Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 2


10] Seht, da ist Gott und der Kaiser nebeneinandergestellt, und jeder von euch kann daraus überleicht ersehen, was er als reiner Seelenmensch dem einen und was dem andern zu geben schuldig ist.

11] Wie sich aber die beiderlei Pflichten bei und in einem und demselben Menschen verhalten, ebenso verhalten sie sich auch im weitern Sinne zwischen Mir, Gott dem Herrn, und einem weltlichen Oberhaupte, das lediglich von Mir aus irdisch bemächtigt ist und keine andere Macht hat, als die ihm von Mir, dem Herrn aller ewigen und unendlichen Macht und Kraft, verliehen ist, so oder so, süß oder bitter, nach dem Bedürfnisse der Menschen, die da sind entweder gut oder böse.

12] Solch ein weltliches Oberhaupt ist und bleibt stets eine Zuchtrute in Meiner Hand. Und jeder Mensch ist daher ihm das zu geben schuldig, was er ordentlicherweise seinem eigenen Leibe schuldet.

13] Aber was er seinem Geiste schuldet, das geht das Staatsoberhaupt nichts an. Und wenn dieses darin über seine Grenze Forderungen an die Menschen stellt, so wird es darin auch sein unvermeidliches Gericht finden.

14] So aber irgendein Monarch durch leiblichen Zwang auch den Geist der Menschen in Fesseln ziehen und ihm aus der Materie vorschreiben will, welche Gebühr er Mir, dem Herrn, zu entrichten schuldig sei, so entrichte der Aufgeforderte um des Kaisers willen auch solche, damit er ihn nicht ärgere. Aber im Herzen kehre er sich nicht daran, sondern gebe Mir im Geist und in der Wahrheit, was Mein ist, so werde Ich dann schon ein sicheres Mittel treffen, den Kaiser also zu richten, wie er es ob seiner mißbrauchten Gewalt an der Menschheit verdient hat.

15] Niemand aus den einer kaiserlichen Gewalt Untergebenen aber soll sich unterfangen, in irgend etwas den Kaiser richten zu wollen, ob er gut oder böse handelt! Denn solches habe Ich Mir ganz allein vorbehalten.

16] Alles aber, was jemand für den Kaiser tun kann aus gutem Herzen, das tue er und bete häufig für den auf eine hohe und harte Probe gestellten Bruder, so wird er im Vollmaße dem Kaiser geben, was er demselben schuldig ist, und in solcher allgemeinen Nächstenliebe auch sicher Gott, was Gottes ist.

17] Was darunter oder was darüber - ist Sünde. - Wer da aus speichelleckerischen, eigennützigen Absichten unter dem patriotischen Deckmantel den Kaiser förmlich anbetet und mit ihm eine wahre Abgötterei treibt, der sündiget, indem er dem Kaiser gibt, was allein nur Gott dem Herrn gebührt. - Wer aber dem Kaiser die geziemende Ehrfurcht versagt, ihm ungetreu dient und andere Pflichten, die der Kaiser von ihm fordert, durch allerlei Schleichwege vorenthält, der sündigt ebenfalls und gleicht einem Menschen, der gegen seinen Leib fortwährend mit ganz ernsten selbstmörderischen Ideen umgeht - wie der erstere, der dem Kaiser zuviel gibt, gleich ist einem, der an und in seinem Leibe einzig und allein den Gegenstand findet, dem er alles zuwenden muß. Da ist dann einer ein so großer Sünder wie der andere und jeglicher in seiner Art gleich.



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