Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 123


Weisheit als Wirkung der Liebestätigkeit.

01] (Der Herr:) ”Je tätiger es aber in der Seele zuzugehen anfängt, desto heller wird es auch in ihr; denn das Grundelement des Seelenlebens ist das Feuer. Je heftiger aber irgend dieses Element zu wirken beginnt, desto mehr Licht verbreitet es auch in und aus sich. Wird sonach die Seele stets lebensfeuriger, so wird sie auch lebenslichter und -heller und fängt an, aus solchem ihrem erhöhten Lebenslichte auch stets mehr und mehr die inneren Lebensgeheimnisse zu durchschauen und zu begreifen.

02] Dieses tiefere Schauen und Begreifen verschafft der Seele wieder einen neuen Mut, Gott noch viel inniger zu lieben und zu bewundern, und diese Liebe ist dann schon ein erster Funke des Gottesgeistes in der Seele; diese wächst und mehrt sich gewaltig, und kurze Zeit darauf werden die Seele und der Geist Gottes völlig eins, und die Seele wird dann durch den Geist Gottes in alle Wahrheit und Weisheit geleitet.

03] Wenn nun so ein Mensch dann in alle diese Weisheit gelangt, wie Ich euch nun mehrere Tage hindurch in einem fort gepredigt und tatsächlich gezeigt habe, sagt Mir, ob daran wohl etwa das die Schuld war, daß der Mensch etwa jegliches dieser Meiner an euch ergangenen Worte von Häkchen zu Häkchen genau und unverändert überkommen hatte! O nein! Ihm kam nichts zu Ohren als bloß die beiden Gesetze der Liebe; die genaue, gewissenhafte und tatsächliche Beachtung derselben nur hat ihm alles andere erworben!

04] Da sind nun welche unter euch, die da bei sich, trotzdem Ich euch die Sache doch gewiß sehr handgreiflich klar dargestellt habe, fragen und sagen: ”Ja, wie möglich kann denn die tatsächliche Beachtung der beiden Gebote die Seele zu einer solchen Weisheitshöhe erheben?“ Und Ich sage es euch: Darum, weil die Seele schon von Anbeginn an also eingerichtet ist!

05] Wie wird denn eine Traube reif und süß und geistig - und ist doch nur ein ganz schlichtes Naturgewächs? Der Sonne Licht und Wärme bewirken das. Durch das Licht und durch die Wärme werden die Naturgeister in der Rebe stets tätiger und tätiger. Dadurch aber, daß sie stets tätiger werden und gewisserart stets emsiger sich durcheinander reiben und treiben, werden sie in sich selbst auch stets feuriger und in sich leuchtender. Dadurch aber, daß sie auch in sich stets heller und leuchtender werden, steigert sich auch offenbar ihre gegenseitige Spezialintelligenz; je heller aber ihre Intelligenz wird, desto mehr erkennen sie sich als einer und derselben Ordnung angehörig und fangen an, sich zu ergreifen, zu ordnen und zu einigen. Ist dieses geschehen im Vollmaße, so ist die Traube auch reif und wohl genießbar geworden.

06] Hat man den Saft dann gesammelt und in einem Gefäße wohl aufbewahrt, so werden seine wohlgeordneten Naturgeister nun nicht mehr dulden, daß irgendein fremder Körper, der in sich Naturgeister einer ganz andern Ordnung birgt, die einmal angenommene gute Ordnung der geordneten Naturgeister des Traubensaftes störe. Sobald sich etwas Fremdes, einer andern Ordnung Angehöriges, im Moste befindet, so gärt und braust er so lange, bis das Fremde aus ihm geschafft ist oder sich völlig in seine Ordnung gefügt hat. Ist das geschehen, so erwacht dann erst des inneren Lichtes und der inneren Wärme Geist aus der guten Ordnung der gesamten Naturgeister des rein gewordenen Rebensaftes, und aus dem früher noch sehr unreinen Moste ist dadurch ein geistig starker und reiner Wein geworden.

07] Das alles ist demnach eine Wirkung der Sonne, das heißt ihres Lichtes und ihrer Wärme. Und ebenalso geht es mit dem Menschen und seiner Seele! Kann er durch die Beachtung eines Gesetzes der besten Ordnung aus Gott seine Seele in eine stets größere Tätigkeit versetzen, so wird es in ihr auch in allen ihren Sphären des Lebens heller und lebenswärmer werden. Sie wird dadurch sich selbst stets heller und reiner erkennen und ebenso die göttliche Kraft, die in sie stets mehr und mehr einfließt und in ihr auch ein stets erhöhteres Leben zeihet.

08] Erkennt sie aber diese Kraft, so erkennt sie auch Gott, von dem diese Kraft ausgeht. Wenn sie das aber notwendig erkennen muß, so muß sie Gott auch stets mehr und mehr lieben. Mit dieser Liebe scheidet sie dann selbst alles Fremdartige aus ihrer stets reineren und vollkommeneren Lebensordnung und wird stets einiger mit der Ordnung des Geistes Gottes in ihr; wie aber daß der leichtbegreifliche Fall ist und ganz sicher eintreten muß, so versteht es sich dann ja schon von selbst, daß solch eine Seele dann als vom Geiste Gottes ganz durchdrungen in jeglicher Art, Kraft und Stärke zunehmen muß und so unfehlbar ein wahres Kind des allerhöchsten Gottes wird.

09] Wenn solch eine Seele dann endlich einmal den Leib verläßt und im großen Jenseits mit dem notwendig allervollendetsten Bewußtsein anlangt, so wird sie auch Gott sicher sogleich erkennen, da sie schon hier völlig eins mit Ihm geworden ist und Ihn zum vollsten und lebensklarsten Bewußtsein in sich gebracht hat, und das aus dem handgreiflichen Grunde, weil des Geistes Gottes doch ewig sicher allerklarstes Bewußtsein nun gewisserart zum hellsten und vereinigten Bewußtsein der Seele selbst geworden ist.“



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