Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 2


Kapitelinhalt 203. Kapitel: Tumult in der Stadt. Kisehels energische Rede an den furchtsamen Lamech und die verängstigten Hochzeitsgäste.

01] Als sie aber noch alle also fröhlich untereinander sich unterhielten über die Führungen Gottes und die Boten so manches erzählten, was höchst Liebewunderbares sich auf den Höhen zugetragen hatte, und wie der Herr unter ihnen gewandelt ist und hat sie belehrt über das ewige Leben des Geistes, und wie die Liebe im Herzen des Menschen zu Gott an und für sich eigentlichst das ewige Leben einzig und allein ausmacht, siehe, da entstand auf einmal in den Gassen der großen Stadt Hanoch ein gewaltiger Tumult! Gar bald vernahm man Stimmen, und diese lauteten: »Fluch dem Lamech, Fluch allem seinem Anhange!

02] Tod und Verderben seinem ganzen Hause; denn er hat sich auf schändliche Weise berücken lassen und hat uns alle verraten an die Gebirgsbestien!

03] Darum soll er sterben eher als wir! Schon entstürzen Scharen riesenhafter Streiter von allen Seiten her den Bergen; sie kommen, um uns zu vertilgen! - Ja, ja, um uns alle auszurotten, kommen sie erschrecklich herbei!

04] Darum aber sollst du, elender Lamech, auch eher noch unter unseren Händen büßen, dieweil du uns also schändlichst in die Hände der Mörder überantwortet hast!

05] Deine Gebirgsleibwache soll dir nun wenig mehr helfen; vernichtet mußt du sein samt deinem Anhange und samt deiner neuen Leibwache!«

06] Auf solch eine löbliche Proklamation ward der Tumult noch stärker, und eine große Menge von Rebellen fing an, in den Palast Lamechs mit Keulen und anderen Waffen zu dringen. Bald vernahm man ein starkes, vielfaches Traben, Schelten und Fluchen und Schlagen über die Treppen des Palastes; näher und näher drang solcher todbringende Tumult und Lärm.

07] Der Lamech und der Thubalkain erschraken darüber so sehr, daß sie darob beinahe aller Besinnung ledig wurden; auch die Weiber und Mägde samt dem neuen Weibe Thubalkains erschraken so allgewaltigst darüber, daß sie darob schrien und bebten.

08] Der Kisehel aber sagte darauf mit starker Stimme zum Lamech: »Bruder Lamech, was ist dir, darum du also dastehst und zagst wie einer, dem das Messer schon an die Kehle gelegt wäre?

09] O du törichter Mensch! Hast du denn nicht erfahren, wieviel dir alle deine Macht, gegen mich gehalten, genützt hat?! Mußten nicht Hunderte vor unseren Blicken wie erstarrt ihre Waffen von sich werfen, mußten sich fügen unseren Worten?!

10] So du die göttliche Kraft an uns also erfahren hast, wie magst du dich denn nun gar so entsetzen vor diesem Tumulte?!

11] Daher ermanne dich, und sei heiteren Mutes! Laß die Rebellen erst heranrücken, und wenn sie dich samt uns werden im Ernste überwältigt haben, dann erst entsetze dich! Solange aber solches mitnichten der Fall ist, so lange auch sei ruhig, und vertraue auf Gott lebendig; denn Seine Macht ist größer denn die Macht aller blinden Rebellen der Erde! - Also ermannet ihr euch alle! Amen.«

12] Nach dieser Rede fing der Lamech samt den übrigen wieder an, freier um sich zu blicken, und sagte endlich:

13] »O Freunde Zürnet mir nicht, darum ich mich in eurer Gegenwart also entsetzen mochte; es hat aber ja solch ein plötzlich entstandener Lärm schon an und für sich etwas Erschreckliches - und sicher Erschrecklicheres noch, so er begleitet ist mit solchen Drohungen! Darum ist es uns schwachen Kindern der Tiefe ja auch gar wohl zu verzeihen, so wir von einer großen Angst befallen werden bei einer solchen Gelegenheit; doch nun soll den Lamech nichts mehr erschrecken, nicht einmal der Tod selbst!

14] Denn von nun an will ich mein ganzes noch übriges Leben hindurch ein Kämpfer gegen ihn sein, und will allzeit kämpfen für die Verherrlichung des göttlichen Namens!«

15] Und der Kisehel erwiderte ihm: »Bruder, also erst gefällst du mir ganz; denn also bist du ein vollkommener Bruder zu mir! Siehe aber, die Rebellen kommen; mache dich daher auf, und ziehe allein gegen sie, und du sollst ihnen allen ein gewaltiger Sieger sein!

16] Denn sie sollen nun vor dir wie Staub und Spreu auseinanderfliehen und so denn erhebe dich! Amen.«



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