Jakob Lorber: 'Robert Blum - Seine Erfahrungen und Führung im Jenseits'
Text nach Erstauflage 1898 (Faksimile, Band 2), inhaltlich und stilistisch unverändert hier in neuer Rechtschreibung
231. Kapitel: Der Kirchendiener über christliche Gleichheit und kirchliche Ungleichheit. Der Katholik verdammt den 'Ketzer' zur tiefsten Hölle.
01] Nach dieser Rede kratzt sich die Eminenz, aber nicht der Großfungator, bei den Ohren, und sagt nach einer Weile zu seinem Kollegen: „Dieser Kirchendiener ist ein ganz verdammter Kerl; bei meiner armen Seele, so ich kein Kardinal wäre, möchte ich ihm beinahe Recht geben. Aber natürlich, als Kardinal kann man sich denn doch nicht von einem Messner belehren lassen." - Spricht der Messner: „O meine liebe Eminenz! Wir sind hier, so wahr ein Gott lebt, nicht mehr auf der Erde, sondern wie ich schon ehedem einmal erwähnt habe, wir sind samt und sämtlich mit Haut und Haaren in der Welt der Geister, was Eure Eminenz aus gar mancherlei Erscheinungen und Vorkommnissen gar leicht hätten merken können, so Sie es hätten merken wollen."
02] Sagt die Eminenz inzwischen: „Wie hätte ich denn das sollen merken können? Ich müsste ja doch davon aus einer wohl wahrnehmbaren Empfindung etwas verspürt haben, dass ich gestorben bin, das doch offenbar vorausgehen muss, bevor man in irgend eine Geisterwelt kommt; und so man dann in einer Geisterwelt sich befinden würde, da würde man sich doch als ein Geist, nicht aber als ein rein materieller Mensch mit Haut, Haaren und Knochen befinden? Das Alles aber trifft bei keinem von uns ein und zu; wie könnten wir dann in einer Geisterwelt uns befinden? Mein lieber hochweiser Messner! Wie es mir immer klarer wird, so ist er ein Narr, und gehört in ein Narrenhaus."
03] Sagt der Messner: „Das hat nicht not, denn so lange ich mich unter euch befinde, bin ich in einem ganz vollkommen ausgebildeten Narrenkollegium, und somit auch in optima forma in einem Narrenhause. Denn wenn Sie das nicht einsehen, dass Sie sich schon lange in der Geisterwelt befinden, so müssen die Eminenzen erstens stockblind, und zweitens vollends begriffsunfähigste Narren sein.
04] Sagen Sie mir: Wie viele Erzbischöfe und Kardinale waren denn auf der Welt auf einmal am Stefansdom zu Wien angestellt? Hier seid ihr als Hochgeistliche allein nahe an Hundert knapp beisammen; wann wären denn in Wien einmal so viele Erzbischöfe und Kardinäle auf einmal effektiv angestellt gewesen? Ich weiß nur von Einem auf einmal; von mehreren auf einmal meldet keine Geschichte, auch die der römischen Kirche und Päpste nicht eine Silbe. - So die Eminenzen aber hier schon so eine geraume Weile von einigen Hunderten von Jahren der Erde beisammen hocken, wie die Frösche in ihrem Winterschlafe in irgend einem Schlammwinkel einer zugefrorenen Pfütze, so wird ja so was etwa doch nicht auf der natürlichen Welt stattfinden können, sondern rein nur in der Geisterwelt;
05] und da sage ich als ein von Eurer Eminenz deklarierter Narr:
Hier sind wir uns Alle gleich, wenn auch die Narrheit der Welt uns auf der finstern Erde dem Stande nach außerordentlich hoch und weit geschieden hat, was freilich nach der reinen Lehre Jesu auch nie hätte geschehen dürfen; denn Jesus der HErr hat Seinen Jüngern, als diese Ihn töricht genug angegangen sind, wer da unter ihnen der Erste sein solle, ausdrücklich gesagt und geboten: „Wer unter euch der Geringste ist und euch dient, der ist vor Mir der Erste. Wahrlich sage ich euch: Wer in seiner Einbildung, Idee und handelnden Wirklichkeit nicht einem Kinde gleichen wird, wird keinen Teil am Reiche Gottes haben. Nur Einer ist euer HErr; ihr Alle aber seid ganz gleiche und unterschiedslose Brüder! - Daran aber wird man euch erkennen, dass ihr Meine Jünger seid, dass ihr euch untereinander als wahrhaft vollends gleiche Brüder liebt. - Ein Jeder aber, der den Nebenmenschen als Bruder liebt und sich über ihn nicht erhebt, außer allein in der Liebe zu ihm, der ist Mein Jünger und hat das Reich Gottes schon in sich.
06] Meine Eminenzen! das sind Worte Christi des HErrn, in denen nur zu klar dargetan ist, dass es auf der Erde selbst nie, besonders in geistigen Dingen hätte Standesunterschiede geben sollen. Nie hat Christus der HErr von einer geistlichen Eminenz etwas gesagt, noch weniger je etwas von einem Papst e. Alle sollen gleich sein vor Ihm, indem Er allein der HErr ist über die totale Unendlichkeit materiell und geistig.
07] Woher und wie entstanden denn sonach in der sogenannten allein wahren Kirche so ungeheure Standesunterschiede, wie sonst in der ganzen Welt nirgends, da doch das offenbare Gebot des HErrn jeden Standesunterschied zwischen Seinen Jüngern verbietet? Sehen die Eminenzen! Das bewirkte die Hölle! - Der von Oben kam, Der diente Allem, und opferte Sich für Alle, und das war Gott Jesus, der HErr der Ewigkeit Selbst! Der aber als ein schroffster Gegner des heiligsten Ersten von unten heraufkam, der will von Allen bedient sein, und macht solcher Standesunterschiede so viele, damit sein Stand desto höher erscheine und desto unerreichbarer.
Dass der HErr aus Seinen Kindern die besten und weisesten zu Königen über Sein Volk mit aller Macht ausgestattet und gesalbt hat, das wissen wir, und sind daher auch verpflichtet, diesen von Gott gesalbten Königen und Herren der Erde zu gehorchen, denn ihre Macht ist von Oben her;
08] aber die Macht, die sich die Päpste selbst usurpatorisch gegeben haben, ist nicht von Oben, sondern von Unten her; denn sie sind eben die Ersten, die die heiligsten Brudergesetze mit den Füßen zertreten; denn wer kann, wer darf sich einem Papst e gleichstellen? Wer kann, wer darf zu ihm „Lieber Bruder!" sagen? Muss nicht ein jeder Katholik den Namen des Papst es gleichwie den Gottesnamen mit der größten Hochachtung und Ehrfurcht aussprechen, und so er nach Rom käme, sich's zur allerhöchsten Gnade rechnen, zum Pantoffelkusse zugelassen zu werden? Fragt euch selbst: Wo sind da die Gebote Christi: „Ihr Alle seid Brüder, und nur Einer (Christus) ist euer HErr?"
09] Die Eminenzen werden daraus leicht ersehen, dass sie auf der Erde von der größten antichristlichen Torheit gefangen genommen worden sind, und sind in dieser Torheit denn auch Bürger der Geisterwelt geworden. Diese Ihnen noch fest anklebende Torheit ist aber auch hauptsächlich der Grund, aus dem Sie noch immer in dem Wahne leben, als wären Sie nicht gestorben. Ich aber sage Ihnen: Legen Sie ab diesen Wahn, der der heiligsten Absicht Christi des HErrn schnurgerade zuwider ist;
10] und Sie werden dann auch leicht einsehen, dass ein schlichter Messner eben so gut eine Eminenz belehren kann, wie eine Eminenz einen Messner; und ich möchte behaupten, dass ein Messner größeres Recht hat nach der heiligsten Lehre, einen Kardinal zu belehren, der so lange blind und dumm bleibt, als ihm an der großen Würde, die er widerchristlich auf der Welt begleitet hat, etwas gelegen ist.
Der Messner hingegen ist tief genug, Gottlob, unter der Würde eines Kardinals, und ist daher auch der christlichen Anforderung näher, als jeder noch so kleine Kaplan, und ungeheuer um sehr Vieles näher als eine über alles hochmütige Eminenz."
11] Sagt die Emineuz: „Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden. Das steht auch geschrieben. Versteht er das, er naseweiser Messner, er?" - Sagt der Messner: „O ja, ich verstehe das sehr gut, und habe es schon lange an mir selbst praktisch verstanden; denn bei mir war von einer Erhöhung wohl nie die Rede. So ich aber Christus rühme und Sein heilig Wort Eurer sehr unchristlichen Eminenz gegenüber, so ist das doch sicher keine Erhebung meiner selbst, sondern eine Erhebung Christi vor euren Augen. Sie lassen sich noch immer Eminenz titulieren, und wissen, dass Christus der HErr doch ewig nie eine Eminenz eingesetzt hat. Das ist eigenmächtige Selbsterhöhung, und somit ein Gräuel vor Gott. Aber ein allen Kirchenstaub schluckender Messner ist und bleibt eine Null, und das ist viel christlicher als eine Eminenz. Verstehen Sie das?"
12] Spricht der Großfungator: „Ich bitte euch, meine lieben Brüder, die ihr samt mir auf der Erde schon auf den goldenen Thronen der Himmel Gottes sitzt, gleich den zwölf heiligen Aposteln, um zu richten die Geschlechter der Erde, lasst ab, mit diesem Ketzer euch zu zanken! Ihr wisst ja, welche Macht Ihr habt. Was nützt es dem Juden, so er uns höhnt und zerlästert? Wir verdammen ihn im Konklave und er ist für ewig des Teufels. Was nützt es allen Protestanten, dass sie wider uns sind? Wir haben sie Alle verdammt, und sie sind des Teufels zeitlich und ewig. Was hat Martin Luther davon, dass er sich einer Hure wegen von uns losgemacht hat und gestiftet das Ketzertum? Millionen, die seiner Lehre wegen gefallen sind, schreien fortwährend um Rache gegen ihn, und er sitzt in der ärgsten Hölle, und verflucht fortwährend den Tag, an dem ihm das Dasein gegeben ward. Warum ist er in der Hölle? Weil wir ihn im heiligen Konklave für ewig in die Hölle verdammt haben. Kurz, was nützt es all' unseren Widersachern, dass sie wider uns sind? Sie sind Alle sämtlich von uns per Bausch und Bogen verdammt, und können daher unmöglich je in das Himmelreich gelangen.
13] So verdammen wir denn auch diesen alleranmaßendsten verfluchten Ketzer, und er solle dann nur sehen, wie er in die Himmel Gottes kommen wird. Ich sage nun in eurer Mitte: Heretice infames! Esto maledictus per omnia saecula saeculorum! Und ihr habt dazu „Amen" gesagt, und er hat schon seinen Teil in der Hölle!
Seht, so müssen wir handeln, und nicht irdisch zanken, sondern sogleich von der uns von Gott verliehenen geistigen Waffe ohne alles Bedenken bei solchen Ketzern den vollsten Gebrauch machen; dann werden wir am meisten ausrichten. Sie sollen gleichwohl auf der Welt noch herumlaufen wie herrenlose Hunde; in der anderen Welt aber werden sie in der Gesellschaft der Teufel schon zu verspüren anfangen, was die alleinseligmachende Kirche ihnen nützen hätte können, so sie ihr getreu geblieben wären, und welchen ewigen Schaden sie nun erleiden, so sie von allen Teufeln in die Hölle gezogen werden. Da werden sie dann ihre Hände nach uns ausstrecken, dass wir ihnen hilfen; wir aber werden zu ihnen sagen: Nichts da! Ihr habt uns auf der Welt nicht hören wollen, und nun hören wir euch auch nicht. Weicht von uns auf ewig, ihr Verfluchten! Dann werden sie schreien: „O helft uns, ihr heiligen Päpste, Kardinäle, Erzbischöfe und Weihbischöfe, und alle ihr heiligen Priester Gottes! Wir waren auf der Erde ja blind, und wussten nicht, was wir an euch getan haben. Nun sehen wir erst ein, was heilig Großes ihr bei Gott seid, und was für ein scheußliches und elendes Nichts wir vor euch sind. Gebt uns auf hunderttausend Jahre ins ärgste Fegefeuer; nur die Hölle, die ewig allerschrecklichste, erlasst uns!"
14] Aber dann werden wir zu ihnen sagen: Wir haben euch auf der Welt gelehrt, und ermahnt genug; wir sandten einen Hirtenbrief um den andern an euch, gaben euch um kleine Opfer, die ihr allezeit leicht hättet erschwingen können, Ablässe in Hülle und Fülle, und wiesen euch allerernstlich zu den Beichtstühlen und zur Buße; aber ihr habt uns nur ausgehöhnt, ausgelacht und beschimpft, denn ihr waret ja großenteils freie und große Herren, und tatet, was ihr gewollt habt; nun hier in der Geisterwelt vor Gott aber sind wir zu großen und allmächtigen Herren geworden, und könnten euch helfen, so wir wollten; aber wir wollen es nicht, und so will es auch Gott nicht; und somit weichet von uns, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, was den Teufeln und all' seinen ketzerischen Dienern bereitet ist. Da wird sich der Boden unter ihren Füßen öffnen und der ewige Abgrund wird sie samt den Teufeln verschlingen und ihrer Namen wird dann ewig fürder nicht mehr gedacht werden. Amen dico vobis! Seht, das tun wir; das ist unser Schild; und das haben wir auch bereits getan an diesem vermaledeiten Ketzer; er solle nur schauen, wie er der Hölle entrinnen wird."
15] Sagt darauf der Messner: „Aber ein bisschen werdet ihr ja doch handeln lassen mit euch; ich nehme ja auch ein hunderttausendjähriges Fegefeuer anstatt der ganzen Hölle; gebt mir also das Fegefeuer anstatt der Hölle. Was wird es denn sein, ob so ein Lauskerl, wie da unsereins ist, mehr oder weniger in der Hölle siedet oder bratet?" - Schreit der Großfungator: „Aha, bestia infamis infernalisque! Das Höllenfeuer fängt schon an seiner verdammten Seele zu lecken an, und das verspürt er, und möchte nun eine Erlösung von uns; aber nichts da; fort mit ihm zur Hölle und zu allen Teufeln!"
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