Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 2


Kapitelinhalt 69. Kapitel: Die Wirkung des an Purhal gerichteten Tadels auf die Anwesenden. Die Aufrichtung der geängsteten Gemüter durch Abedam.

01] Als aber der Purhal und all die andern solche Worte vom Abedam vernommen hatten, da wurden sie beinahe stumm, also zwar, daß es außer dem Henoch und dem Adam nahezu niemanden gab, der sich da gewagt hätte, dem Abedam auch nur mit einem Wörtchen zu begegnen, obschon der Abedam alle die Kinder überfreundlichst als der allein wahre, gute und liebevollste Vater ansah.

02] Denn fast jeder dachte bei sich: Er sieht freilich wohl unaussprechlich gut aus, aber zu trauen ist Ihm darum doch nicht; denn ehe man sich's versieht, und nur eine Hand umkehrt, so hat Er einen schon bei und an der innersten Falte des Lebens gepackt! Und solches alles ist zwar durchaus wahr aber was nützt uns alles das. Wer kann Ihm ausweichen?

03] Er meint es freilich wohl gar überaus gut mit jedem, - wenn Er aber nur nicht gar also auf das Allerreinste hinausginge, da wäre es mit Ihm schon noch zu bestehen; aber die Reinheit, die Reinheit, die ist etwas Entsetzliches!

04] Und hat man diese nicht, das heißt im vollkommensten Sinne des Wortes und der Bedeutung nach, so kann man sich Ihm schon nicht ehrlichermaßen nähern; denn Er sieht einem ja nicht auch nur den allerkleinsten Fehler im Herzen nach!

05] Aber was ist da zu machen?! Ihn kann niemand ändern, - ewig wird Er Sich gleichbleiben also rein und heilig, wie Er jetzt ist; also heißt es sich denn fügen!'

06] Der Abedam aber, der da solche Gedanken gar überaus wohl bei den Kindern gemerkt hatte, wandte sich zum Purhal und fragte ihn:

07] »Purhal, sage Mir, ob Ich dir wohl den Kopf heruntergerissen habe, da Ich dich mit den sanftesten Worten belehrt habe und habe dich allersorgfältigst gereinigt, damit du, wie alle, alsbald aufnahmefähig würdest für das ewige allerfreieste Liebeleben aus Mir!

08] Sage Mir: Ist je deines Leibes Vater also nachsichtig mit dir umgegangen wie Ich jetzt?

09] Zeige Mir den Vater unter euch der sich bei seinen Kindern nicht eifrigst der manchmal sehr scharfen Zuchtrute bedient hätte!

10] Siehe, du kennst keinen; denn du selbst bist gar lange schon ein Vater und weißt gar wohl, wie du deine Kinder erzogen hast.

11] Nun aber sage Mir, mit welcher Zuchtrute Ich nun zu euch gekommen bin! Wer ist schon erlegen unter Meinen Hieben?

12] Siehe, mit nichts denn mit Meiner allerhöchsten, überwahrhaften Vaterliebe ziehe und lehre und befreie Ich, euch, und ihr sagt bei euch in euren Herzen aber, Mir sei nicht zu trauen!

13] O ihr noch Überblinden! Wem demnach Mir nicht zu trauen ist, der Ich doch euer aller wahrhaftester, getreuester, liebevollster, sanftester und geduldigster Vater bin, - wem könnt und wollt ihr denn hernach trauen?

14] Wenn euch bei Mir, dem allerreinsten und heiligsten Vater unheimlich und ängstlich zumute wird, der Ich' doch mit den allerbesten und allervollkommenst wahrsten und allerväterlichst redlichsten Absichten aus Meiner ewigen alleruneigennützigsten Liebe zu euch erfüllt bin, wie muß es denn euch einander gegenüber, die ihr doch gegen Mich allesamt voll Argens und voll Tücken in euren Herzen seid, zumute sein, so ihr Mir gegenüber bei einer kleinen Berichtigung eines Fehlers im Herzen Purhals also entmutigt werdet?!

15] O ihr Blinden! Vor Mir, dem ewig allein lebendigen Vater, bebet ihr und werdet voll Angst, so Ich euch zu Mir und somit vom Tode ins ewige Leben erhebe;

16] Aber vor der Welt kommt euch keine Angst ins Herz, die doch an und für sich nichts ist denn ein allerbarster Tod!

17] O sehet, wie voll verkehrten Sinnes ihr noch seid!

18] Wer hat euch denn also gezeugt, daß ihr euch vor Dem fürchtet, den ihr nur über alles lieben sollt? Und was ihr aber aus allen Kräften fürchten und fliehen sollt, damit stopft ihr euch ganz behaglich eure Herzen voll!

19] Purhal, sage Mir, was Arges habe Ich dir denn dadurch zugefügt, so Ich dich gereinigt habe aus Meiner großen Liebe zu dir?!

20] Weißt du denn, was das Leben ist, und wie es beschaffen sein muß, um zu taugen für die ewige und unendliche Dauer?

21] Siehe, solches weiß wohl kein geschaffener Geist, sondern allein nur Ich, der unendliche, ewige Meister alles Lebens! So Ich euch aber als euer heiliger, liebevollster Vater nun Selbst für dieses euch ewig unergründliche Leben in Mir vollende und treibe und nehme alles, was des Todes ist, aus euch, Purhal, wie kann es da dir und allen anderen nur von ferne irgend in den Sinn kommen, als wäre Mir nicht zu trauen?!

22] Sage Mir, so Ich euch nicht helfen möchte, wer dann könnte euch wohl helfen vom Tode zum Leben?!

23] Damit Ich euch aber helfen kann und mag, ist es da nicht recht, daß Mir sogar eure geheimsten Gedanken und Begierden überklar und helle offenbar sind, und somit auch unumgänglich notwendig offenbar sein müssen, damit Ich euch allzeit zu Hilfe kommen kann, wann nur immer sich euch eine tödliche Gefahr naht?!

24] Sage Mir, Purhal, sollte Mir also darum nicht zu trauen sein?!«

25] Bei dieser Frage fing alles an zu schluchzen und zu weinen, und der Adam selbst weinte laut wie ein Kind und sagte dann, durch und durch ergriffen von Meiner großen Vaterliebe:

26] »O Du heiliger, lieber Vater Du, jetzt erst sehe ich es ganz, wie unendlich gut Du bist!

27] Wo ist der, der Dich nicht über alles, alles, alles lieben sollte können?!

28] O vergib uns Blinden diese große Unbill, die Dir jetzt von uns allen angetan wurde!«

29] Der Abedam sagte darauf: »O Kindlein, seid ruhig und ganz ohne Sorge, denn die ihr da seid in Meinem Schoße nun, von euch wird keiner verlorengehen; denn Ich, das ewige Leben Selbst, bin ja mitten unter euch und wende nun alle Gefahr des Todes von euch ab.

30] So Ich aber wieder jemanden erbauen werde gleich dem Purhal, da verliert nimmer euer Vertrauen zu Mir, sondern denket dafür in euren Herzen, daß Ich, euer aller guter, heiliger Vater, es ja bin, der Ich solches tue!

31] Kindlein, solches verstehet wohl für alle Zukunft und Ewigkeit! Amen.«



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