Jakob Lorber: 'Die geistige Sonne' (Band 2)


Kapitelinhalt 71. Kapitel: Von der Schule des Lebens im Kinderreich.

(Am 7. Sept. 1843 von 4 3/4 - 6 1/2 Uhr Nachm.)

Originaltext 1. Auflage 1870 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text nach 6. Auflage 1976 Lorber-Verlag

01] Es ist hier natürlicher Weise nicht der Platz, daß wir allda die ganze Schöpfungsgeschichte des Menschen, wie auch dessen Geschichte bis in die gegenwärtige Zeit gewisserart von Punct zu Punct darstellen sollen, sondern wir erschauen hier nur die Art und Weise, wie solches Alles unseren kleinen geistigen Zöglingen beigebracht wird.

02] Solches könnt ihr im Voraus als zur Genüge bekannt annehmen, daß hier im Reiche der vollkommenen Geister in entsprechender Weise Alles um's Unberechenbare weiser und klüger angestellt wird, um irgend einen guten Zweck zu erreichen, denn auf der Erde; und das schon aus diesem sehr einfachen Grunde, weil man hier nicht bei Eins bis in's Infinitum zu zählen anfängt, sondern man fängt hier gewisserart beim Infinitum an, und zählt von da bis auf Eins zurück, oder was eben dasselbe ist, man geht hier nicht von Innen nach Außen, sondern von Außen nach Innen; was freilich wohl auch auf der Erde der beste Weg wäre, wenn die Menschen nicht so eitel thöricht und dumm wären.

03] Aber da die Menschen auf der Erde nur nach den nichtigsten und eitelsten Dingen streben, auf den Herrn nur so lange glauben und vertrauen, (wohlgemerkt beim besten Maßstabe der Menschen) so lange ihnen leiblicher Maßen nichts abgeht; kommt aber eine geringe Versuchung, da fallen sie sobald in ihre alten Zweifel zurück, und werfen sich statt dem Herrn nur einer wenig nützenden und sehr schlecht helfenden Welt in die Arme. Also sind schon die besten Menschen beschaffen; woraus aber erhellet, daß ihr Sinn durchaus nicht nach Innen, sondern nur nach Außen gekehrt ist.

04] Wo aber der Glaube, das Vertrauen und die Liebe zum Herrn so überaus höchst dürftig bestellt, ist, da läßt sich freilich wohl keine ähnlich geistige Bildung erwarten, in welcher der Mensch in einer Minute einen größeren Fortschritt machen würde, als auf die gewöhnliche, höchst elende weltliche Weise in zwanzig Jahren; ja manchmal sogar kaum in hundert, wenn das menschliche Leben überhaupt so lange dauern würde.

05] Es sind aber alle Menschen vom Herrn aus darauf angewiesen, keine andere, als diese nur alleinige Bildung anzunehmen; aber sie lassen die heilige Schule des Lebens ruhen, und wissen überhaupt nicht, was sie aus ihr machen sollen, und plagen sich dafür lieber ihr ganzes Leben lang mit nichtigen Erkenntnissen der todten Natur und ihrer Verhältnisse, und wenn sie sich dann am Ende ihres Lebens fragen: Was Wichtiges und Großes haben wir nun wohl erreicht durch unser mühsames Studium? So wird ihnen ihr eigenes Gefühl die Antwort geben: Wir haben es so weit gebracht, daß wir jetzt im allerwichtigsten Momente unseres Lebens im Ernste nicht einmal wissen, ob wir Männlein oder Weiblein sind; und wissen nicht, ob wir jetzt noch ein Leben zu erwarten haben, oder keines.

06] Sind Himmel, Hölle und Geisterwelt-Mährchen erfunden von arbeitsscheuen Klosterhockern; oder sollte wohl etwas daran sein? - Ist nichts daran, was ist dann und was wird dann mit uns? - Ist aber Etwas daran, wo kommen wir dann hin, aufwärts oder abwärts?

07] Sehet, das sind die sicheren Früchte weltlicher äußerer Gelehrtheit. - Man wird freilich sagen: Wenn das schon der Gelehrtheit Früchte sind, welche Früchte werden dann diejenigen Menschen haben, die sowohl auf dem Lande, wie auch in den Städten nicht viel vernünftiger emporwachsen, als das Vieh auf der Weide, und das Gethier in den Wäldern? Hier sage ich euch nichts, als was der Herr Selbst gesprochen hat:

08] „Wer da nicht wiedergeboren wird in seinem Geiste, der wird nicht in das Reich der Himmel oder des ewigen Lebens eingehen!

09] Zur Erlangung der Wiedergeburt der Geister aber ist die Beobachtung derjenigen heiligen Schule des Lebens in all' ihren Theilen nothwendig, welche der große heilige Meister alles Lebens aus Seinem eigenen heiligen Munde den Menschen der Erde geprediget und sie besiegelt hat mit Seinem eigenen Blute!

10] Wer diese Schule nicht zur Hand nehmen will also werkthätig, wie es in der Schule angezeigt ist, der muß sich nur selbst zuschreiben, wenn er dadurch das Leben seines Geistes verwirkt.

11] Das ist aber doch wohl sicher, daß ein jeder noch so einfache Besitzer irgend eines Gutes wissen muß und auch wissen wird, daß er für's Erste ein Besitzer eines wie immer gestalteten.Gutes ist, und wird für's Zweite wissen, was für ein Gut und von welchem Werthe er es besitzt.

12] So ihm Jemand wird wollen sein Besitzthum streitig machen, dem wird er sicher einen derben Proceß an den Hals hängen; warum denn? Weil er ganz bestimmt weiß, daß er ein Besitzer ist, und weiß, was er besitzt. -

13] So aber daneben Jemand ist Besitzer des ewigen Lebens im Geiste, saget, kann dieser wohl fragen, ob seine Seele und Geist mit dem Leben des Leibes vergehen wird oder nicht? - Wer da fragt: Wie, wann und was, woher und wohin? - Der ist sicher kein Besitzer des ewigen Lebens, sondern ist nichts als ein feiler Lohnknecht der Welt, und fürchtet sich über Alles, das Leben seines Leibes zu verlieren; warum denn? Weil er kein anderes kennt.

14] Diejenigen aber, welche da sind und ehedem waren wahre Schüler aus der Schule des Herrn zum ewigen Leben, verachteten den Tod des Leibes und harrten mit großer Freude und Wonne nur der völligen Auflösung der schweren äußeren Lebensbande der Welt. Sie bezeugten die Wahrheit der Schule des Lebens aus dem Herrn als Märtyrer mit ihrem Blute.

15] Suchet in der gegenwärtigen Zeit die Märtyrer! - Es giebt wohl hier und da recht wackere Vertheidiger der heiligen Schule des Lebens aus Christo, dem Herrn; - aber diese Vertheidiger gleichen den Hühnern auf dem Baume, die sich über den unter ihnen herumtanzenden Fuchs lustig machen, weil ihnen ihr Instinkt sagt, daß ihr Feind ihnen also nicht auf die Haut kommen kann, sind aber die Hühner am Boden, und der Fuchs kommt unter sie, da ist es mit dem „Sichlustigmachen" über den Feind gar, und die Todesangst nöthigt unsere tapferen befiederten Helden zur schleunigsten Flucht.

16] Also ist es heut zu Tage auch der Fall mit der Glaubensstärke; - so lange sich Jemand in irgend einem Erdwinkel sicher weiß vor den Krallen herrsch- und habsüchtiger Großen der Welt, so lange auch redet er gleich einem Moses auf Sinai; haben aber diese großen und mächtigen Freunde der Welt und Feinde der Wahrheit unseren Moses aufgespürt, und machen Miene, ihn auf eine weltlich höchst unangenehme Weise in Empfang zu nehmen, dann sieht unser Wahrheitsprediger Nro. 1, ob nicht irgend ein Pförtchen zum Entwischen noch offen steht. Sollte dieses verrammt sein, dann wird bei strenger weltlicher Prüfung von Seite des stark bedrohten Propheten diejenige muthige Maßregel ergriffen, welche euerer Wissenschaft nach der sternkundige Copernicus ergriffen hatte, als er vor sich den Scheiterhaufen zu seinem nicht geringen Troste erblickte; oder wie auch manche wirklich fromme Menschen in Spanien zu den löblichen Zeiten der Inquisition gethan haben, da sie auch lieber wollten so manche vom Herrn selbst ihnen mitgetheilte Lehren verbrennen, als über sich selbst eine bedeutende Unannehmlichkeit kommen lassen.

17] Jedoch das sind immer noch an und für sich lobens- und achtenswerthe Menschen; denn in sich selbst sind sie dennoch von der Wahrheit überzeugt; nur nach Außen hin haben sie nicht Muth dieselbe zu bekennen.

18] Der Herr hat aber da freilich wohl gesagt: „Wer Mich bekennen wird vor der Welt, den werde auch Ich bekennen vor Meinem Vater;" oder anders gesagt: Wer mich wahrhaft in seinem Geiste wird aufgenommen haben, der wird Mich auch bekennen in der Fülle der Kraft der Wahrheit in ihm vor aller Welt; Ich aber werde ihn darum auch erkennen in der Fülle Meiner Liebe als Vater.

19] Wenn aber die Sache sich also ausspricht, so wird daraus sicher nichts Anderes zum Vorschein kommen, als für's Erste, wie es da lautet im Worte des Herrn: „Viele sind berufen; aber Wenige auserwählt!" - oder verdeutlicht gesprochen: es werden zwar Viele jenseits das ewige Leben erlangen; aber nur ganz Wenigen wird das große Glück zu Theil werden, als Kinder ins eigentliche Vaterhaus aufgenommen zu werden; denn die Erlangung dieser Gnade kostet Gewalt; und die es nicht mit Gewalt an sich reißen, die werden es nicht bekommen.

20] Aber auf einer anderen Seite heißt es wohl auch: „Mein Joch ist sanft und Meine Bürde ist leicht." - Diese Stelle mag Denjenigen zum Troste gereichen, welche die Wahrheit wohl in sich überzeugend haben, aber dabei dennoch auch so viel Welt, daß sie ihnen den Muth benimmt, die Wahrheit offen vor der Welt zu bekennen. Diese haben dann wirklich an der In ihnen vorhanden seienden Wahrheit des ewigen Lebens ein sanftes Joch und eine leichte Bürde; diejenigen Wenigen aber, welche alles Weltliche aus sich verbannt haben, überkommen dann den Geist der Kraft und Stärke, fürchten keine Welt mehr, bekennen die ewig lebendige Wahrheit in ihnen offen, und reißen durch die Gewalt ihres Glaubens und ihrer Liebe zum Herrn das Haus des Vaters an sich.

21] Solches aber möget ihr auch daraus ersehen, wenn da irgend ein Familienvater hätte sein Gut auf dem Lande, und hätte aber dabei auch mehrere recht brave Dienstboten nebst seinen Kindern. Wenn aber Diebe und Räuber in das Haus einbrechen, da werden die Dienstboten sich vor Furcht und Angst verkriechen; aber die erwachsenen Söhne werden mit aller Kraft, mit allem Muthe die frevelnden Räuber und Diebe ergreifen und das Leben des Vaters und der Mutter mit ihrem Muthe und mit ihrer Kraft schützen.

22] Sind die Dienstboten darum schlecht, weil sie sich verkrochen haben? - Nein, das sind sie eben nicht; aber sie sind schwache, wenig belebte und somit muthlose Wesen. - Aber die Kinder haben das Leben des Vaters in ihrem Grunde; daher ist ihnen auch nichts so heilig als dasselbe. Sollen sie aber, die Dienstboten nämlich, für's Verkriechen belohnt werden? - Ich meine, man braucht kein Jurist zu sein, um einzusehen, daß man in diesem Falle für's ängstliche Verkriechen sich keines Lohnes werth gemacht hat.

23] Solches aber steht ja auch im Worte des Lebens: „Wer viel säen wird, der wird auch viel ernten, und wer wenig säen wird, wird auch wenig ernten."

24] Ich meine, und aus diesem bisher Gesagten wird es eben nicht so schwer sein zu erkennen, daß sich die Menschen auf dem Wege ihrer jetzigen Weltschulen eben nicht zu viel des ewigen Lebens werden eigen gemacht haben; und die überaus magere Aussaat wird auch eine eben so überaus magere Ernte zur Folge haben.

25] Darum aber zeige ich euch auch nach dem Willen des Herrn die lebendigen Kinderschulen in der Sonne, auf daß ihr daraus entnehmen möchtet, wie man auch eigentlich auf der Welt die Schule des Lebens handhaben sollte; - und wir stehen nun in dem Saale, wo wir nächstens die Schöpfungsgeschichte des Menschen, und seine weitere Geschichte auf der Erde und den geistigen Zustand derselben werden erkennen lernen.

01] Es ist hier natürlicherweise nicht der Platz, daß wir die ganze Schöpfungsgeschichte des Menschen, wie auch dessen Geschichte bis in die gegenwärtige Zeit gewisserart von Punkt zu Punkt darstellen sollen, sondern wir erschauen hier nur die Art und Weise, wie solches alles unseren kleinen geistigen Zöglingen beigebracht wird.

02] Solches könnt ihr im voraus als zur Genüge bekannt annehmen, daß hier im Reiche der vollkommenen Geister in entsprechender Weise alles ums Unberechenbare weiser und klüger angestellt wird, um irgendeinen guten Zweck zu erreichen, als auf der Erde. Das geschieht schon aus diesem sehr einfachen Grunde, weil man hier nicht bei eins bis ins Infinitum zu zählen anfängt, sondern man fängt hier gewisserart beim Infinitum an und zählt von da bis auf eins zurück, oder was ebendasselbe ist man geht hier nicht von innen nach außen, sondern von außen nach innen; was freilich wohl auch auf der Erde der beste Weg wäre, wenn die Menschen nicht so eitel töricht und dumm wären.


03] Aber da die Menschen auf der Erde nur nach den nichtigsten und eitelsten Dingen streben, so glauben und vertrauen sie dem Herrn nur so lange (wohlgemerkt beim besten Maßstabe der Menschen), solange ihnen leiblichermaßen nichts abgeht. Kommt aber eine geringe Versuchung, da fallen sie sobald in ihre alten Zweifel zurück und werfen sich statt dem Herrn nur einer wenig nützenden und sehr schlecht helfenden Welt in die Arme. Also sind schon die besten Menschen beschaffen; woraus aber erhellet, daß ihr Sinn durchaus nicht nach innen, sondern nur nach außen gekehrt ist.

04] Wo aber der Glaube, das Vertrauen und die Liebe zum Herrn so überaus höchst dürftig bestellt sünd, da läßt sich freilich wohl keine ähnliche geistige Bildung erwarten, in welcher der Mensch in einer Minute einen größeren Fortschritt machen würde als auf die gewöhnliche, höchst elende weltliche Weise in zwanzig Jahren, ja manchmal sogar kaum in hundert, wenn das menschliche Leben überhaupt so lange dauern würde.

05] Es sind zwar alle Menschen vom Herrn aus darauf angewiesen, keine andere als diese nur alleinige Bildung anzunehmen, aber sie lassen die heilige Schule des Lebens ruhen, wissen überhaupt nicht, was sie aus ihr machen sollen, und plagen sich dafür lieber ihr ganzes Leben lang mit nichtigen Erkenntnissen der toten Natur und ihrer Verhältnisse. Und wenn sie sich dann am Ende hres Lebens fragen: Was Wichtiges und Großes haben wir nun wohl erreicht durch unser mühsames Studium? so wird ihnen ihr eigenes Gefühl die Antwort geben: Wir haben es so weit gebracht, daß wir jetzt im allerwichtigsten Momente unseres Lebens im Ernste nicht einmal wissen, ob wir Männlein oder Weiblein sind; und wissen nicht, ob wir jetzt noch ein Leben zu erwarten haben oder keines.

06] Sind Himmel, Hölle und Geisterwelt Märchen, erfunden von arbeitsscheuen Klosterhockern; oder sollte wohl etwas daran sein? Ist nichts daran, was ist dann und was wird dann mit uns? Ist aber etwas daran, wo kommen wir dann hin, aufwärts oder abwärts?

07] Seht, das sind die sicheren Früchte weltlicher äußerer Gelehrtheit. Man wird freilich sagen: Wenn das schon der Gelehrtheit Früchte sind, welche Früchte werden dann diejenigen Menschen haben, die sowohl auf dem Lande wie auch in den Städten nicht viel vernünftiger emporwachsen als das Vieh auf der Weide und das Getier in den Wäldern? Hier sage ich euch nichts, als was der Herr Selbst gesprochen hat:

08] Wer da nicht wiedergeboren wird in seinem Geiste, der wird nicht in das Reich der Himmel oder des ewigen Lebens eingehen!«

09] Zur Erlangung der Wiedergeburt des Geistes aber ist die Beobachtung derjenigen heiligen Schule des Lebens in all ihren Teilen notwendig, welche der große heilige Meister alles Lebens aus Seinern eigenen heiligen Munde den Menschen der Erde gepredigt hat und sie besiegelt hat mit Seinem eigenen Blute!

10] Wer diese Schule nicht zur Hand nehmen will also werktätig, wie es in der Schule angezeigt ist, der muß sich nur selbst zuschreiben, wenn er dadurch das Leben seines Geistes verwirkt.

11] Das ist aber doch wohl sicher, daß ein jeder noch so einfache Besitzer irgendeines Gutes wissen muß und auch wissen wird, daß er fürs erste ein Besitzer eines wie immer gestalteten Gutes ist, und wird fürs zweite wissen, was für ein Gut und von welchem Werte er besitzt.

12] So ihm jemand wird wollen sein Besitztum streitig machen, dem wird er sicher einen derben Prozeß an den Hals hängen; warum denn? Weil er ganz bestimmt weiß, daß er ein Besitzer ist, und weiß, was er besitzt.

13] So aber daneben jemand ist Besitzer des ewigen Lebens im Geiste, sagt, kann dieser wohl fragen, ob seine Seele und Geist mit dem Leben des Leibes vergehen werden oder nicht? Wer da fragt: Wie, wann und was, woher und wohin? der ist sicher kein Besitzer des ewigen Lebens, sondern ist nichts als ein feiler Lohnknecht der Welt und fürchtet sich über alles, das Leben seines Leibes zu verlieren; warum denn? Weil er kein anderes kennt.

14] Diejenigen aber, welche da sind und ehedem waren wahre Schüler aus der Schule des Herrn zum ewigen Leben, verachteten den Tod des Leibes und harrten mit großer Freude und Wonne nur der völligen Auflösung der schweren äußeren Lebensbande der Welt. Sie bezeugten die Wahrheit der Schule des Lebens aus dem Herrn - als Märtyrer mit ihrem Blute.

15] Suchet in der gegenwärtigen Zeit die Märtyrer! - Es gibt wohl hie und da recht wackere Verteidiger der heiligen Schule des Lebens aus Christo, dem Herrn, aber diese Verteidiger gleichen den Hühnern auf dern Baume, die sich über den unter ihnen herumtanzenden Fuchs lustig machen, weil ihnen ihr Instinkt sagt, daß ihr Feind ihnen also nicht auf die Haut kommen kann. Sind aber die Hühner am Boden und der Fuchs kommt unter sie, da ist es mit dem »Sichlustigmachen über den Feind gar, und die Todesangst nötigt unsere tapferen befiederten Helden zur schleunigsten Flucht.

16] Also ist es heutzutage auch der Fall mit der Glaubensstärke. Solange sich jemand in irgendeinem Erdwinkel sicher weiß vor den Krallen herrsch- und habsüchtiger Großen der Welt, so lange auch redet er gleich einem Moses auf Sinai. Haben aber diese großen und mächtigen Freunde der Welt und Feinde der Wahrheit unseren Moses aufgespürt und machen Miene, ihn auf eine weltlich höchst unangenehme Weise in Empfang zu nehmen, dann sieht sich unser Wahrheitsprediger um, ob nicht irgendein Pförtchen zum Entwischen noch offensteht. Sollte dieses verrammt sein, dann wird bei strenger weltlicher Prüfung von seiten des stark bedrohten Propheten diejenrge mutige Maßregel ergriffen, welche eurer Wissenschaft nach der sternkundige Kopernicus ergriffen hatte, als er vor sich den Scheiterhaufen zu seinem nicht geringen Troste erblickte; oder wie auch manche wirklich fromme Menschen in Spanien zu den löblichen Zeiten der Inquisition getan haben, da sie auch lieber wollten so manche vom Herrn Selbst ihnen mitgeteilte Lehren verbrennen, als über sich selbst eine bedeutende Unannehmlichkeit kommen lassen.

17] Jedoch das sind immer noch an und für sich lobens- und achtenswerte Menschen, denn in sich selbst sind sie dennoch von der Wahrheit überzeugt, nur nach außen hin haben sie nicht Mut, dieselbe zu bekennen.

18] Der Herr hat aber da freilich wohl gesagt: »Wer Mich bekennen wird vor der Welt, den werde auch Ich bekennen vor Meinern Vater!« oder anders gesagt: Wer mich wahrhaft in seinem Geiste wird aufgenomen haben, der wird Mich auch bekennen in der Fülle der Kraft der Wahrheit in ihm vor aller Welt; Ich aber werde ihn darum auch erkennen in der Fülle Meiner Liebe als Vater.

19] Wenn aber die Sache sich also ausspricht, so wird daraus sicher nichts anderes zum Vorschein kommen, als fürs erste, wie es da lautet im Worte des Herrn: »Viele sind berufen, aber wenrge auserwählt!« - oder verdeutlicht gesprochen: Es werden zwar viele jenseits das ewige Leben erlangen, aber nur ganz wenigen wird das große Glück zuteil werden, als Kinder ins eigentliche Vaterhaus aufgenommen zu werden. Denn die Erlangung dieser Gnade kostet Gewalt; und die es nicht mit Gewalt an sich reißen, die werden es nicht bekommen.

20] Aber auf einer andern Seite heißt es wohl auch: »Mein Joch ist sanft und Meine Bürde ist leicht.« - Diese Stelle mag denjenigen zum Troste gereichen, welche die Wahnheit wohl in sich überzeugend haben, aber dabei dennoch auch so viel Welt, daß sie ihnen den Mut benimmt, die Wahrheit offen vor der Welt zu bekennen. Diese haben dann wirklich an der in ihnen vorhanden seienden Wahrheit des ewigen Lebens ein sanftes Joch und eine leichte Bürde. Diejenigen wenigen aber, welche alles Weltliche aus sich verbannt haben, überkommen dann den Geist der Kraft und Stärke, fürchten keine Welt mehr, bekennen die ewig lebendige Wahrheit in ihnen offen und reißen durch die Gewalt ihres Glaubens und ihrer Liebe zum Herrn das Haus des Vaters an sich.

21] Solches aber möget ihr auch daraus ersehen, wenn da irgendein Familienvater hätte sein Gut auf dem Lande und hätte dabei auch mehrere recht brave Dienstboten nebst seinen Kindern. Wenn aber Diebe und Räuber in das Haus einbrechen, da werden die Dienstboten sich vor Furcht und Angst verkriechen; aber die erwachsenen Söhne werden mit aller Kraft mit allem Mute die frevelnden Räuber und Diebe ergreifen und das Leben des Vaters und der Mutter mit ihrem Mute und mit ihrer Kraft schützen.

22] Sind die Dienstboten darum schlecht, weil sie sich verkrochen haben? Nein, das sind sie eben nicht; aber sie sind schwache, wenig belebte und somit mutlose Wesen. Aber die Kinder haben das Leben des Vaters in ihrem Grunde; daher ist ihnen auch nichts so heilig als dasselbe. Sollten sie aber, die Dienstboten nämlich, fürs Verkriechen belohnt werden? Ich meine, man braucht kein Jurist zu sein, um einzusehen, daß man in diesem Falle fürs ängstliche Verkriechen sich keines Lohnes wert gemacht hat.


23] Solches aber steht ja auch im Worte des Lebens: »Wer viel säen wird, der wird auch viel ernten, und wer wenig säen wird, wird auch wenig ernten.«

24] Ich meine, daß aus diesem bisher Gesagten es eben nicht so schwer zu erkennen sein wird, daß sich die Menschen auf dem Wege ihrer jetzigen Weltschulen eben nicht zu viel des ewigen Lebens werden zu eigen gemacht haben; und die überaus magere Aussaat wird auch eine ebenso überaus magere Ernte zur Folge haben.

25] Darum aber zeige ich euch auch nach dem Willen des Herrn die lebendigen Kinderschulen in der Sonne, auf daß ihr daraus entnehmen möchtet, wie man eigentlich auch auf der Erde die Schule des Lebens handhaben sollte! - Wir stehen nun in dem Saale, wo wir nächstens die Schöpfungsgeschichte des Menschen und seine weitere Geschichte anf der Erde und den geistigen Zustand derselben werden erkennen lernen.

Home  |    Inhaltsverzeichnis  |   Werke Lorbers