Leopold Engel (1858-1931): 'Das große Evangelium Johannes', angeblicher 'Band 11', Achtung! krit. Anmerkungen


Kapitelinhalt 049. Kapitel

01] Viele werden sich hier vielleicht wundern, wie Meine Jünger nach so vielen Lehren und Beweisen Meiner Göttlichkeit in Mir doch noch immer in Zwiespalt mit sich und in Zweifel verfallen konnten. Jedoch ist da stets auf die menschliche, schwache Natur in dieser Hinsicht zu verweisen, deren Überwindung ihnen nun wieder schwerer wurde als euch jetzt, indem Mein ganzes Leben jetzt dem nur einigermaßen Gläubigen mit einem Blick übersehbar ist und Mein Besiegen des Todes als erster Hauptpunkt sich vor Augen stellt, während damals eine Entwicklung ihrer Seelen nur mit Meinem Entwicklungsgang möglich war, von dem dieser Hauptpunkt als Siegel Meiner Lehre aber ja erst den Schlußstein bildete.

02] Weiterhin bildet aber Meine Kreuzigung und Auferstehung erst den Schlüssel zum Verständnis des Menschen- und Gottessohnes. Da es aber nun notwendig war, die Meinen so weit zu führen, daß sie von nun an auf eigenen geistigen Füßen standen, so mußten derartige äußere Erlebnisse das Mittel bilden, die innere Erkenntnis zu fördern.

03] Es geschah nun weiterhin folgendes: Die Meinen waren ins Gespräch verwickelt und tauschten ihre Meinungen wieder einmal darüber aus, weshalb Ich seit einiger Zeit den schon öfter gebrauchten Unterschied des Vaters in Mir und den Hinweis auf den Sohn gebrauchte. Es waren sich diese denn auch soweit einig, daß der Vater in Mir wohl wohne und der menschliche Körper und (die) Seele von Mir als der Sohn bezeichnet werde. Da kam nun von einem der übrigen zwanzig Nachfolger der Gedanke zum Vorschein, es sei doch schwer zu begreifen, wie denn der Geist Gottes gleichzeitig in Mir wohnen könne als Mensch, menschlich handle und wandle - also gleichsam eingeschlossen sei - und dennoch das Weltall regiere; ob Ich also denn wohl um die Regierung des Alls wüßte, oder ob zeitweise sich etwa der Geist zurückziehe, so daß Ich dann nur Mensch allein sein könne; dann auch, wie es denn mit Meinem Leibe im Schlafe wäre, ob da auch der Geist Gottes noch in Mir stecke oder nicht.

04] Diese Fragen brachten erst ein gewisses Staunen bei den andern hervor ob der anscheinend großen Kurzsichtigkeit des Fragestellers. Dann aber merkte doch jeder schließlich an sich, daß auch in ihm einige Unklarheiten über diese Punkte steckten. Namentlich aber der Umstand, was denn im Schlafe mit Mir geschähe, erregte einige starke Bedenken.

05] Andreas meinte, es sei wohl möglich, daß Ich im Schlafe nur allein Mensch sei; denn auf dem See Genezareth sei doch während des Sturmes Meine Gotteskraft erst nach dem Erwachen tätig geworden, so daß, hätte man Mich nicht geweckt, vielleicht ein plötzlicher Leibestod alle hätte überraschen können.

06] Es gab da nun ein großes Hin- und Herreden, das schließlich darauf hinausging, annehmen zu müssen, daß wohl während des Schlafes Mein Leib ebenso schutzlos sei wie der jedes andern Menschen, so daß es da die Jünger für notwendig erachteten, über Mich zu wachen, da man nicht wissen könne, ob die vielen feindlichen Juden nach so vielen vergeblichen Attentaten nicht auch einmal eine Überrumpelung zur Nachtzeit versuchen würden, um Mich zu töten. Keiner dachte jedoch daran, Mich einfach zu fragen; denn ihre Liebesorge um Mich meinte, ihre Wachsamkeit sei doch auch ein nicht unwesentlicher Schutz, und es handle sich ja nur um die Zeit des Schlafes. Daß aber ihr Schutz im Tageszustande nicht nötig sei, das wußten sie aus deutlichen Beweisen.

07] Ich ließ nun die Meinigen gewähren und merkte es anscheinend auch gar nicht, daß in dem einsamen Hause nun stets ein Jünger Nachtwache hielt.

08] Nach etlichen Tagen zog Ich Mich eines Abends, nachdem wir das Abendmahl eingenommen hatten, recht ermüdet zurück, um der Ruhe früher als gewöhnlich zu pflegen, und die Meinen blieben alle versammelt. Das Gemach, welches in der geräumigen Burg Mir als Schlafgemach diente, lag an dem einen Ende des Gebäudes, so daß erst mehrere Zimmer durchschritten werden mußten, um dahin zu gelangen. Die Meinen aber waren in einem Saale versammelt, der sich in der Mitte des Hauses befand.

09] Während sie nun im eifrigsten Gespräch waren, entstand plötzlich in den leeren Zimmern, die die Verbindung mit Meinem Schlafgemach bildeten, ein starker Feuerschein. Erschreckt eilten die Jünger hinzu und sahen nun, daß die leeren Zimmer hellauf brannten, so daß es unmöglich war, zu Mir zu gelangen, ebensowenig aber ein Mensch von dort zu ihnen konnte. Alles eilte bestürzt durcheinander und suchte zu löschen; - vergeblich, die Flammen fraßen weiter und mußten nach der Meinen Meinung längst auch Mein Gemach erreicht haben.

10] Verzweiflungsvoll suchten einige die Flammen zu durchdringen. Doch vergeblich; der Boden der Zimmer war eingestürzt und die Verbindung unmöglich! Nun meinten andere, der starke Rauch, der auch allen äußerst lästig war, müsse Mich bereits schlafend erstickt haben. Keiner jedoch wollte weichen und den sehr gefährdeten Saal verlassen, ehe sie nicht über Mein Schicksal im klaren waren.

11] Um nun ihrer Angst und Qual ein Ende zu machen, ließ Ich die Flammen langsam verlöschen, und in einiger Zeit war denn auch völlige Ruhe. Über verkohlte, rauchende Balken hinweg kletterten die Jünger angstvoll nach Meinem Schlafgemach und fanden dasselbe unversehrt, Mich aber ruhig schlafend auf einem Ruhebett. Dieser Anblick machte sie fast sprachlos, und keiner wagte, Meinen anscheinenden Schlummer zu stören.

12] Ich erhob Mich nun, und sogleich bestürmten Mich die Meinen mit Fragen, ob Ich denn nicht wüßte, was vorgefallen sei.

13] Ich sah sie ernst an und sagte: »Wißt ihr doch, wer in Mir wohnt, und wißt ihr doch, daß Diesem kein Ding verborgen bleiben kann! Was aber der Vater weiß, tut Er auch dem Sohne kund!

14] Die Flammen aber, die euch verletzten, konnten Mir ebensowenig etwas anhaben als alle Nachstellungen der gehässigen Juden. Erst wenn dieser Körper mit Meinem Willen übergeben werden wird, hat die Bosheit Gewalt über ihn.

15] Aber wißt ihr denn nicht, daß der Geist wacht, auch wenn der Körper schläft, und wißt ihr denn nicht, daß dieser Fürsorge trifft für sein Haus?

16] Wie könnt ihr so töricht sein zu meinen, ein Gotteswerk wie der Aufbau dieses Meines Leibes bedürfe des Schutzes der Menschen?! Können die Werkzeuge, die von des Meisters Hand gemacht wurden, den Meister schützen, oder kann das Geschöpf, das erst vom Schöpfer alles erhielt, den Schöpfer Selbst vor einem Übel bewahren, das Er zuläßt?

17] Sehet wie töricht - wenn auch aus Liebe - war euer Beginnen! Und so lasset denn ab, Mich schützen zu wollen! Der in Mir wohnt, weiß um alle Dinge, und Seiner Macht widersteht keiner!

18] Gehet nun, und seid nicht betrübt über Meine Zurechtweisung, die euch nicht schmerzen soll! Aber erkennet immer mehr, wer der rechte Herr ist, ob Er auch bei Zeiten jetzt körperlich schlafe oder wache!«

19] Die Jünger wollten sich nun entfernen, konnten jedoch über die schwarze, verbrannte Kluft nicht so schnell zurück, als wie sie die Sorge um Mich wohl herübergebracht hatte. Ich rief sie daher nochmals zu Mir, und in wenigen Augenblicken zeigten sich die Zimmer wieder so unversehrt wie vor dem Brande, so daß sie nun ohne Mühe zu ihrem Saale zurückgelangen konnten und sich auch bald, jeder mit seinen Gedanken tief beschäftigt, zur Ruhe begaben.

Krit. Anmerkungen zur Person und den Werken von Leopold Engel



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