Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes' (Band 1)


Kapitelinhalt 143. Kapitel: Der Verlauf des Opfers. Lamechs feurige Mahnrede. Von der Sanftmut und Geduld.

01] Und der Adam dankte mit vollster Inbrunst seines Herzens dem Emanuel für die verheißene große Gnade und stellte sich wieder rückwärts auf den schon früher eingenommenen Platz.

02] Und nach dem aber trat der Henoch vor und sagte zum Emanuel: »Siehe, Emanuel Abba, der Du bist heilig, überheilg! Also wäre alles bereitet; so es Dir wohlgefällig wäre, möchte ich nun Feuer auf den Altar legen und Dir für uns alle opfern das Lamm und die Früchte.«

03] Emanuel aber entgegnete: »Henoch! Siehe, Ich bin weder hungrig, noch durstig, und du vermagst Mir mit dem Opfer keine Sättigung zu bereiten; das Mir angenehmste Opfer aber ist ein reumütiges, zerknirschtes, Mich suchendes und über alles liebendes Herz!

04] Allein, da du schon den Altar erbaut, auf ihn das Holz gelegt und das Opfer bereitet hast, so kannst du ja dasselbe darauflegen und es Mir opfern! Amen.«

05] Und der Henoch tat alles nach den Worten Emanuels und legte zuerst das Lamm lebendig über das Holz, welches noch nicht brannte, und schlachtete es auf dem Altare.

06] Es bemerkte aber der Adam, daß sich solches nicht gezieme, auf dem Altare das Blut des Lammes zu vergießen.

07] Und der Emanuel entgegnete dem Adam, sagend: »Adam Kümmere dich dessen nicht, was der Henoch tut; denn nicht dir, sondern Mir bringt er das Opfer! Und siehe, Mir ist es recht! Warum sollte es dann dich ärgern?!

08] Ich sage dir aber zum Zeichen Meines Wohlgefallens an der Opferungsweise Henochs, daß eben also der Allerhöchste dereinst dem Allerhöchsten das allerhöchste Opfer darbringen wird! Verstehe es wohl! Amen.«

09] Und der Adam entgegnete etwas verblüfft gewisserart fragend: »O Emanuel! Gibt es denn außer Dir Allerhöchstem noch einen Allerhöchsten?! Oder wie ist das zu verstehen

10] Und der Emanuel sagte: »Ich sagte, und nun sage Ich dir: Jenseits des Fleisches gibt es noch vieles Verborgene; doch in deinem Fleische wirst du solches nimmer erschauen! Denn des Fleisches Lehrerin ist die Zeit; der Geist aber wird es erkennen, wenn er wieder dahin gelangen wird, von wo er hervorgegangen ist. Amen.«

11] Nun war das Lamm geschlachtet, und der Henoch nahm Steine und rieb sie gewaltig aneinander über untergelegtem, mit trockenem Harze bestäubtem, dürrem Stroh; allein ihm, dem sonst besonders geschickten Feuermacher, wollte diesmal seine Kunst nicht gelingen, darum er alsbald hinging zum Emanuel und sagte:

12] »Herr, Abba Emanuel Siehe, ich bringe diesmal kein Feuer zuwege; o laß mich doch ein Feuer machen

13] Und der Emanuel erwiderte dem Henoch: »Siehe, Mein geliebter Henoch, so dir das Feuer nicht gehorcht, magst du ja zufrieden sein; denn es ist besser, ein Herr seines Herzens zu sein denn ein geschickter Feuerwerker! Also ist Mir auch angenehmer einer, der sein eigenes Herz zu Mir erhebt, als einer, der durch sein Wort und durch seine Feuerreden Tausende zu Mir gewendet hat, bei sich selbst aber ein kaltes Opfer geblieben ist, unter dem kein Feuer der Liebe lodert, sondern allein kalte Weisheit.

14] So du aber kein Feuer zuwege bringst, siehe, dem soll bald abgeholfen sein! Gib das Feuerzeug dem jungen kräftigen Lamech! Unter seinen kräftigeren Händen werden die Steine schon geben, was sie dir versagten; du aber bleibe bei Mir, und überlasse das Handwerk dem Lamech! Amen!

15] Und alsbald übergab Henoch überfreudig die Feuersteine dem Lamech, und dieser rieb sie also gewaltig aneinander, daß daraus alsbald eine so große Menge Feuers entstand, daß sich nicht nur davon alsogleich das Feuerstroh entzündete, sondern das Feuer ergriff auch alsbald das Holz und das Opfer, das da plötzlich in hellen Flammen aufloderte.

16] Es wunderten sich aber alle über die Geschicklichkeit des Lamech. Da aber der Lamech solches Wunderlob der Väter und des Volkes sah, wandte er sich hastig zu ihnen und sprach mit großem Eifer:

17] »O Väter und Brüder, seid ihr schon wieder von Sinnen und bringt mir ein Lob?! Wer ist denn der Emanuel? Wer hat und wer gibt da das Feuer?!

18] Wäret ihr nicht meine Väter und Brüder, wahrlich, ich möchte euch blinde Toren schelten! Gebet Dem Lob und Ehre dem solches gebührt. Wem aber gebührt alles Lob und alle Ehre? So ihr's noch nicht wissen solltet, so sage ich es euch, daß solches nur Gott allein gebührt, da Er allein heilig ist und war und sein wird ewig! Amen. Verstehet es wohl, amen!«

19] Und alsbald wendete sich Emanuel zum Lamech und sagte zu ihm: »Höre, Lamech, fast zuviel des Feuers hast du gerieben!

20] Dir wäre nicht gut Blitz und Donner anzuvertrauen; denn unter deinem Regimente möchte die Erde bald ganz verglast aussehen oder also, allwo der Sonne hellster Strahl der tieferen Bäche Sand zerschmilzt und dann ihre Ufer überzieht mit einem zwar äußerlich durchsichtigen Glase aber eben darum, dieweil es äußerlich dann das Licht aufnimmt und durchläßt, wird es unter dem Glase dann finsterer und kälter denn da, wo noch der blanke Sand seine trockene Stirne den Strahlen der Sonne darbietet. Und höre: Auf dem Glase wächst ewig keine Frucht mehr!

21] Daher nur sanft und gelassen und geduldig in allen Dingen und in jeglichem Worte und in jeglicher Tat; denn Sanftmut, Gelassenheit und Geduld sind der beste Dünger des Erdreichs! So dann jemand darein sät einen guten Samen, da wird er dann aufgehen und dir und Mir eine reichliche Ernte geben!

22] Wer aber mit Schwert und Knütteln dreinschlägt und blitzt und donnert, der verwundet und tötet nicht selten, und es wird auf seinem Acker wenig Frucht zum Vorscheine kommen.

23] Wer aber da ist allzeit voll Sanftmut, Gelassenheit und Geduld, der begießt die Pflanzen seines Ackers, so der Sonne mächtige Strahlen das Erdreich trocken machen.

24] Nun, lieber Lamech, urteile selbst, auf welchem Acker da des Segens Fülle sichtbar wird schon in kurzer Zeit!

25] Daher sei auch du allzeit sanftmütig, gelassen und geduldig gegen jedermann, so wirst du die Herzen um dich versammeln und des Lebens Segen streuen über sie! Verstehe es wohl! Amen.«


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