Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 16


Jesus begibt sich mit der vom Tod erweckten Sarah in die Synagoge von Nazareth.

01] Jairus weckt die Sarah, die ohnehin schon wach zu werden begann, und überreicht ihr den reichen Zweig, die daran eine große Freude hat und aber auch sogleich in die vollreifen und honigsüßen Früchte beißt und sie verzehrt. Als sie alle verzehrt hat, werde Ich wach auf Meiner Bank.

02] Sarah ist wohl die erste, die Mir einen allerherzlichsten Morgengruß bietet, und Ich frage sie, wie ihr die Feigen geschmeckt haben. Und sie sagte voll Freude: »Herr, die waren himmlisch gut und süß wie Honig! Philopold, Dein Freund, gab sie mir in Deinem Namen, und ich verzehrte sie alle; denn sie waren gar zu gut! Du hast sie sicher für mich hergeschafft!?«

03] Sage Ich: »Meine allerliebste Sarah! Jawohl, für dich; denn du warst die Ursache, der zufolge Ich gestern in der Nacht, um dem Freunde Philopold zu zeigen, wie Ich die Toten erwecke, einen ganz faulen Feigenast belebte, auf daß er für dich, Meine geliebte Sarah, noch einmal trüge süße Früchte, und du hast darum sehr wohl getan, daß du sie verzehrtest; denn sie werden dir eine dauernde Gesundheit vermehren! - Jetzt aber begeben wir uns sogleich ins Freie, bis die Zimmer geräumt und gereinigt sind, dann werden wir ein Morgenmahl nehmen und uns dann zum Geschäfte des Tages wenden!«

04] Auf diese Worte begibt sich alles mit Mir ins Freie und genießt da den heiteren und kristallklaren Morgen; und alle waren erbaut von dem schönsten Morgen.

05] Es trat aber Jairus zu Mir und sagte: »Herr, meines Dankes soll nimmerdar ein Ende sein! Ehe ich mich je wider Dich sollte verleiten lassen, werde ich meine Stelle niederlegen und ein eifrigster Nachfolger Deiner heiligen Lehre sein; und Philopold soll mein Freund bleiben mein Leben lang; denn erst ihm habe ich das wahre Licht über Dich zu verdanken. Ein Grieche zwar ist er; aber er ist in unserer Schrift tüchtiger denn ich und all die Schriftgelehrten von ganz Judäa, Galiläa, Samaria und Palästina! Kurz, ich bin nun über Dich ganz im klaren, und es ist in der Tat also, wie ich es mir oft schon ganz heimlich gedacht habe. Ich aber muß nun von hier nach Kapernaum, allwo Geschäfte meiner harren. Dir aber empfehle ich denn auf eine Dir genehme Zeit Mein Weib und die Tochter Sarah! Denn besser als bei Dir wären sie auch im Himmel nicht aufgehoben! Wenn ich aber abends abkommen kann, so werde ich wohl mit Faustus und Kornelius, vielleicht auch mit dem alten Cyrenius, der etwa heute nach Kapernaum kommen soll, hierher kommen! Und so denn empfehle ich mich Deiner Liebe, Geduld und Gnade.« - Darauf empfiehlt er sich bei seinem Weibe und der lieben Sarah, läßt sich darauf seine scharftrabenden Maulesel vorführen, besteigt das stärkste (Tier) und eilt mit großer Schnelligkeit davon.

06] Ich aber berufe nun alle wieder zum Morgenmahle, und wir begeben uns in die geräumten und gereinigten Zimmer, allwo ein von Borus bereitetes gutes Mahl unser wartete.

07] Nach dem Mahle ruft Mich Borus auf die Seite und sagt: »Mein allerinnigst geliebter Freund! Ich weiß, daß Du schon lange wissen kannst, was ich mit Dir insgeheim besprechen möchte; aber es gibt unter Deinen Jüngern einige, die es nicht zu wissen brauchen meiner Ansicht nach, was wir da miteinander zu reden haben, und ich habe Dich bloß darum auf die Seite gebeten!«

08] Sage Ich: »Wäre eigentlich gar nicht nötig; denn das, was du Mir hier erzählen willst, habe Ich in Kis den Jüngern umständlich erzählt und darüber Mein Lob offen ausgesprochen. Sie wissen alles, und wir brauchen daher vor ihnen kein Geheimnis zu machen.«

09] Sagt Borus: »Ah, wenn so, da rede ich ganz offen!«

10a] Wir kehren darum wieder zu der Gesellschaft zurück, und Ich sage zum Borus: »Mein allerliebster Freund! Was du Mir sagen willst, weiß Ich, und alle die Jünger wissen es auch, und wir betrachten daher die Sache als abgetan. - Du hast aber als ein Grieche, der du das Judentum nur frei bekennst, aber nicht unterm Gesetze der Juden stehst, auch mit all den Pharisäern leicht reden; wärest du aber ein wirklicher Jude durch die Beschneidung und das Gesetz, da hättest du deiner Zunge einen starken Zaum anlegen müssen. Aber es war also recht, wie du geredet hast, und so lassen wir die Sache nun in den Sand geschrieben sein. -

Jesus in der Synagoge. Seine Ablehnung in Nazareth (Mt.13,54-58, mk.06,01-06; lk.04,16-30)

10b] Nun aber führe Mich in die Schule von Nazareth! Ich werde das Volk lehren, auf daß es erkenne, um welche Zeit es nun sei!« (a Matthäus.13,54a*; =Markus.06,02; = Lukas.04,16 )

11] Fragt die Mutter Maria, ob Ich mittags nach Hause kommen werde.

12] Sage Ich: »Sorge dich nicht, ob ich komme; es ist genug, daß Ich alle Sorge auf Mich nehme! Am Abend aber werde Ich kommen.«

13] Fragt die Sarah, ob sie mit Mir gehen dürfe in die Schule.

14] Sage Ich: »Allerdings, gehe du nur, obschon nach dem Gesetze das Weib die Schule nicht betreten soll in männlicher Gesellschaft. Es soll aber nun alles anders werden; denn es hat das Weib gleichwie ein Mann das volle Recht auf Meine Liebe und Gnade, die von Gott dem Vater ausgeht durch Mich. Und so gehe du nur ganz heiter, fröhlich und voll Zuversicht mit, und lerne in der Schule mit erkennen, um welche Zeit es nun sei, - und so gehen wir! Du, Sarah, aber bleibst an Meiner Seite und wirst Mir dienen als ein kräftiger Zeuge! Darum behalte auch dies Grabkleid an deinem Leibe; denn auch das Kleid wird Mir ein Zeuge sein! - Nun aber gehen wir!«

15] Auf diese Meine Worte begeben wir uns sogleich in die Schule.


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