Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 124


Vom Vielwissen ohne Lebenstat.

01] (Der Herr:) ”Wenn sich aber das alles nur also und ewig nie anders verhalten kann, wie läppisch erscheint da eure Sorge um die Reinerhaltung eines an euch ergangenen Wortes! Nur sehr weniges davon bedarf der Mensch, ein kleinstes Senfkörnlein nur; wenn er es ins Lebenserdreich seines Herzens legt und es dann emsig und tätig pflegt, so wird daraus ein Baum erwachsen, unter dessen Ästen auch die Vögel der Himmel ihre Wohnung nehmen werden.

02] Haben die Pharisäer etwa nicht die Bücher Mosis und die Propheten noch ganz rein, daran kein Häkchen mangelt?! Was nützt ihnen aber das? Sie sind dennoch reißende Wölfe, die in Schafspelzen einhergehen, um desto mehr Verheerung auf den friedsamen Lämmerweiden anzurichten!

03] Ich sage es euch: Alles Äußere, wenn an und für sich noch so rein, tötet; nur der Geist hat das Leben und belebt alles, was er durchdringt. Ihr werdet Meine Lehre darum auch ganz kurz und leicht zusammenfassen, insoweit sie den Menschen im allgemeinen nötig ist. Wer danach tätig sein wird, der wird auch nach dem Maße seiner Tätigkeit den Geist aus Gott in sich erwecken, und dieser wird dann erst beleben im Lichte und Feuer aller Wahrheit die Seele, und diese wird geleitet werden in alle Wahrheit und Weisheit aus Gott und wird das und noch unaussprechbar mehreres, was Ich euch nun gezeigt habe, in und aus sich allerklarst erfahren.

04] Denkt euch nun, Ich wollte euch Meine ganze Schöpfung so ganz analytisch vom Größten bis zum Kleinsten damit wunderbarst enthüllen, daß Ich viele tausend Meiner Engel beriefe und ihnen geböte, alles auf die ihnen mögliche blitzschnellschreiberische Weise aufzuschreiben! Fürs erste brauchten wir so viel des weißen Schreibleders, daß dasselbe wahrlich in einer ganzen Hülsenglobe bei weitem nicht Platz hätte; fürs zweite aber, waren alle die endlos vielen Häute klein beschrieben, sagt, bis wann ihr mit dem Durchlesen aller solcher Schriften zu Ende kämet! Ich hoffe nun, daß ihr eure Torheit schon so ein wenig werdet einzusehen anfangen!

05] Geht hin nach Memphis, nach Theben, nach Karnag und nach Alexandrien! Alldort werdet ihr Bibliotheken antreffen, alle möglichst echt und richtig; aber Ich stehe euch dafür, daß kein Mensch sie in fünfhundert Jahren aus- und durchzulesen imstande ist! Es gehörte dazu wahrlich Methusalems Alter, um alle die Schriften und Zeichen nur einmal zu überlesen! Und was hätte dann der davon, der sich die allererstaunlichste Mühe genommen hätte? Er würde das Gelesene endlich schon fleißig von Tag zu Tag, ja am Ende, so er schon so recht verwirrt wäre, von Stunde zu Stunde und von Minute zu Minute ganz rein vergessen und daraus für sein Leben aber auch nicht den allergeringsten Gewinn ziehen.

06] merkt ihr nun, was Ich euch mit dieser Meiner Lehre für einen ganz andern Weg zeigen will, auf dem man in der kürzesten Zeit, so man es nur recht will, sich in alle Weisheit der Himmel versetzen kann?!

07] Dieser Weg bin Ich, und die Wahrheit und das Leben. Wer Mich wahrhaft liebend in seine Seele aufgenommen hat, aber nicht nur gläubig bloß dem vernommenen Worte nach, sondern vollkommen der Tat nach, zu dem werde Ich allzeit im Geiste kommen und werde Mich ihm offenbaren und werde ihn erleuchten wie eine hell aufgehende Sonne die früher finsteren Gefilde der Erde.

08] Mit einem innern geistigen Blicke wird er mehr vom tiefsten Grunde aus kennenlernen denn durchs Lesen in zehnmal hunderttausend Jahren, so es einem Menschen gegeben wäre, so lange zu leben.

09] Ihr selbst habt nun seit mehreren Tagen, die Ich stets lehrend und handelnd unter euch zugebracht habe, doch so manches vernommen und gesehen, und es sind eure Seelen dadurch sehr geweckt worden, und in eure Herzen ist Liebe, Glaube und volles Vertrauen eingezogen; aber so ihr es bei dem allein bewenden ließet, da hättet ihr fürwahr noch wenig Nutzen für eure Seelen, und euer Erkennen und Wissen würde bei dem, was ihr nun habt, verbleiben.

10] Ihr müsst von nun an erst selbsttätig werden nach Meiner Lehre, dann wird eure Seele lebendiger und lichtvoller werden und dann erst wird Mein Geist in euren Seelen Wohnung nehmen und wird euch leiten in alle Weisheit.

11] Darin also besteht die neue Schule des wahren Lebens und die allein wahren Erkenntnisse Gottes und seiner selbst, und darum heißt Meine Lehre ein wahres Evangelium (”Evangelium“ heißt zu deutsch ”Gute, frohe Botschaft«), weil sie die Menschen lehrt gehen auf dem allein rechten und wahren Wege zur Erreichung des wahren, ewigen Lebens und zur Erreichung der einzigen, wahren Liebe und Weisheit aus Gott.

12] Klein zwar ist die Lehre, und so sie in ein Buch geschrieben wird, so kann sie von jedermann, der des Lesens kundig ist, in sehr wenigen Stunden durchgelesen werden. Das noch so eifrige Durchlesen allein aber wird auch niemand irgend zu mehr etwas nützen, als daß er sich bloß mit Meiner Lehre dem Außen nach bekannt gemacht hat, - was wohl vor allem zu geschehen hat.

13] Denn es ist dieser Akt gleich einem notwendigen ersten Schritt bei einer Reise; denn sollte Ich von hier etwa nach Damaskus reisen, mache aber nie einen ersten Schritt, so versteht es sich von selbst, daß Ich auch den zweiten Schritt nicht machen kann und darauf die vielen künftigen noch weniger, die Mich bis nach Damaskus bringen sollen. Aber mache Ich auch den ersten Schritt noch so kernfest und etwa darauf auch den zweiten, dritten und vierten, so nützt Mir das doch nichts, so Ich darauf stehenbleibe und es für zu mühevoll finde, die Schritte so lange fortzusetzen, bis Ich Damaskus erreicht habe.

14] Ich habe es euch nun allerklarst gezeigt, was ihr zu tun habt, um wahrhaft das ewige Leben und alle seine Gerechtigkeit zu erreichen. Tut also danach, so wird Meine Verheißung an euch allen in die vollste Erfüllung gehen; denn aus all dem vielen, das Ich euch bisher geoffenbart habe, ist das wohl das Größte und am meisten Beachtenswerte für euer Leben, was Ich euch nun gesagt und geoffenbart habe.

15] Ich habe euch ja gezeigt und geoffenbart gar viele Wunder Meiner Schöpfungen, und ihr habt von Mir sonach überaus viel gelernt; aber ihr wisst nun nur das, was ihr gehört und was ihr gesehen habt. Weiter hinaus wisst ihr aber dennoch nichts. Aber mit der gegenwärtigen Offenbarung habe Ich euch haarklein und handgreiflich klar gezeigt, was ihr und ein jeder zu tun habt, um zur unbegrenzten Selbstanschauung aller der Wunder der endlos großen Schöpfung Gottes zu gelangen, die dann nicht mehr vergehen, sondern ewig bestehen wird.“



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