese Antwort gefiel dem Uraniel nicht wohl, und er gedachte, heimlich mit den beiden zu entfliehen.

24] Aber am Tage vorher, als er entfliehen wollte, kamen hundert der angesehensten Männer zu ihm und rieten ihm, die Töchter zu ordentlichen Weibern zu nehmen.

25] Dieser Antrag gefiel ihm, und es wurde alles vorbereitet auf den Tag der Vermählung.

26] Und der Tag erschien, und der Uraniel vermählte sich, ohne es seinem Vater auf der Höhe zu melden, auf daß er ihn gesegnet hätte.



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