Jakob Lorber: 'Die zwölf Stunden'


9. Stunde

Das Innere. Japan. Abkapselung und Zustand des Staates. Menschenopfer. Christenverfolgung. Nachtrag.

Originaltext Erstauflage 1864

Originaltext in neuer Rechtschreibung

durch Project True-blue Jakob Lorber

01] Nachdem wir den Süden der Erde durchwandert haben, und da die Verhältnisse durchschauet, wohlgemerkt, mehr dem Inwendigen, denn dem Aeußern nach, so wollen wir nun wieder zur nördlichen Erdhälfte zurückkehren, und, wie schon vorläufig erwähnt, dem Inselstaate Japan einen kurzen Besuch abstatten.

02] Doch, wie schon bekannt, werden wir keine Jahre und Monate brauchen, um dahin zu gelangen, sondern sehet nur her auf die euch schon wohlbekannte Tafel, der ganze heidnische Inselstaat liegt schon ausgebreitet vor euren Augen.

03] Betrachtet nur einmal die Küsten; sehet, wie schaurig sie von ihren hohen Klippenzinnen hinab in die sturmbewegte See starren. Sehet ringsum, und ihr werdet wenig Punkte antreffen, die mit der Fläche des Meeres in gleicher Ebene lägen.

04] Sehet, hier im Süden ist ein einziger Punkt, der landungsfähig ist, zu dem auch vermöge der innern Verfassung einige fremde Nationen ihre Schiffe steuern können.

05] Was die andern wenigen Landungspunkte für Inländer betrifft, so sind diese für's Erste weniger oder oft gar nicht zugänglich, und für's Zweite ist es von der dortigen sogenannten allerstrengsten und allergerechtesten Regierung auch aus folgenden Gründen nicht gestattet, daß Ausländer irgend anderswo landen dürfen, denn auf dem bestimmten Landungsplatze,

06] damit für's Erste diese Orte von den ausgearteten Menschen nicht entheiligt werden möchten, und für's Zweite, da die Fremdlinge der großen Gefahren dieser andern kleinen Landungspunkte nicht bewußt sind, und daher unvermeidlichen Schaden und Untergang finden würden.

07] Der dritte Grund aber ist der, weil sich eben dieser Regent im alleinigen Besitze aller Künste, Gewerbe und Geheimnisse wähnt, so ist er in der beständigen geizigen Furcht, daß, wenn Solches den Fremdlingen bekannt werden möchte, es mit seinem Wohlstande geschehen wäre; daher hat er auch nur einen einzigen Landungspunkt bestimmt, allda solche nach seiner Meinung außerordentliche Producte aus besonderem gerechten Mitleiden verhandelt werden.

08] Denn er ist fest der Meinung, wie auch seine ganze Nation, daß er allein sich im Mittelpunkte der Welt befindet, und daß alle Fremdlinge von der ganzen Welt zu ihm kommen müssen, um von seinen außerordentlichen Landesproducten zu kaufen, dadurch zu einem Besitze zu kommen, und aus diesem Besitze sich einen Begriff machen zu können, zu welcher Vollkommenheit das Centralfürstenthum der Welt gediehen ist; ja er ist wirklich in der Meinung, daß die Menschen auf den übrigen Punkten der Erde gar nicht die Fähigkeit besitzen, nur zu ahnen, wie ein gar simples Bimskörbchen verfertiget wird.

09] Wenn er auch Kunde erhält, daß die Schiffe der Fremden außerordentlich künstlich gebaut wären, so werden auf eine solche Nachricht die Berichterstatter allzeit gewaltig geprügelt, da ein solcher Bericht als eine offenbare Majestätsbeleidigung angesehen wird; und wenn er dann einen oder zwei Commissäre dahin beordert, um sich heimlich zu überzeugen, ob die Sache sich wirklich so verhält,

10] und kommen diese dann mit der Nachricht zurück und bestätigen den Bericht, so wird eine solche Bestätigung als ein förmlicher Landesverrath angesehen; denn es spricht dieser Monarch: Wenn Solches nicht durch irgend einen meiner Unterthanen an die Fremden wäre verrathen worden, wie wäre es sonst möglich, daß diese dummen Fremden in den geheimnißvollen wissenschaftlichen Besitz gekommen wären, sich Häuser aus dem Holze zu erbauen, die sie über die Fluthen des Meeres zu tragen vermöchten; denn Solches verstehen nur wir, das auserwählte Volk der Mitte der Erde,

11] und sogleich werden dann von der Haupt- und Residenzstadt abgeordnete Untersuchungs-Commissäre in alle drei Länder beordert, die Küstenvölker in aller Strenge zu untersuchen, von wo aus ein solcher Verrath gegangen ist;

12] und wenn die Commissäre nichts gefunden haben, so werden sie bei ihrer Rückkunft ebenfalls tüchtig durchgeprügelt, und auf drei Jahre ihres Dienstes entlassen, binnen welcher Zeit sie dann wieder über Hals und Kopf studiren müssen, und zwar unter den allerrigorösesten Professoren von der Welt.

13] Nach beendeter Studienzeit erfolgt dann eine außerordentlich strenge Prüfung; wer die Prüfung besteht, wird wieder eingestellt, wer sie aber nicht besteht, der wird abermals geprügelt, und muß,die Studien wieder von vorne anfangen.

14] Während der Zeit aber solche Commissarien wieder ihre Strafstudien durchmachen müssen, werden sogleich Stellvertreter allergnädigst ernannt.

15] Diese Ernennung geschieht auf folgende Weise: Es werden nämlich neun sogenannte Practikanten von seiner gerechtesten und allergestrengesten Majestät vorgerufen, und von derselben mündlich geprüft.

16] Diese Prüfung besteht darin, daß sie für's Erste alle Fabrikationen des Landes aufzählen müssen, und wie diese bereitet werden; dann müssen sie alle Berge, alle Flüsse, alle Thäler und Ebenen, alle Thiere, seien es zahme oder wilde, alle Bäume, Pflanzen und Kräuter buchstäblich benennen und aufzählen; ferner müssen sie die Namen von allen Unterthanen genau angeben, und wo Jeder sich befindet, und was er besitzt;

17] und schließlich müssen sie noch den ganzen Namen des Kaisers aussagen, was eigentlich das Allerschwerste für die Practikanten ist; denn dieser Name ist so lang, daß ihr denselben nach einer mittelmäßig großen Schrift auf einen wenigstens eine Meile langen Papierstreifen mit einer Zeile kaum aufschreiben würdet, und enthält Alles, als da ist die eingebildete unendlich lange Stammlinie, dann alle Dinge und Gewerbe des Landes, und so auch die Namen von allen seinen Unterthanen.

18] Wenn ihr nun das bedenket, so werdet ihr wohl einsehen, welche Anstrengung des Gedächtnisses dazu erfordert wird, um sich diesen Namen, wie ihr zu sagen pflegt, auswendig zu merken. Ihr werdet nun fragen, wozu ein so langer Name?

19] Dieses kann euch sehr leicht begreiflich erörtert werden, weil er, der Monarch nämlich, darinnen seine ganze Herrlichkeit, Geschichte und Besitzthum aufgezeichnet hat.

20] Es haben zwar auch andere Personen im Lande sehr lange Namen; aber länger darf bei Strafe des Todes keiner sein, als der des Monarchen.

21] Daher wird auch in dieser Hinsicht sehr viel Studium auf den Namen des Monarchen gesetzt, damit sie ihre eigenen Namen mit dem Namen des Monarchen der Länge nach vergleichen können;

22] und wenn da Jemand wegen ebenfalls sehr alter Herkunft findet, daß sein Name noch länger ist, als der des Monarchen, so nimmt er das Namensprotokoll, und trägt es heulend mit zerrissenem Gewande hin vor den Monarchen, und bittet um die Strafe und um die gänzliche Vernichtung seines Namens;

23] und wenn der Monarch den Namen mit einem Zirkel ausgemessen und gefunden hat, daß er wirklich noch um 2 Klaftern länger ist, so werden 6 Klaftern von dem Namen abgestochen, und verbrannt; dem Bittsteller wird dann allergnädigst die gehörige Anzahl Prügel verabfolgt, und sonach ihm erst der verkürzte Name überreicht.


24] Und nun gehen wir wieder auf unsere Practikanten zurück. Haben Drei oder Vier die Prüfung bestanden, so wird ihnen sogleich auch nach eurer Sprache das Anstellungsdecret überreicht, und mit dieser Ueberreichung aber auch sogleich die Pflicht, sich als Commissarien an Ort und Stelle zu begeben, um den früher besprochenen Landesverrath zu entdecken, auferlegt.

25] Diese aber sind dann gewöhnlich um ein Haar klüger, als die früheren; sie verweilen bei dieser Untersuchung gewöhnlich 1, 2 bis 3 Jahre, und sinnen während dieser Zeit auf eine kluge Finte, um ihren Monarchen zu übertölpeln, und wenn sie da zurückkehren, bringen sie gewöhnlich mehrere bestochene Zeugen mit, welche dann aussagen, daß nach diesem schauerlichen Ereignisse der Blitz noch dreimal in die Stelle einschlug, und daß darauf alle Anwesenden den großen Gott in der Sonne gepriesen haben, daß er ein so großes Zeichen zur Verherrlichung des großen Fürsten vor dessen Volke gethan hat.

26] Jetzt werdet ihr vielleicht fragen, warum waren denn die ersten Drei nicht so pfiffig, als die Nachfolger?

27] Und ihr werdet euch wundern, wenn Ich euch sage, daß die ersten Drei noch pfiffiger waren, als ihre Nachfolger; - denn sie werden nun alsogleich von ihren Studien befreit, und als vollkommen rechtliche, gestrenge und wohlwissenschaftliche Staatsmänner von dem Monarchen mit eigenem Munde anerkannt, und gelangen auf diese Art zur höchsten Würde, vermöge welcher ihnen sogar gestattet wird, viermal im Jahre das Kleid des Monarchen anrühren zu dürfen, und sind dadurch von aller fernern Prügelei exemt; denn wenn sie auch den Thatbestand nicht so erhoben haben, wie ihre Nachfolger, so macht das nichts, sondern hier giebt einzig und allein die große Treue den Ausschlag.

28] Die Nachfolger aber kommen dann als wirklich angestellte Staatsbeamte auf die Stufe ihrer Vorgänger. Ihr müßt euch nicht etwa denken, daß sei dort zu Lande etwas Unbedeutendes.

29] Ein Beamter, der viermal im Jahre das Kleid des Monarchen berühren darf, ist etwas so Außerordentliches im Lande, daß, so er auf der Straße wandelt, oder in einer Senfte getragen wird, alles Volk bei Strafe des Lebens auf das Angesicht vor ihm niederfallen muß; und ein Wort von ihm zu Jemanden gesprochen, ist etwas so Außerordentliches, daß der Betreffende oft drei Tage lang die Stelle nicht verläßt, wo ihm eine solche Gnade zu Theil geworden ist;

30] und ist das Wort ein ungünstiges gewesen, hat der Beamte dem Betreffenden etwa einen Verweis oder eine andere Unannehmlichkeit, als etwa einen Thiernamen oder eine sonstige unehrbare Sache, zugesprochen, so fängt der Betreffende augenblicklich an zu heulen und zu wehklagen, und bittet den hohen Beamten um eine gnädigste Strafverleihung, welche ihm auch ohne viel Umstände bewilliget wird;

31] und sofort setzt er seine Bitte an den hohen Staatsmann, daß derselbe ihm die Strafe ja nicht zu glimpflich verhängen solle, sondern ihn nach seiner Strenge, Gerechtigkeit und Lust möchte vollprügeln lassen.

32] Wenn dann der Staatsbeamte solche Bitte in sein allergnädigst geneigtes Ohr vernommen hat, so befiehlt er alsogleich seiner sehr reichlichen Dienerschaft, den betreffenden Supplikanten an den Händen und Füßen zu erfassen, ihn von der Erde zu heben; und wenn dieser sich hernach in der Mitte von 8 Dienern in der Luft schwebend befindet, so kommt dann der Prügelmann mit der Bambusknute, und prügelt diesen Supplikanten so lange, bis der hohe Staatsbeamte ihm ein Zeichen giebt, daß mit diesem Streiche seine Gnade zu Ende ist.

33] Sodann wird der Supplikant, halb zu Tode geprügelt, wieder auf die Erde niedergelegt, und seine Nachbarn kommen hinzu, und preisen um den Geprügelten die hohe Weisheit, Gerechtigkeit und Strenge des Beamten.

34] Ihr werdet vielleicht auch von dem Volke dafür dem Monarchen einen Preis darzubringen wünschen; allein Solches geht in diesem Lande nicht; denn alldort steht der Monarch zu hoch, als daß er dürfte von dem gemeinen Volke gepriesen werden.

35] Solches und noch Einiges dergleichen ist eigentlich der beste Theil dieser Verfassung; wenn wir solchen haben kennen gelernt, so ist es auch füglich, daß wir den schlimmen Theil ein wenig beleuchten.

36] In dieser Hinsicht geht es hier wahrlich wie nirgends anders in der Welt zu. Für's Erste hat in diesem Lande Niemand ein Eigenthum, sondern Alles ist ein ausschließendes Eigenthum des Monarchen.

37] Jedem Menschen oder vielmehr jeder Classe ist genau vorgeschrieben, was er und wie viel er arbeiten muß.

38] Es ist ihm vorgeschrieben die Kost, wie auch die Kleidung; es ist ihm vorgeschrieben die Wohnung und der Bezirk, aus dem er sich außer einem besondern Staatsbefehle nie entfernen darf.

39] Ferner ist ihm vorgeschrieben, wie viel Weiber er haben und wie viel Kinder er mit seinen Weibern zeugen darf.

40] Es ist ihm vorgeschrieben, was er von dem Erzeugten beim letzten Tropfen des Gesetzes abzuliefern hat.

41] Den Bewohnern der Küste ist auf das strengste vorgeschrieben, außer dem bestimmten Handelsplatze für Fremde nichts hintan zu geben; es ist ihnen vorgeschrieben, einen Fremden außer dem bestimmten Platze, unter was für immer einer Bedingung, nie das japanische Land betreten zu lassen.

42] Und so sind auch alle Handelsartikel genau vorgeschrieben, was da an Fremde darf hintan gegeben werden, und was die Fremden dafür bieten dürfen; und ist ihnen ferner noch auf das strengste vorgeschrieben, daß von den Fremden nie mehr als Einer in dem Orte als Dollmetsch verbleiben darf, welcher aber von dem Augenblicke, daß er als Solcher angenommen wurde, sich nie mehr von der Küste entfernen darf.

43] Er muß seine Sprache noch obendrauf dreien japanesischen Commissären beibringen, und darf aber dessenungeachtet sich nie auch nur eine Stunde Weges in das Innere des Landes begeben.

44] Sehet, das ist ungefähr der Auszug der japanesischen Verfassung; Ich sage: ungefähr, weil dieses Land durchaus kein sogenanntes bestehendes Staatsgesetz hat, sondern das lebendige Staatsgesetz ist der jewaige bestehende Fürst, und seine obersten Staatsbeamten, und es liegt beinahe ganz in ihrer freien Willkür, für jeden vorkommenden Fall alsogleich ein neues Gesetz zu creiren;

45] denn ihr könnet euch wahrlich keinen Begriff machen, nach welchem kleinlichen Umstande alldort das Gesetz eine ganz andere Strafe über irgend ein Verbrechen verhängt. Ich will euch nur ein einziges kleines Beispiel anführen. Es ist Jemanden sein Bezirk ausgemessen angewiesen, außerhalb dessen er sich nicht bewegen darf.

46] Jemand hat sich die Grenze nicht genau gemerkt, und nur einen halben Fuß über den Faden gesetzt; wenn Solches sein Nachbar bemerkt, so meldet er es wieder seinem nächsten Nachbar, und dieser wieder seinem nächsten, bis es dann an die Wohnung des sogenannten Bezirkswächters gelangt.

47] Dieser begiebt sich dann mit einem Zirkel sobald an Ort und Stelle, und bemißt genau den Uebertritt; ist der Uebertritt etwas über den halben Fuß, so sind dafür sofort 100 Prügel als Strafe dem Uebertreter zu verabfolgen.

48] Wenn aber der Bezirkswächter befunden hat, daß wenigstens ¾ des Fußes über die Linie gesetzt worden sind, so erhöht dieser Umstand die Strafe beinahe um's Doppelte.

49] Wenn aber Jemand den ganzen Fuß über die Grenze gesetzt hat, so bekommt er für's Erste eine ungezählte Masse Prügel, und dann wird er erst durch drei Tage an einen Pfahl gebunden, um daselbst sich die engste Grenze anzugewöhnen.

50] Wenn ein solcher Fall siebenmal vorkommt, so wird ihm alsobald der Fuß, so weit er denselben außer der Grenze gesetzt hat, abgehauen.

51] Wer aber ohne gerichtliche Erlaubniß sich unterfangen hätte, nur einige Schritte außer seinem Grenzbezirke zu thun, der wird entweder im Wege der Gnade aufgehängt, oder zu Tode geprügelt. Und geht es nicht auf dem Wege der Gnade, so wird er nackt auf ein Kreuz gebunden, und da so lange oben gelassen, bis er gestorben ist; jedoch steht ihm selbst am Kreuze noch vermöge gewaltiger Bitte die Gnade offen, durch einen Lanzenstich getödtet zu werden.

52] Sehet, aus diesem kleinen Beispiele könnet ihr euch schon einen Begriff machen, wie es in diesem Lande aussieht; und es ist die Einrichtung so getroffen, daß da außer den bekannten hohen Staatsbeamten Niemand von der Todesstrafe ausgenommen ist.

53] Und so treibt hier gewisserart ein Keil den andern. Nie wird man einen Fall erleben, daß ein unterer Beamter wegen allfälliger Grausamkeit zur Verantwortung und Strafe gezogen wird; wohl aber, wenn er sich nur im Geringsten irgendwo eine Fahrlässigkeit erwiesenermaßen hat zu Schulden werden lassen.

54] Daher bildet dort der Zirkel und die Wage den Haupttheil der Staatsverfassung; denn da wird Alles abgezirkelt und abgewogen.

55] Wenn ihr euch nun denket, daß bei allen diesen ungefähr bekannt gegebenen Grundvorschriften die Todesstrafe mit allerlei Martervariationen die Hauptrolle spielt, so wird es auch nicht schwer werden, euch einen ziemlichen Begriff zu machen, wie es in einem Lande zugeht, wo die Despotie den höchsten Gipfel der Tyrannei erklommen hat.

56] Denn wahrlich, es dürfte auf der Erdoberfläche kaum ein zweites Land geben, das diesem in seiner willkürlichen grausammen Unart gliche.

57] Nun habe Ich euch von diesem Lande auch für Euch genügend den schlimmen Theil bekannt gegeben. Es giebt aber noch einen schlimmsten. Ihr werdet jetzt freilich denken, kann's denn in einem Lande etwas Aergeres geben, als wir schon vernommen haben? - Hier sage Ich euch für den Augenblick nichts, sondern bescheide euch bloß, einen Blick auf Meine Tafel zu machen.

58] Sehet daher, dieses Gebäude ist ein Tempel! Ich sage auch zu diesem Tempel: Epheta! - Und nun blicket hinein. Sehet, wie da in einer seitwärts abgelegenen runden Zelle mehrere Mädchen und Jünglinge gefüttert werden, damit sie schön und recht fett werden sollen. Sehet, die zwischen ihnen in gelben und blauen Kleidern sitzenden Männer sind die Opferpriester.

59] Wenn ein Mißjahr dieses Land heimsucht, so wird dann sogleich geprediget, daß sich Gott erzürnt habe über dieses Land, und daher muß ihm, um ihn zu begüten, ein Opfer gebracht werden.

60] Und sobald werden auf Befehl des Oberpriesters 6 männliche und 6 weibliche Individuen aus dieser Zelle gewaschen und nach ihrer Art gar zierlich angelegt, und sodann stellt sich ein Priester auf einen sogenannten Weisheitsstuhl; von diesem bestimmt er dann mit zornigen Worten, gleichsam als spräche die erzürnte Gottheit aus ihm, wie derselben sollte das Opfer dargebracht werden.

61] Sind die Mädchen sehr schön und üppig geworden durch diese Fütterung, dann verschmäht die Gottheit die Opferung derselben, und giebt sie zum lebenslänglichen Eigenthume seinen Priestern zurück;

62] aber mit den Jünglingen, wenn einer nicht von gar ausnehmender Schönheit ist, geht die erzürnte Gottheit nicht so schonend zu Werke, sondern sie werden gewöhnlich zur Opferung bestimmt, welche darin besteht, daß sie entweder beim lebendigen Leibe verbrannt, oder früher enthauptet und dann erst verbrannt werden, oder sie werden auf einen Felsen, der irgend in's Meer hinausragt, geführt, und von da in's Meer geworfen.

63] Freilich geschieht solche Menschenopferung nur selten; aber genug, wenn sie irgend noch vorkommt, so ist ein solches Land schon dessentwegen in der allertiefsten Finsterniß, und hat von einem wahren Gott die schändlichsten und elendsten Begriffe.

64] Zu diesem Allerschlimmsten gehört auch die Ermordung überzähliger Kinder; und Derjenige, der über die Zahl Kinder gezeuget hat, wird an seinen Geschlechstheilen verstümmelt.

65] Ferner gehört zu dem Allerschlimmsten auch das, daß in diesem Lande gegen das Eindringen des Christenthums mit unerhörter Grausamkeit verfahren wird.

66] Denn in dieses Land darf sich nicht einmal ein mit aller Wunderthätigkeit ausgerüsteter Wiedergeborner wagen; denn er wird sofort als Fremdling, Unheilbringer und Aufwiegler des Volkes mit der grausamsten Todesart bestraft.

67] Es hat auch wirklich schon Fälle gegeben, daß Christenboten daselbst durch die verschiedensten Todesarten gehend von Mir am Leben erhalten wurden; allein diese Unmenschen haben das Alles für null und nichtig betrachtet, und haben an solchen Christenboten unersättlich alle erdenklichen Todesarten versucht, bis nach Meiner Ordnung die Zahl voll war, und Ich Meinen Abgesandten abrufen mußte, um nicht noch längere Zeit das Heiligthum solcher namenlosen Verachtung preisgegeben zu sehen.

68] Aber nun merket euch dieses: Nicht ferne mehr ist der vernichtende Moment dieses Freisitzes des Satans; wenn ihr hören werdet, daß diese Monarchie preisgegeben wird fremden Völkern, so denket, daß da das Ende der Dinge nicht ferne sei.

69] Sehet, in diesem äußersten Morgenlande giebt es noch manche Völkerschaften, die von Mir nichts wissen wollen; allein, Ich werde ferner wenig Boten mehr dahin senden, sondern Boten Meines nahen Gerichtes; und es wird sein, wie mit einem Fruchtbaume im Herbste, da das unreife Obst mit dem reifen herabgenommen wird.

70] Das reife wird aufbewahrt für die Tafel des Herrn, das unreife aber auf die Kelter geworfen, und allda zerstoßen, und wird der wenige Saft noch genommen zur Säuerung, die Trebern aber werden vorgeworfen den Schweinen; und es wird da sein wie bei einem Hausvater, auf dessen Acker der Weizen reif geworden ist.

71] Wahrlich es wird da nicht geschaut auf die Reife des Unkrauts, sondern dieses wird mit dem Weizen vom Acker genommen werden; dann aber wird es geschieden werden durch die Diener vom Weizen.

72] Diese werden es in Bündel zusammen binden und vertrocknen lassen auf dem offenen Felde, und werden es dann anzünden und verbrennen bis auf den Grund, damit aller Same des Unkrauts vernichtet werde; Meinen Weizen aber werden sie bringen in die Scheuern des ewigen Lebens.

73] Sehet, daher sollet ihr euch auch nicht daran stoßen, wenn ihr auf der Erde noch so viel unreifes Obst und so vieles Unkraut unter dem Weizen findet.

74] Denket nicht, daß Ich darob Meinen Tag verzögern werde, sondern wahrlich sage Ich euch: Nur beschleunigen will Ich ihn der Auserwählten willen; denn wenn zur Zeit dieser letzten vorbestimmten Trübsale diese Tage nicht möchten verkürzet werden, wahrlich selbst die Lebendigen verlören das Leben!

75] Daher seid unbesorgt, und benützet diese Mittheilung nicht zu sehr als buchstäbliche Anschauung der unrathübervollen Welt, sondern benützet sie vielmehr zur eigenen innern Anschauung; denn darum gebe Ich Solches euch, daß ihr die Welt in euch erkennen, sie verachten und aus Liebe zu Mir fliehen sollt.

76] Doch erst am Schlusse der letzten Stunde will Ich euch die Decke von den Augen ziehen, wo ihr dann vollends ersehen werdet, wohinaus Ich mit diesen zwölf Stunden eigentlich will. Amen.

Der folgende Nachtrag findet sich nicht in der Erstausgabe, sondern wurde der dritten Auflage (1895) entnommen.

Noch etwas über Japan, als Nachtrag zur neunten Stunde.

77] Japan besteht aus den Inseln: 1. Sachalin, 2. Jesso, 3. Niphon oder Nypon, 4. Xikoko oder Likok, 5. Kinsin oder Ximo, und ist das bevölkertste Land auf der Erde.


78] Der Flächenraum beträgt kaum so viel als der von Großbritannien. Die (heutigen) Japaner bestehen nur aus Mongolen, Malayen und einigen wenigen Ureinwohnern, sie sind durchaus nicht verwandt mit den Chinesen, und übertreffen diese in allem, sowohl in der Bildung - als in der Grausamkeit.

79] Was auch sehr viel dazu beiträgt, daß sie in den verschiedensten Wissenschaften die Chinesen bei weitem überragen, ist das, daß sie in ihrer Sprache nur 48 einfache Buchstaben haben, wogegen die Chinesen bei 50 000. Ihre Sprache ist sehr weich und biegsam; ihre Religion ein raffiniertes Heidentum; ihre Gesetze im höchsten Grade tyrannisch.

80] Es gibt zehn sogenannte Kasten unter den Bewohnern, für jede (Kaste) sind einige feste unabänderliche, und dazu noch willkürliche, abänderliche Gesetze.

81] Jedem ist sein Bezirk strenge zugewiesen, von dem er sich vor der Freigabe nicht entfernen darf; die Freigabe besteht in einer Art Arbeits-Vakanz.

82] Die vorzüglichsten Ortschaften sind: Jeddo-Edo, am Fluße Tonkai mit 280 000 Häusern, und über 1 Million Einwohner (anno 1841); das ist zugleich beinahe die volkreichste Stadt auf der Erde (anno 1841). Rio oder Miako mit 140 000 Häusern und mit fast 1 Million Einwohner; Nagasake, eine Hafenstadt, mit 10 000 Häusern und gegen 100 000 Einwohnern; Mastmai oder Matsumai mit 6 000 Häusern und 60 000 Einwohnern.


83] Die nördlichste Spitze der Insel Saghalin heißt von Engländern Kap Elisabeth, in der westlichen Hälfte dieser Insel ist das Kap Patience. Diese nördlichste und auch ärmste Insel wird durch die Straße La Peyrouse von der Insel Jesso getrennt.

84] Auf der Insel Jesso's südöstlicher Spitze liegt die Stadt Mastmai oder Matsumai. Die Insel wird durch die Straße Sangar von der Insel Niphon oder Nipon getrennt. Diese mittlere und größte Insel ist zugleich die Residenz-Insel.

85] Auf ihr befindet sich ein großer Hafen mit dem Namen Namba ohne Stadtrecht; dann die Residenzstadt Jeddo oder Edo (jetzt Tokio) mit einem großen Hafen, welcher geschützt wird durch das schauerliche Kap Ring; dann die Gebirgsstadt Rio oder Miako, als die größte Fabrikstadt der Japanesen; diese Insel ist zugleich die allergebirgisgste, wie die nördlichste Insel Saghalin - die am meisten vulkanische.

86] Die Insel Sikok ist sozusagen fast nur ein Berg aus dem Meere, und daher auch wenig bevölkert. Jedoch die Insel Kinsing mit der Hafenstadt Nagasaki ist dafür wieder übervölkert, diese Insel hat die strengsten Gesetze, und ist allein den Niederländern zugänglich, und das nur auf dem vor Nagasaki liegenden Inselchen unter dem Namen Guelport, der von den vertriebenen schlechten Portugiesen und Spaniern abstammt.

87] Über der nordwestlichen Hälfte der Insel Nipon befindet sich noch eine etwas bedeutende Insel Sado, als Zufluchtsort der Ureinwohner, welche hier einige Vorrechte genießen; auch haben sich einige Portugiesen auf diese Insel verkrochen; jedoch dürfen sie sich nimmer entfernen, und müssen alles Japanesische und den Vollmond anbeten.

88] Die ganze Bevölkerung Japans beträgt bei 40 Millionen Menschen, 4/7 davon ist weiblich. Außer der Mechanik, Mathematik, Nautik, Geographie und Astronomie - sind sie in aller Industrie den Völkern der Erde vor, und sind im Besitze von großen Reichtümern und manchen Geheimnissen.

89] Die Sadoer besitzen noch hie und da das zweite Gesicht, und haben noch Wissenschaft aus den Urzeiten des Meduhed.

90] Ihre Zahl beträgt 3 Millionen Menschen ohne die Portugiesen, deren Zahl nur einige Tausende ausmacht. Dieses alles diene euch zur genaueren Übersicht dieses Landes, und kann in der "Neunten Stunde" beigefügt werden. Amen!

01] Nachdem wir den Süden der Erde durchwandert haben, und da die Verhältnisse durchschaut, wohlgemerkt, mehr dem Innwendigen denn dem Äußern nach, so wollen wir nun wieder zur nördlichen Erdhälfte zurückkehren, und, wie schon vorläufig erwähnt, dem Inselstaat Japan einen kurzen Besuch abstatten.

02] Doch, wie schon bekannt, werden wir keine Jahre und Monate brauchen, um dahin zu gelangen, sondern seht nur her auf die euch schon wohlbekannte Tafel, der ganze heidnische Inselstaat liegt schon ausgebreitet vor euren Augen.

03] Betrachtet nur einmal die Küsten; seht, wie schaurig sie von ihren hohen Klippenzinnen hinab in die sturmbewegte See starren. Seht ringsum, und ihr werdet wenig Punkte antreffen, die mit der Fläche des Meeres in gleicher Ebene lägen.

04] Seht, hier im Süden ist ein einziger Punkt, der landungsfähig ist, zu dem auch vermöge der innern Verfassung einige fremde Nationen ihre Schiffe steuern können.

05] Was die andern wenigen Landungspunkte für Inländer betrifft, so sind diese fürs Erste weniger oder oft gar nicht zugänglich, und fürs Zweite ist es von der dortigen sogenannten allerstrengsten und allergerechtesten Regierung auch aus folgenden Gründen nicht gestattet, dass Ausländer irgend anderswo landen dürfen denn auf dem bestimmten Landungsplatz.

06] Damit fürs Erste diese Orte von den ausgearteten Menschen nicht entheiligt werden möchten, und fürs Zweite, da die Fremdlinge der großen Gefahren dieser anderen kleinen Landungspunkte nicht bewusst sind, und daher unvermeidlichen Schaden und Untergang finden würden.

07] Der dritte Grund aber ist der, weil sich eben dieser Regent im alleinigen Besitz aller Künste, Gewerbe und Geheimnisse wähnt, so ist er in der beständigen geizigen Furcht, dass, wenn solches den Fremdlingen bekannt werden möchte, es mit seinem Wohlstand geschehen wäre; daher hat er auch nur einen einzigen Landungspunkt bestimmt, allda solche nach seiner Meinung außerordentliche Produkte aus besonderem gerechten Mitleiden verhandelt werden.

08] Denn er ist fest der Meinung, wie auch seine ganze Nation, dass er allein sich im Mittelpunkt der Welt befindet, und dass alle Fremdlinge von der ganzen Welt zu ihm kommen müssen, um von seinen außerordentlichen Landesprodukten zu kaufen, dadurch zu einem Besitz zu kommen, und aus diesem Besitz sich einen Begriff machen zu können, zu welcher Vollkommenheit das Zentralfürstentum der Welt gediehen ist; ja, er ist wirklich der Meinung, dass die Menschen auf den übrigen Punkten der Erde gar nicht die Fähigkeit besitzen, nur zu ahnen, wie ein gar simples Binskörbchen verfertigt wird.

09] Wenn er auch Kunde erhält, dass die Schiffe der Fremden außerordentlich künstlich gebaut wären, so werden auf eine solche Nachricht die Berichterstatter allzeit gewaltig geprügelt, da ein solcher Bericht als eine offenbare Majestätsbeleidigung angesehen wird. Und wenn er dann einen oder zwei Kommissäre dahin beordert, um sich heimlich zu überzeugen, ob die Sache sich wirklich so verhält,

10] und kommen diese dann mit der Nachricht zurück und bestätigen den Bericht, so wird eine solche Bestätigung als ein förmlicher Landesverrat angesehen; denn es spricht dieser Monarch: Wenn solches nicht durch irgendeinen meiner Untertanen an die Fremden wäre verraten worden, wie wäre es sonst möglich, dass diese dummen Fremden in den geheimnisvollen wissenschaftlichen Besitz gekommen wären, sich Häuser aus dem Holz zu erbauen, die sie über die Fluten des Meeres zu tragen vermöchten; denn solches verstehen nur wir, das auserwählte Volk der Mitte der Erde!

11] Und sogleich werden dann von der Haupt- und Residenzstadt abgeordnete Untersuchungs-Kommissäre in alle drei Länder beordert, die Küstenvölker in aller Strenge zu untersuchen, von wo aus ein solcher Verrat gegangen ist.

12] Und wenn die Kommissäre nichts gefunden haben, so werden sie bei ihrer Rückkunft ebenfalls tüchtig durchgeprügelt, und auf drei Jahre ihres Dienstes entlassen, binnen welcher Zeit sie dann wieder über Hals und Kopf studieren müssen, und zwar unter den allerrigorosesten Professoren von der Welt.

13] Nach beendeter Studienzeit erfolgt dann eine außerordentlich strenge Prüfung. Wer die Prüfung besteht, wird wiedereingestellt, wer sie aber nicht besteht, der wird abermals geprügelt, und muss die Studien wieder von vorne anfangen.

14] Während der Zeit aber solche Kommissarien wieder ihre Strafstudien durchmachen müssen, werden sogleich Stellvertreter allergnädigst ernannt.

15] Diese Ernennung geschieht auf folgende Weise: Es werden nämlich neun sogenannte Praktikanten von seiner gerechtesten und allergestrengsten Majestät vorgerufen, und von derselben mündlich geprüft.

16] Diese Prüfung besteht darin, dass sie fürs Erste alle Fabrikationen des Landes aufzählen müssen, und wie diese bereitet werden. Dann müssen sie alle Berge, alle Flüsse, alle Täler und Ebenen, alle Tiere, seien es zahme oder wilde, alle Bäume, Pflanzen und Kräuter buchstäblich benennen und aufzählen. Ferner müssen sie die Namen von allen Untertanen genau angeben, und wo jeder sich befindet, und was er besitzt.

17] Und schließlich müssen sie noch den ganzen Namen des Kaisers aussagen, was eigentlich das Allerschwerste für die Praktikanten ist. Denn dieser Name ist so lang, dass ihr denselben nach einer mittelmäßig großen Schrift auf einen wenigstens eine Meile langen Papierstreifen mit einer Zeile kaum aufschreiben würdet, und enthält alles, als da ist die eingebildete unendlich lange Stammlinie, dann alle Dinge und Gewerbe des Landes, und so auch die Namen von allen seinen Untertanen.

18] Wenn ihr nun das bedenkt, so werdet ihr wohl einsehen, welche Anstrengung des Gedächtnisses dazu erfordert wird, um sich diesen Namen, wie ihr zu sagen pflegt, auswendig zu merken. Ihr werdet nun fragen, wozu ein so langer Name?

19] Dieses kann euch sehr leicht begreiflich erörtert werden, weil er, der Monarch nämlich, darinnen seine ganze Herrlichkeit, Geschichte und Besitztum aufgezeichnet hat.

20] Es haben zwar auch andere Personen im Land sehr lange Namen; aber länger darf bei Strafe des Todes keiner sein als der des Monarchen.

21] Daher wird auch in dieser Hinsicht sehr viel Studium auf den Namen des Monarchen gesetzt, damit sie ihre eigenen Namen mit dem Namen des Monarchen der Länge nach vergleichen können.

22] Und wenn da jemand wegen ebenfalls sehr alter Herkunft findet, dass sein Name noch länger ist als der des Monarchen, so nimmt er das Namensprotokoll, und trägt es heulend mit zerrissenem Gewand hin vor den Monarchen, und bittet um die Strafe und um die gänzliche Vernichtung seines Namens.

23] Und wenn der Monarch den Namen mit einem Zirkel ausgemessen und gefunden hat, dass er wirklich noch um zwei Klaftern länger ist, so werden sechs Klaftern von dem Namen abgestochen und verbrannt. Dem Bittsteller wird dann allergnädigst die gehörige Anzahl Prügel verabfolgt, und sonach ihm erst der verkürzte Name überreicht.

24] Und nun gehen wir wieder auf unsere Praktikanten zurück. Haben drei oder vier die Prüfung bestanden, so wird ihnen sogleich auch nach eurer Sprache das Anstellungsdekret überreicht, und mit dieser Überreichung aber auch sogleich die Pflicht, sich als Kommissarien an Ort und Stelle zu begeben, um den früher besprochenen Landesverrat zu entdecken, auferlegt.

25] Diese aber sind dann gewöhnlich um ein Haar klüger als die früheren; sie verweilen bei dieser Untersuchung gewöhnlich 1, 2 bis 3 Jahre, und sinnen während dieser Zeit auf eine kluge Finte, um ihren Monarchen zu übertölpeln, und wenn sie da zurückkehren, bringen sie gewöhnlich mehrere bestochene Zeugen mit, welche dann aussagen, dass nach diesem schauerlichen Ereignis der Blitz noch dreimal in die Stelle einschlug, und dass darauf alle Anwesenden den großen Gott in der Sonne gepriesen haben, dass er ein so großes Zeichen zur Verherrlichung des großen Fürsten vor dessen Volk getan hat.

26] Jetzt werdet ihr vielleicht fragen, warum waren denn die ersten drei nicht so pfiffig als die Nachfolger?

27] Und ihr werdet euch wundern, wenn Ich euch sage, dass die ersten drei noch pfiffiger waren als ihre Nachfolger; denn sie werden nun alsogleich von ihren Studien befreit, und als vollkommen rechtliche, gestrenge und wohlwissenschaftliche Staatsmänner von dem Monarchen mit eigenem Mund anerkannt, und gelangen auf diese Art zur höchsten Würde, vermöge welcher ihnen sogar gestattet wird, viermal im Jahr das Kleid des Monarchen anrühren zu dürfen, und sind dadurch von aller ferneren Prügelei exemt (befreit, d. Ed.). Denn wenn sie auch den Tatbestand nicht so erhoben haben wie ihre Nachfolger, so macht das nichts, sondern hier gibt einzig und allein die große Treue den Ausschlag.

28] Die Nachfolger aber kommen dann als wirklich angestellte Staatsbeamte auf die Stufe ihrer Vorgänger. Ihr müsst euch nicht etwa denken, das sei dort zu Lande etwas Unbedeutendes.

29] Ein Beamter, der viermal im Jahr das Kleid des Monarchen berühren darf, ist etwas so Außerordentliches im Land, dass, so er auf der Straße wandelt, oder in einer Sänfte getragen wird, alles Volk bei Strafe des Lebens auf das Angesicht vor ihm niederfallen muss; und ein Wort von ihm zu jemanden gesprochen ist etwas so Außerordentliches, dass der Betreffende oft drei Tage lang die Stelle nicht verlässt, wo ihm eine solche Gnade zuteil geworden ist.

30] Und ist das Wort ein ungünstiges gewesen, hat der Beamte dem Betreffenden etwa einen Verweis oder eine andere Unannehmlichkeit, als etwa einen Tiernamen oder eine sonstige unehrbare Sache, zugesprochen, so fängt der Betreffende augenblicklich an zu heulen und zu wehklagen, und bittet den hohen Beamten um eine gnädigste Strafverleihung, welche ihm auch ohne viel Umstände bewilligt wird.

31] Und sofort setzt er seine Bitte an den hohen Staatsmann, dass derselbe ihm die Strafe ja nicht zu glimpflich verhängen solle, sondern ihn nach seiner Strenge, Gerechtigkeit und Lust möchte vollprügeln lassen.

32] Wenn dann der Staatsbeamte solche Bitte in sein allergnädigst geneigtes Ohr vernommen hat, so befiehlt er alsogleich seiner sehr reichlichen Dienerschaft, den betreffenden Supplikanten an den Händen und Füßen zu erfassen, ihn von der Erde zu heben; und wenn dieser sich hernach in der Mitte von acht Dienern in der Luft schwebend befindet, so kommt dann der Prügelmann mit der Bambusknute, und prügelt diesen Supplikanten so lange, bis der hohe Staatsbeamte ihm ein Zeichen gibt, dass mit diesem Streich seine Gnade zu Ende ist.

33] Sodann wird der Supplikant, halb zu Tode geprügelt, wieder auf die Erde niedergelegt, und seine Nachbarn kommen hinzu, und preisen um den Geprügelten die hohe Weisheit, Gerechtigkeit und Strenge des Beamten.

34] Ihr werdet vielleicht auch von dem Volk dafür dem Monarchen einen Preis darzubringen (zu sehen, d. Ed.) wünschen. Allein solches geht in diesem Land nicht, denn alldort steht der Monarch zu hoch, als dass er dürfte von dem gemeinen Volk gepriesen werden.

35] Solches und noch einiges dergleichen ist eigentlich der beste Teil dieser Verfassung; wenn wir solchen haben kennen gelernt, so ist es auch füglich, dass wir den schlimmen Teil ein wenig beleuchten.

36] In dieser Hinsicht geht es hier wahrlich wie nirgends anders in der Welt zu. Fürs Erste hat in diesem Land niemand ein Eigentum, sondern alles ist ein ausschließendes Eigentum des Monarchen.

37] Jedem Menschen oder vielmehr jeder Klasse ist genau vorgeschrieben, was er und wie viel er arbeiten muss.

38] Es ist ihm vorgeschrieben die Kost, wie auch die Kleidung; es ist ihm vorgeschrieben die Wohnung und der Bezirk, aus dem er sich außer einem besondern Staatsbefehle nie entfernen darf.

39] Ferner ist ihm vorgeschrieben, wie viel Weiber er haben und wie viel Kinder er mit seinen Weibern zeugen darf.

40] Es ist ihm vorgeschrieben, was er von dem Erzeugten beim letzten Tropfen des Gesetzes abzuliefern hat.

41] Den Bewohnern der Küste ist auf das Strengste vorgeschrieben, außer dem bestimmten Handelsplatz für Fremde nichts hintan zu geben. Es ist ihnen vorgeschrieben, einen Fremden außer dem bestimmten Platz, unter was für immer einer Bedingung, nie das japanische Land betreten zu lassen.

42] Und so sind auch alle Handelsartikel genau vorgeschrieben, was da an Fremde darf hintan gegeben werden, und was die Fremden dafür bieten dürfen; und ist ihnen ferner noch auf das Strengste vorgeschrieben, dass von den Fremden nie mehr als einer in dem Ort als Dolmetsch verbleiben darf, welcher aber von dem Augenblick, da er als solcher angenommen wurde, sich nie mehr von der Küste entfernen darf.

43] Er muss seine Sprache noch obendrauf dreien japanesischen Kommissären beibringen, und darf aber dessen ungeachtet sich nie auch nur eine Stunde Weges in das Innere des Landes begeben.

44] Seht, das ist ungefähr der Auszug der japanesischen Verfassung. Ich sage: ungefähr, weil dieses Land durchaus kein sogenanntes bestehendes Staatsgesetz hat, sondern das lebendige Staatsgesetz ist der jewaige bestehende Fürst und seine obersten Staatsbeamten, und es liegt beinahe ganz in ihrer freien Willkür, für jeden vorkommenden Fall alsogleich ein neues Gesetz zu kreieren.

45] Denn ihr könnet euch wahrlich keinen Begriff machen, nach welchem kleinlichen Umstand alldort das Gesetz eine ganz andere Strafe über irgendein Verbrechen verhängt. Ich will euch nur ein einziges kleines Beispiel anführen. Es ist jemandem sein Bezirk ausgemessen angewiesen, außerhalb dessen er sich nicht bewegen darf.


46] Jemand hat sich die Grenze nicht genau gemerkt, und nur einen halben Fuß über den Faden gesetzt. Wenn solches sein Nachbar bemerkt, so meldet er es wieder seinem nächsten Nachbar, und dieser wieder seinem nächsten, bis es dann an die Wohnung des sogenannten Bezirkswächters gelangt.

47] Dieser begibt sich dann mit einem Zirkel sobald an Ort und Stelle, und bemisst genau den Übertritt. Ist der Übertritt etwas über den halben Fuß, so sind dafür sofort 100 Prügel als Strafe dem Übertreter zu verabfolgen.

48] Wenn aber der Bezirkswächter befunden hat, dass wenigstens ¾ des Fußes über die Linie gesetzt worden sind, so erhöht dieser Umstand die Strafe beinahe ums Doppelte.

49] Wenn aber jemand den ganzen Fuß über die Grenze gesetzt hat, so bekommt er fürs Erste eine ungezählte Masse Prügel, und dann wird er erst durch drei Tage an einen Pfahl gebunden, um daselbst sich die engste Grenze anzugewöhnen.

50] Wenn ein solcher Fall siebenmal vorkommt, so wird ihm alsobald der Fuß, so weit er denselben außer der Grenze gesetzt hat, abgehauen.

51] Wer aber ohne gerichtliche Erlaubnis sich unterfangen hätte, nur einige Schritte außer seinem Grenzbezirk zu tun, der wird entweder im Wege der Gnade aufgehängt, oder zu Tode geprügelt. Und geht es nicht auf dem Wege der Gnade, so wird er nackt auf ein Kreuz gebunden, und da so lange oben gelassen, bis er gestorben ist; jedoch steht ihm selbst am Kreuz noch vermöge gewaltiger Bitte die Gnade offen, durch einen Lanzenstich getötet zu werden.

52] Seht, aus diesem kleinen Beispiel könnet ihr euch schon einen Begriff machen, wie es in diesem Land aussieht; und es ist die Einrichtung so getroffen, dass außer den bekannten hohen Staatsbeamten niemand von der Todesstrafe ausgenommen ist.

53] Und so treibt hier gewisserart ein Keil den andern. Nie wird man einen Fall erleben, dass ein unterer Beamter wegen allfälliger Grausamkeit zur Verantwortung und Strafe gezogen wird; wohl aber, wenn er sich nur im Geringsten irgendwo eine Fahrlässigkeit erwiesenermaßen hat zu Schulden werden lassen.

54] Daher bildet dort der Zirkel und die Waage den Hauptteil der Staatsverfassung; denn da wird alles abgezirkelt und abgewogen.

55] Wenn ihr euch nun denkt, dass bei allen diesen ungefähr bekannt gegebenen Grundvorschriften die Todesstrafe mit allerlei Martervariationen die Hauptrolle spielt, so wird es auch nicht schwer werden, euch einen ziemlichen Begriff zu machen, wie es in einem Land zugeht, wo die Despotie den höchsten Gipfel der Tyrannei erklommen hat.

56] Denn wahrlich, es dürfte auf der Erdoberfläche kaum ein zweites Land geben, das diesem in seiner willkürlichen grausamen Unart gliche.

57] Nun habe Ich euch von diesem Land auch für euch genügend den schlimmen Teil bekannt gegeben. Es gibt aber noch einen schlimmsten. Ihr werdet jetzt freilich denken, kann's denn in einem Land etwas Ärgeres geben, als wir schon vernommen haben? - Hier sage Ich euch für den Augenblick nichts, sondern bescheide euch bloß, einen Blick auf Meine Tafel zu machen.

58] Seht daher, dieses Gebäude ist ein Tempel! Ich sage auch zu diesem Tempel: Epheta! - Und nun blickt hinein. Seht, wie da in einer seitwärts abgelegenen runden Zelle mehrere Mädchen und Jünglinge gefüttert werden, damit sie schön und recht fett werden sollen. Seht, die zwischen ihnen in gelben und blauen Kleidern sitzenden Männer sind die Opferpriester.

59] Wenn ein Missjahr dieses Land heimsucht, so wird dann sogleich gepredigt, dass sich Gott erzürnt habe über dieses Land, und daher muss ihm, um ihn zu begüten, ein Opfer gebracht werden.

60] Und sobald werden auf Befehl des Oberpriesters sechs männliche und sechs weibliche Individuen aus dieser Zelle gewaschen und nach ihrer Art gar zierlich angelegt, und sodann stellt sich ein Priester auf einen sogenannten Weisheitsstuhl; von diesem bestimmt er dann mit zornigen Worten, gleichsam als spräche die erzürnte Gottheit aus ihm, wie derselben sollte das Opfer dargebracht werden.

61] Sind die Mädchen sehr schön und üppig geworden durch diese Fütterung, dann verschmäht die Gottheit die Opferung derselben, und gibt sie zum lebenslänglichen Eigentum seinen Priestern zurück.

62] Aber mit den Jünglingen, wenn einer nicht von gar ausnehmender Schönheit ist, geht die erzürnte Gottheit nicht so schonend zu Werke, sondern sie werden gewöhnlich zur Opferung bestimmt, welche darin besteht, dass sie entweder bei lebendigem Leib verbrannt, oder früher enthauptet und dann erst verbrannt werden, oder sie werden auf einen Felsen, der irgend ins Meer hinausragt, geführt, und von da ins Meer geworfen.

63] Freilich geschieht solche Menschenopferung nur selten; aber genug, wenn sie irgend noch vorkommt, so ist ein solches Land schon dessentwegen in der allertiefsten Finsternis, und hat von einem wahren Gott die schändlichsten und elendsten Begriffe.

64] Zu diesem Allerschlimmsten gehört auch die Ermordung überzähliger Kinder; und derjenige, der über die Zahl Kinder gezeugt hat, wird an seinen Geschlechtsteilen verstümmelt.

65] Ferner gehört zu dem Allerschlimmsten auch das, dass in diesem Land gegen das Eindringen des Christentums mit unerhörter Grausamkeit verfahren wird.

66] Denn in dieses Land darf sich nicht einmal ein mit aller Wundertätigkeit ausgerüsteter Wiedergeborener wagen; denn er wird sofort als Fremdling, Unheilbringer und Aufwiegler des Volkes mit der grausamsten Todesart bestraft.

67] Es hat auch wirklich schon Fälle gegeben, dass Christenboten daselbst durch die verschiedensten Todesarten gehend von Mir am Leben erhalten wurden; allein diese Unmenschen haben das alles für null und nichtig betrachtet, und haben an solchen Christenboten unersättlich alle erdenklichen Todesarten versucht, bis nach Meiner Ordnung die Zahl voll war, und Ich Meinen Abgesandten abrufen musste, um nicht noch längere Zeit das Heiligtum solcher namenlosen Verachtung preisgegeben zu sehen.

68] Aber nun merkt euch dieses: Nicht ferne mehr ist der vernichtende Moment dieses Freisitzes des Satans; wenn ihr hören werdet, dass diese Monarchie preisgegeben wird fremden Völkern, so denkt, dass da das Ende der Dinge nicht ferne sei.

69] Seht, in diesem äußersten Morgenland gibt es noch manche Völkerschaften, die von Mir nichts wissen wollen; allein, Ich werde ferner wenig Boten mehr dahin senden, sondern Boten Meines nahen Gerichtes; und es wird sein wie mit einem Fruchtbaum im Herbst, da das unreife Obst mit dem reifen herabgenommen wird.

70] Das reife wird aufbewahrt für die Tafel des Herrn, das unreife aber auf die Kelter geworfen, und allda zerstoßen, und wird der wenige Saft noch genommen zur Säuerung, die Trebern aber werden vorgeworfen den Schweinen; und es wird da sein wie bei einem Hausvater, auf dessen Acker der Weizen reif geworden ist.

71] Wahrlich, es wird da nicht geschaut auf die Reife des Unkrauts, sondern dieses wird mit dem Weizen vom Acker genommen werden; dann aber wird es geschieden werden durch die Diener vom Weizen.

72] Diese werden es in Bündel zusammenbinden und vertrocknen lassen auf dem offenen Feld, und werden es dann anzünden und verbrennen bis auf den Grund, damit aller Same des Unkrauts vernichtet werde; Meinen Weizen aber werden sie bringen in die Scheuern des ewigen Lebens.

73] Seht, daher sollt ihr euch auch nicht daran stoßen, wenn ihr auf der Erde noch so viel unreifes Obst und so viel Unkraut unter dem Weizen findet.

74] Denkt nicht, dass Ich darob Meinen Tag verzögern werde, sondern wahrlich sage Ich euch: Nur beschleunigen will Ich ihn, der Auserwählten willen; denn wenn zur Zeit dieser letzten vorbestimmten Trübsale diese Tage nicht möchten verkürzt werden, wahrlich, selbst die Lebendigen verlören das Leben!

75] Daher seid unbesorgt, und benützt diese Mitteilung nicht zu sehr als buchstäbliche Anschauung der unratübervollen Welt, sondern benützt sie vielmehr zur eigenen innern Anschauung; denn darum gebe Ich solches euch, dass ihr die Welt in euch erkennen, sie verachten und aus Liebe zu Mir fliehen sollt.

76] Doch erst am Schluss der letzten Stunde will Ich euch die Decke von den Augen ziehen, wo ihr dann vollends ersehen werdet, wohinaus Ich mit diesen zwölf Stunden eigentlich will. Amen.

Der folgende Nachtrag findet sich nicht in der Erstausgabe, sondern wurde der dritten Auflage (1895) entnommen.

Noch etwas über Japan, als Nachtrag zur neunten Stunde

77] Japan besteht aus den Inseln: 1. Sachalin (heute zu Russland gehörend, d. Ed.), 2. Jesso (Hokkaid?, d. Ed.), 3. Niphon oder Nypon (Honsh?, d. Ed.), 4. Xikoko oder Likok (Shikoku, d. Ed.), 5. Kinsin oder Ximo (Kyosh?, d. Ed.), und ist das bevölkertste Land auf der Erde.

78] Der Flächenraum beträgt kaum so viel als der von Großbritannien. Die (heutigen) Japaner bestehen nur aus Mongolen, Malayen und einigen wenigen Ureinwohnern, sie sind durchaus nicht verwandt mit den Chinesen, und übertreffen diese in allem, sowohl in der Bildung - als in der Grausamkeit.

79] Was auch sehr viel dazu beiträgt, dass sie in den verschiedensten Wissenschaften die Chinesen bei weitem überragen, ist das, dass sie in ihrer Sprache nur 48 einfache Buchstaben haben, wogegen die Chinesen bei 50 000. Ihre Sprache ist sehr weich und biegsam; ihre Religion ein raffiniertes Heidentum; ihre Gesetze im höchsten Grad tyrannisch.

80] Es gibt zehn sogenannte Kasten unter den Bewohnern, für jede (Kaste) sind einige feste unabänderliche und dazu noch willkürliche, abänderliche Gesetze.

81] Jedem ist sein Bezirk streng zugewiesen, von dem er sich vor der Freigabe nicht entfernen darf; die Freigabe besteht in einer Art Arbeits-Vakanz.

82] Die vorzüglichsten Ortschaften sind: Jeddo-Edo (Tokio, d. Ed.), am Fluss Tonkai mit 280.000 Häusern, und über einer Million Einwohner (anno 1841); das ist zugleich beinahe die volkreichste Stadt auf der Erde (anno 1841). Rio oder Miako (Kyoto, d. Ed.) mit 140.000 Häusern und mit fast einer Million Einwohner; Nagasake (Nagasaki, d. Ed.), eine Hafenstadt, mit 10.000 Häusern und gegen 100.000 Einwohnern; Mastmai oder Matsumai (Matsumae, d. Ed.) mit 6.000 Häusern und 60.000 Einwohnern.

83] Die nördlichste Spitze der Insel Sachalin heißt von Engländern Kap Elisabeth, in der westlichen Hälfte dieser Insel ist das Kap Patience. Diese nördlichste und auch ärmste Insel wird durch die Straße La Peyrouse von der Insel Jesso getrennt.

84] Auf der Insel Jessos südöstlicher Spitze liegt die Stadt Mastmai oder Matsumai. Die Insel wird durch die Straße Sangar (Tsugaru-Straße, d. Ed.) von der Insel Niphon oder Nipon getrennt. Diese mittlere und größte Insel ist zugleich die Residenz-Insel.

85] Auf ihr befindet sich ein großer Hafen mit dem Namen Namba ohne Stadtrecht; dann die Residenzstadt Jeddo oder Edo (jetzt Tokio) mit einem großen Hafen, welcher geschützt wird durch das schauerliche Kap Ring; dann die Gebirgsstadt Rio oder Miako, als die größte Fabrikstadt der Japanesen; diese Insel ist zugleich die allergebirgigste, wie die nördlichste Insel Sachalin - die am meisten vulkanische.

86] Die Insel Xikoko ist sozusagen fast nur ein Berg aus dem Meer, und daher auch wenig bevölkert. Jedoch die Insel Kinsin mit der Hafenstadt Nagasaki ist dafür wieder übervölkert, diese Insel hat die strengsten Gesetze, und ist allein den Niederländern zugänglich, und das nur auf dem vor Nagasaki liegenden Inselchen unter dem Namen Guelport, der von den vertriebenen schlechten Portugiesen und Spaniern abstammt.

87] Über der nordwestlichen Hälfte der Insel Nipon befindet sich noch eine etwas bedeutende Insel Sado, als Zufluchtsort der Ureinwohner, welche hier einige Vorrechte genießen; auch haben sich einige Portugiesen auf diese Insel verkrochen; jedoch dürfen sie sich nimmer entfernen, und müssen alles Japanesische und den Vollmond anbeten.

88] Die ganze Bevölkerung Japans beträgt bei 40 Millionen Menschen, vier Siebtel davon ist weiblich. Außer der Mechanik, Mathematik, Nautik, Geographie und Astronomie sind sie in aller Industrie den Völkern der Erde vor, und sind im Besitz von großen Reichtümern und manchen Geheimnissen.

89] Die Sadoer besitzen noch hie und da das zweite Gesicht, und haben noch Wissenschaft aus den Urzeiten des Meduhed.

90] Ihre Zahl beträgt 3 Millionen Menschen ohne die Portugiesen, deren Zahl nur einige Tausende ausmacht. Dieses alles diene euch zur genaueren Übersicht dieses Landes, und kann in der „Neunten Stunde" beigefügt werden. Amen!

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