Jakob Lorber: 'Die geistige Sonne' (Band 2)


Kapitelinhalt 90. Kapitel: Segen der weisen Beschränkung.

(Am 19. Oktober 1843 von 4 1/2 - 6 Uhr Abends.)

Originaltext 1. Auflage 1870 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text nach 6. Auflage 1976 Lorber-Verlag

01] Es ist in diesem Allem, wie in dem Gebote, geistig und naturmäßig durchaus nicht als sünd- oder fehlerhaft bezeichnet, daß Jemand das mit seinen Händen für seine Nothdurft Gesammelte und Verfertigte sich aneigne, und zwar in einem solchen Grade, daß sein Nachbar durchaus nicht das Recht haben solle, ihm ein solches Eigenthumsrecht auf was immer für eine Weise streitig zu machen. Im Gegentheile findet ein Jeder nur eine vollkommene Sicherstellung seines rechtlich erworbenen Eigenthumes darinnen.

02] Wohl aber ist in allem dem Gesagten, wie im Gebote selbst, eine weise Beschränkung in dem Rechte zu sammeln einem Jeden geboten; - daß das Gebot aber Solches im naturmäßigen Sinne sogar aus der göttlichen Ordnung heraus bezweckt haben will, läßt sich für's Erste aus den ersten jedem Menschen angebornen Ureigenthumsrechts-Documenten auf das sonnenklarste erweisen. Wie aber? Das wollen wir sogleich sehen.

03] Wie viel bedarf der erste Rechtscompetent nach gerechtem Maße im Menschen, der Magen nämlich? - Solches kann ein jeder mäßige Esser sicher auf ein Haar bestimmen. - Nehmen wir an, ein mäßiger Esser braucht für den Tag drei Pfund an Speise; das läßt sich aus dreihundertfünfundsechzig Tage überaus leicht berechnen. das ist sonach auch ein naturgerechtes Bedürfniß eines Menschen. Dieses Quantum darf er für sich alljährig sich ersammeln; hat er Weib und Kinder, so kann er für jede Person dasselbe Quantum zusammenbringen, und er hat da vollkommen seinem Naturrechte zur gerechten Folge gehandelt. - Einem starken Esser, der besonders schwere Arbeiten verrichten muß, sei das Doppelte sich zu ersammeln vollkommen frei gestattet.

04] Wenn dieses allgemein beobachtet wird, da wird die Erde nimmer von einer Noth zu klagen haben; denn vom Herrn aus ist ihr fruchtbarer Flächenraum so gestellt, daß bei gehöriger Bearbeitung und Vertheilung des Bodens zwölftausend Millionen Menschen vollkommen genügend ihren Lebensunterhalt finden können. Gegenwärtig aber leben kaum etwas über eintausend Millionen Menschen auf der Erde, und darunter giebt es bei siebenhundert Millionen Nothleidende!

05] Worin liegt der Grund davon? - Weil eben die Bedingungen dieses göttlichen Gesetzes, welches in der Natur eines jeden Menschen gegründet ist, nicht in die lebendige Ausübung gebracht werden.

06] Gehen wir aber weiter; wie groß da ein Mensch ist, und wie viel er zur Bedeckung seiner Haut bedarf, läßt sich ebenfalls überaus leicht bemessen. Es sei aber einem jeden Menschen gestattet, sich nach Beschaffenheit der Jahreszeit eine vierfache Hautbedeckung zu verschaffen; das ist der naturgerechte Maßstab für die Ansammlung der Kleiderstoffe und der Bereitung derselben. Ich will aber noch einmal so viel hinzufügen, was die Oberkleidung betrifft, und viermal so viel für die Unterkleidung, und das des reinlichen Wechsels wegen.

07] Wenn dieser Maßstab beobachtet wird, da wird es auf der ganzen Erdoberfläche keinen nackten Menschen geben; aber wenn auf der Erde ungeheuere Kleiderstoff-Fabriken errichtet sind, die alle Kleiderstoffe in ihrem Urzustande um die barsten erzwungenen Schandpreise an sich kaufen, daraus dann eine zahllose Menge, und das beiweitem mehr luxuriöser, als nützlicher Kleidungszeuge fabriciren, und dieselben erst dann zumeist um himmelschreiende Preise an die dürftige Menschheit verkaufen, zudem aber auch so viele wohlhabende Menschen sich im Verlaufe von zehn Jahren besonders weiblicherseits mit mehr als hundertfachem Kleiderwechsel versehen; da wird dieses naturgerechte Ebenmaß auf das Allergewaltigste gestört, und von tausend Millionen Menschen müssen wenigstens sechshundert Millionen nackt herum gehen! Gehen wir aber weiter.

08] Wie groß braucht denn ein Haus zu sein, um ein Paar Menschen mit Familie und der nöthigen Dienerschaft ehrlich und bequem zu beherbergen? - Gehet auf's Land und überzeuget euch, und ihr werdet darüber sicher in's Klare kommen, daß zu einer solchen gerechten und bequemen Beherbergung keine hundert Zimmer fassenden Schlösser und Paläste erforderlich sind.

09] Was über ein solches Verhältniß ist, ist wider die Ordnung Gottes, und somit wider Sein Gebot.

10] Wie groß muß denn ein Grundstück sein? - Nehmen wir ein mittelerträgliches Land; auf diesem kann bei mäßiger Bearbeitung, und zwar auf einem Flächenraume von tausend euerer Quadratklaftern für einen Menschen selbst in Mitteljahren ein vollkommen hinreichender, ein Jahr dauernder Lebensbedarf erbeutet werden. Bei einem guten Boden lassen wir das Doppelte vom Mittelboden für eine Person gelten. - So viel Personen sonach ein Familienhaus zählt, so oftmal darf es naturrechtlich solchen bestimmten Grundboden-Flächenraum in den Besitz nehmen. - Wir wollen aber in unserem Ausmaße recht freigebig sein, und geben ad personam das Doppelte, und bestimmen Solches auch vollkommen als naturrechtlich von Gott aus gebilliget; - wenn die Gründe so vertheilt würden, so könnten ebenfalls über siebentausend Millionen Familien auf der Erdoberfläche ihr vollkommen gesichertes, Grundbesltzthum finden.

11] Wie es aber jetzt auf der Erde mit der Grundvertheilung aussteht, so gehört der Grund und Boden kaum siebzig Millionen Grundbesitzern vollkommen zu eigen; alles andere Volk ist entweder nur im Mit-, Unter- oder Pachtbesitze, und der noch beiweitem allergrößte Theil des Volkes auf der Erde hat nicht einen Stein, den es seinem Haupte unterlegen könnte.

12] Wer sonach in was immer für einer Hinsicht über dieses jetzt gegebene Maß besitzt, der besitzt es gegen das göttliche und gegen das Naturgesetz widerrechtlich, und trägt als solcher Besitzer die fortwährende Versündigung an diesem Gebote an sich; - welche Versündigung er nur dadurch zu tilgen im Stande ist, wenn er den möglichst größten Grad der Freigebigkeit besitzt und sich gewisserart nur als einen Sachwalter ansieht, seinen zu großen Besitz für eine gerechte Anzahl Nichtshabender zu bearbeiten. - Wie aber Solches in diesem Gebote zu Grunde liegt, wollen wir im zweiten Punkte dieser Nachbetrachtung ersehen.

01] Es ist in diesem allem, wie in dem Gebote, geistig und naturmäßig durchaus nicht als sünd- oder fehlerhaft bezeichnet, daß jemand das mit seinen Händen für seine Notdurft Gesammelte und Verfertigte sich aneigne, und zwar in einem solchen Grade, daß sein Nachbar durchaus nicht das Recht haben soll, ihm ein solches Eigentumsrecht auf was immer für eine Weise streitig zu machen. Im Gegenteile findet ein jeder darin nur eine vollkommene Sicherstellung seines rechtlich erworbenen Eigentums.

02] Wohl aber ist in allem dem Gesagten, wie im Gebote selbst, eine weise Beschränkung in dem Rechte, zu sammeln, einem jeden geboten. Da das Gebot aber solches im naturmäßigen Sinne sogar aus der göttlichen Ordnung heraus bezweckt haben will, läßt sich aus den ersten jedem Menschen angeborenen Ureigentums-Dokumenten auf das Sonneniklarste beweisen. Wie aber? Das wollen wir sogleich sehen.

03] Wieviel bedarf der erste Rechtskompetent im Menschen, der Magen nämlich, nach gerechtem Maße? Solches kann ein jeder mäßige Esser sicher genauest bestimmen. Nehmen wir an, ein mäßiger Esser braucht für den Tag drei Pfund Speise, was sich auf dreihundertfünfundsechzig Tage leicht berechnen läßt. Das ist sonach ein naturgerechtes Bedürfnis eines Menschen. Dieses Quantum darf er für sich alljährlich ersammeln. Hat er Weib und Kinder, so kann er für jede Person dasselbe Quantum zusammenbringen, und er hat da vollkommen seinem Naturrechte gemäß gehandelt. Einem starken Esser, der besonders schwere Arbeiten verrichten muß, sei das Doppelte zu ersammeln frei gestattet.


04] Wenn dieses allgemein beobachtet wird, da wird die Erde nimmer von einer Not zu sagen haben. Denn vom Herrn aus ist ihr fruchtbarer Flächenraum so gestellt, daß bei gehöriger Bearbeitung und Verteilung des Bodens zwölftausend Millionen Menschen völlig genügend ihren Lebensunterhalt finden können. Gegenwärtig aber leben kaum etwas über eintausend Millionen Menschen auf der Erde, und darunter gibt es bei siebenhundert Millionen Notleidenide.

05] Worin liegt der Grund davon? Weil eben die Bedingungen dieses göttlichen Gesetzes, welches in der Natur eines jeden Menschen gegründet ist, nicht in die lebendige Ausübung gebracht werden.

06] Gehen wir aber weiter. Wie groß da ein Mensch ist, und wieviel er zur Bedeckung seiner Haut bedarf, läßt sich ebenfalls leicht bemessen. Es sei aber einem jeden Menschen gestattet, sich nach Beschaffenheit der Jahreszeit eine vierfache Hautbedeckung zu verschaffen. Das ist der naturgerechte Maßstab für die Ansammlung der Kleiderstoffe und Bereitung derselben. Ich will aber noch einmal so viel hinzufügen, was die Oberkleidung betrifft, und viermal so viel für die Unterkleidung, und das des reinlichen Wechsels wegen.

07] Wenn dieser Maßstab beobachtet wird, da wird es auf der ganzen Erdoberfläche keinen nackten Menschen geben. Aber wenn auf der Erde ungeheure Kleiderstoff-Fabriken errichtet sind, welche die Rohstoffe um erzwungene Schandpreise ankaufen, daraus dann eine zahllose Menge bei weitern mehr luxuriöser als nützlicher Kleidungszeuge fabrizieren, dieselben zumeist um himmelschreiende Preise an die dürftige Menschheit verkaufen, dann aber auch viele wohlhabende Menschen sich im Verlaufe von zehn Jahren, besonders weiblicherseits, mit mehr als hundertfachem Kleiderwechsel versehen - da wird dieses naturgerechte Ebenmaß auf das allergewaltigste gestört. Gehen wir aber weiter.



08] Wie groß braucht denn ein Haus zu sein, um ein Paar Menschen mit Familie und der nötigen Dienerschaft ehrlich und bequem zu beherbergen? Geht aufs Land und überzeugt euch, und ihr werdet sicher darüber ins klare kommen, daß zu einer gerechten und bequemen Beherbergung keine hundert Zimmer fassende Schlösser und Paläste erforderlich sind.

09] Was über ein solches Verhältnis ist, ist wider die Ordnung Gottes und somit wider Sein Gebot.

10] Wie groß muß denn ein Grundstück sein? Nehmen wir ein mittelerträgliches Land. Auf diesem kann bei mäßiger Bearbeitung, und zwar auf einem Flächenraume von tausend eurer Quadratklaftern, für einen Menschen selbst in Mitteljahreu ein völlig hinreichender, ein Jahr dauernder Lebensbedarf erbeutet werden. Bei einem guten Boden genügt die Hälfte, bei einem schlechten Boden lassen wir das Doppelte vom Mittelboden für eine Person gelten. Soviel Personen sonach ein Familienhaus zählt, so oftmal darf es naturrechtlich diesen bestimmten Grundboden-Flächenraum in den Besitz nehmen. Wir wollen aber in unserem Ausmaße recht freigebig sein und geben für die Person das Doppelte und bestimmen solches auch vollkommen als naturrechtlich von Gott aus gebilligt. Wenm die Gründe so verteilt würden, so könnten ebenfalls über siebentausend Millionen Familien auf der Erdoberfläche ihr vollkommen gesichertes Grundbesitztum finden.

11] Wie es aber jetzt auf der Erde mit der Grundverteilung aussieht, so gehört der Grund und Boden den wenigen Grundbesitzern zu eigen. Alles übrige Volk ist entweder nur im Mit-, Unter- oder Pachtbesitze, und der noch bei weitem größte Teil des Volkes auf der Erde hat nicht einen Stein, den er seinem Haupte unterlegen könnte.

12] Wer sonach in was immer für einer Hinsicht über dieses jetzt gegebene Maß besitzt, der besitzt es gegen das göttliche und gegen das Natuzgesetz widerrechtlich und trägt als solcher Besitzer die fortwährende Versündigung an diesem Gebote an sich. Diese Versündigung ist er nur dadurch zu tiligen imstande, daß er den möglichst größten Grad der Freigebigkeit besitzt und sich gewisserart nur als einen Sachwalter ansieht, seinen zu großen Besitz für eine gerechte Anzahl Nichtshabender zu bearbeiten. - Wie aber solches in diesem Gebote zugrunde liegt, wollen wir im zweiten Punkte dieser Nachbetrachtung ersehen. -

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