Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 3


Kapitelinhalt 73. Kapitel: Zuriels Beweis für die Schmerzempfindlichkeit des Geistes. (07.07.1843)

01] Als der Herr aber solches noch kaum ausgesprochen hatte, da stand schon Zuriel strahlend vor der kleinen Sitzgesellschaft im Tempel, verneigte sich bis zum Boden vor dem Herrn und sprach dann zum Herrn:

02] »O Herr, Du großer Gott, Du liebevollster, heiliger Vater und allmächtiger Schöpfer aller Geister und Menschen aus den alten Geistern Deiner Urhimmel, die allewig waren, wie Du allewig warst über allen den Himmeln der Himmel im ewig unzugänglichen Heiligtume Deines Lichtes!

03] Du hast mich allergnädigst gerufen aus Deiner endlosen väterlichen Milde; so möchte denn auch Deine heilige Liebe mir kundtun, welch ein süßes Werk der Liebe mir zu verrichten bevorsteht!«

04] Und der Herr sagte: »Zuriel, Ich kenne deine alte Treue! Siehe aber, hier an Meiner Seite ist der Lamech, den du kennst; auf daß er dir aber ein rechter Bruder werde, so löse ihm den geistigen Teil seiner Frage, demzufolge er wohl wissen möchte, ob das vollkommene Leben auch im reinsten Geiste schmerzfähig ist oder nicht! Siehe, das ist der Grund, darum Ich dich gerufen habe; und so denn zeige solches diesem Bruder nach der Art der Geister! Amen. »

05] Als der Herr aber solches noch kaum ausgesprochen hatte, da streckte schon der Zuriel seine Hand aus, legte sie auf die Brust des Lamech und sagte dann zu ihm:

06] »Bruder, tritt nach dem allerheiligsten Willen des Herrn auf eine kurze Zeit heraus aus deinem morschen Wohnhause, und erfahre lebendig, wie es ist, das dir ein harter Glaube deucht!«

07] Und kaum waren diese Worte vom Lamech vernommen worden, so sank sein Leib schon wie der eines Sterbenden zurück, - sein Geist aber stand alsbald weißglänzend vor dem Zuriel.

08] Zuriel aber ergriff alsbald dessen Hand und drückte sie mit tüchtiger Festigkeit.

09] Der Lamech aber schrie im Geiste nun laut auf und sagte im starken Geschrei: »Aber um des Herrn willen, was tust du mit mir?! Du zerquetschst mir ja die Hand und verursachst mir einen gar entsetzlichen Schmerz!«

10] Der Zuriel aber ließ nun alsbald des Lamechs Hand aus und sagte dann zu ihm: »Bruder, du bist nun im Geiste; denn siehe, deine Wohnung ruht ohnmächtig dort an den Stufen des Altars! Wie aber hast du einen Schmerzensruf tun können, indem du doch ehedem behaupten wolltest, daß man im reinen Geiste schmerzunfähig sei?«

11] Und der Lamech erwiderte darauf dem Zuriel »O Bruder, du bist ein harter Lehrer! Ist schon die Erfahrung die beste Lehrerin, so aber hätte ich es fürwahr auch auf eine ein wenig sanftere Art begriffen, daß man im Geiste noch ums unbeschreibliche empfindlicher ist denn im Leibe!

12] Nein, für diese Lehre könnte ich mich für alle Zukunft gar schönstens bedanken; denn die Hand brennt mich noch, als hielte ich sie im glühenden Erze! O Herr, nimm mir doch den Schmerz hinweg, sonst muß ich verzweifeln!«

13] Der Zuriel aber hauchte die Hand Lamechs an, und dessen Schmerz war hinweg, und er befand sich mit dem vollsten Bewußtsein wieder in seinem Leibe.

14] Der Herr aber fragte darauf den Lamech, was er nun hielte von der Empfindsamkeit des Geistes.

15] Und der Lamech erwiderte: »O Herr, gerade das Gegenteil meiner früheren Meinung!«

16] Und der Herr erwiderte: »Mehr brauchen wir ja nicht! Wenn die Empfindung nur dem Leben angehört, so muß sie ja auch da am heftigsten sein, wo das Leben in seiner Urfülle vereint ist! Übrigens wäre ja schon im Ausdrucke,ein gefühlloser Geist' der größte Widerspruch!

17] Doch überlassen wir, das Nähere kundzugeben, dem Zuriel, darum er da ist! Und so rede du, Zuriel! Amen.«



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