Jakob Lorber: 'Die geistige Sonne' (Band 1)


Kapitelinhalt 77. Kapitel: Komödienspiel im 'Klosterhimmel'. Die Riesentafel und Weltenverspeisung.

(Am 20. März 1843, von 4 1/4 bis 5 1/2 Uhr Abends.)

Originaltext 1. Auflage 1870 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text nach 6. Auflage 1975 Lorber-Verlag

01] Sehet, die Tafeldecker sind schon hier, und zwar ein jeder für sich in einer gleichen Ausdehnung, wie unser erster Coulissenheld. Sehet, wie vier solche Tafeldecker den eben nicht gar zu zierlichen Tisch Abrahams mit einem Tischtuche überdecken, welches der Erscheinlichkeit nach groß genug wäre, um euer ganzes Planetensystem sammt der Sonne gleich einigen unbedeutenden Aepfeln einzubinden, und zu Markte zu tragen. Nun werden aber Früchte auf den Tisch gelegt, bestehend aus euch der Form nach bekannten Erd-Obstarten, als: Birnen, Aepfeln, Pflaumen u. dgl. m.; auch wird eine Art Brod hinzugelegt, und bei jedem Theile, welcher bestimmt ist für eine Person, auch ein Becher, welcher der Erscheinlichkeit nach ungefähr die dreifache Portion des Erdmeeres fassen dürfte. Ihr fraget, wie Solches doch wohl um des Herrn willen möglich ist.

02] Ich aber sage euch: Den Geistern unter sich ist Solches gar leicht möglich; denn Solches werdet ihr schon oft bei euch erfahren haben, so ihr euere Phantasie nur ein wenig gebrauchen wolltet, daß es euch ein Leichtes war und noch ist, sich z. B. die Gestalt irgend eines euch wohlbekannten Thieres oder eines anderen Dinges in einem so ungeheuer vergrößerten Maßstabe vorzustellen, daß ihr euch darob am Ende beinahe selbst entsetzen mußtet. - Nun sehet, was euch auf der Erde bloß in der Phantasie eures Geistes möglich war, und jedem Menschen möglich ist in seiner Art, das ist hier im Reiche der Geister auch jedem Geiste der Erscheinlichkeit nach möglich. Solche Erscheinungen aber werden hier Trugkünste genannt, deren sich vorzugsweise die bösen Geister bedienen, wenn sie irgend eine geheime Tücke ausführen wollen. - Da aber auch diese Geister in Falschem und daraus auch in so manchem Argen sind, so können sie sich auch einer freilich wohl mehr unschädlichen Trugkunst bedienen, um damit uns als vermeintliche Feinde zu erschrecken; allein so sie sich gar bald überzeugen werden, daß wir uns vor ihrem Truge nicht entsetzen, da wird auch ihre Kunst gar schnell wieder in ihren vorigen Stand zusammenschrumpfen, und sie werden dann zu keiner zweiten mehr ihre Zuflucht nehmen.

03] Und nun sehet hin; die Gäste kommen schon von allen Seiten her an den Tisch, und greifen mit ihren übermäßigen Riesenhänden nach den kolossalen Früchten und führen dieselben zum schaudererregenden Munde, welcher der Erscheinlichkeit nach groß genug ist, um beinahe eine Erde gleich einer Erdbeere aufzunehmen. Ihr wundert euch aber nun, wie für euer Auge Solches möglich ist, diese phantastische Trngerscheinung bei all' ihrer entsetzlichen Größe mit der größten Leichtigkeit zu überschauen? Solches kommt daher, weil diese erscheinliche Größe für's Erste durchaus keine Größe ist, sondern nur ein Trug; wir aber sind vom Herrn aus im hellsten Lichte; daher kann sich vor uns auch nichts so groß darstellen in seiner Trüglichkeit, daß wir es nicht vermöchten alsogleich in all' seinen falschen Theilen mit einem Blicke zu überschauen. Zudem hat für's Zweite Solches auch noch einen andern Grund, und dieser ist folgender, daß diesen Geistern gegenüber auch unsere erscheinliche Gestalt in der Fülle der Wahrheit sich eben in dem Maße vergrößert, als sich da vergrößert dieser Geister Trugsinn. Solches ist somit also zu verstehen.

04] Nun aber habet Acht auf das uns schon bekannte theatralische Trughimmels-Podium. Sehet, wie hinter den Wolken nun eine Menge geharnischter Riesenkrieger hervortritt, und wie der Anführer mit einem Kruzifixe vorausgeht, welches in eben dem Maße kolossal ist, als der dasselbe tragende Anführer selbst. - Aber nun habet auf eine noch andere Erscheinung dabei Acht; denn sehet, so eben wird der Riesen-Christus vom Kreuze herab auf uns zu reden anfangen; höret, er redet schon, und spricht zu uns: Hinaus aus dem Himmel mit euch Verfluchten; denn ihr habt allzeit dem hl. Geiste meiner allein seligmachenden römisch-katholischen Kirche widerstrebt, und waret allzeit mir über Alles verhaßte Ketzer. Daher hinaus mit euch in die äußerste Finsterniß; denn für euch ist hier in dem Himmel kein Platz, und ich habe euch noch nie erkannt. Zwinget mich nicht Gewalt zu brauchen; denn werde ich Solches thun müssen, da wird die unterste Hölle euer Antheil sein. - Wenn ihr ehedem meinem Apostel Petrus nicht geglaubt habt, so werdet ihr doch mir glauben, so ich vom Kreuze zu euch rede!

05] Ihr staunet hier wohl ein wenig; ich aber sage euch: Laßt euch von dieser Erscheinung nicht bestechen. Denn sehet, das Kreuz und die Figur auf demselben ist hohl; der Träger aber, wie ihr leicht bemerken könnt, hält das Kreuz auf seinen Mund und redet in dasselbe durch eine Oeffnung, welche sich dann im Munde der Christusfigur am Kreuze ausmündet. Darum kommt die Stimme auch wie aus dem Munde des Heilandes am Kreuze hervor, und ist somit ebenfalls ein eitel bösartiger Trug, weil dadurch das Menschliche des Herrn gestaltlich zu einem Trugmittel gebraucht wird; aber dessen ungeachtet ist dieser Trug nicht völlig grundböse, da dem handelnden Anführer ein grundböser Wille mangelt.

06] Ihr sehet auch, daß er sich eben nicht zu weit mit seinem redenden Kruzifix vorwärts getraut; und das ist schon ein Zeichen, daß ihm diese Kunst keinen großen Segen bringen wird, daher kehrt er sich nun zu den Kriegern, und giebt ihnen einen Wink, durch ein gewaltiges Geschrei zu schrecken zu versuchen. Und so denn fangen sie auch an, große Bewegungen zu machen und mit ihren Schwertern gewaltig an einander zu schlagen, und machen Miene, als wenn sie gegen uns ziehen wollten; allein sie bemerken auch, daß wir uns durchaus nicht erschrecken wollen, und so ziehen sie auch sammt dem Anführer wieder hinter die Coulissen zurück. Unsere Tafelgäste sehen auch, daß wir uns vor ihrer großartigen Mahlzeit nicht zu sehr entsetzen; daher fängt auch Einer nach dem Andern an, sich von der Tafel zu verlieren. Aber noch ist die Komödie nicht aus; sogleich wird ein zweiter Act beginnen, und wer da von euch ein Zoolog ist, der wird an diesem Acte viel Interesse finden; denn ich sage euch voraus, unsere Himmelbewohner werden jetzt das Aeußerste wagen und sich uns als allerlei riesige Thiere vorstellen. Wir aber wissen Solches; daher werden wir uns auch vor ihnen in solchem Zustande Nicht erschrecken.

01] Seht, die Tafeldecker sind schon hier, und zwar ein jeder für sich in einer gleichen Ausdehnung wie unser erster Kulissenheld. Seht, wie vier Tafeldecker den eben nicht gar zu zierlichen Tisch Abrahams mit einem Tischtuche überdecken, welches der Erscheinlichkeit nach groß genug wäre, um euer ganzes Planetensystem samt der Sonne gleich einigen unbedeutenden Äpfeln einzubinden und zu Markte zu tragen. Nun werden aber Früchte auf den Tisch gelegt, bestehend aus euch der Form nach bekannten Erd-Obstarten als: Birnen, Äpfel, Pflaumen u. dgl. m.; auch wird eine Art Brot hinzugelegt, und bei jedem Teile, welcher bestimmt ist für eine Person, auch ein Becher, welcher der Erscheinlichkeit nach ungefähr die dreifache Portion des Erdmeeres fassen dürfte. Ihr fragt, wie solches doch wohl um des Herrn willen möglich ist.

02] Ich aber sage euch: Den Geistern unter sich ist solches gar leicht möglich; denn das werdet ihr schon oft bei euch erfahren haben, so ihr eure Phantasie nur ein wenig gebrauchen wolltet; daß es euch ein Leichtes war und noch ist, sich z. B. die Gestalt irgendeines euch wohlbekannten Tieres oder eines anderen Dinges in einem so ungeheuer vergrößerten Maßstabe vorzustellen, daß ihr euch darob am Ende beinahe selbst entsetzen mußtet. Nun seht, was euch auf der Erde bloß in der Phantasie eures Geistes möglich war und jedem Menschen möglich ist in seiner Art, das ist hier im Reiche der Geister auch jedem Geiste der Erscheinlichkeit nach möglich. Solche Erscheinungen aber werden hier »Trugkünste« genannt, deren sich vorzugsweise die bösen Geister bedienen, wenn sie irgendeine geheime Tücke ausführen wollen. Da aber auch diese Geister in Falschem und daraus in so manchem Argen sind, so können sie sich freilich wohl auch einer mehr unschädlichen Trugkunst bedienen, um damit uns als vermeintliche Feinde zu erschrecken. Allein, so sie sich bald überzeugen werden, daß wir uns vor ihrem Truge nicht entsetzen, da wird auch ihre Kunst gar schnell wieder in ihren vorigen Stand zusammenschrumpfen, und sie werden dann zu keiner zweiten mehr ihre Zuflucht nehmen.

03] Und nun seht hin; die Gäste kommen von allen Seiten her an den Tisch, greifen mit ihren übermäßigen Riesenhänden nach den kolossalen Früchten und führen dieselben zu dem schaudererregenden Munde, welcher der Erscheinlichkeit nach groß genug ist, um beinahe eine Erde gleich einer Erdbeere aufzunehmen. Ihr wundert euch aber nun, wie für euer Auge solches möglich ist, diese phantastische Trugerscheinung bei ihrer entsetzlichen Größe mit der größten Leichtigkeit zu überschauen? Solches kommt daher, weil diese erscheinliche Größe fürs erste durchaus keine Größe ist, sondern nur ein Trug. Wir aber sind vom Herrn aus im hellsten Lichte, daher auch kann sich vor uns in seiner Trüglichkeit nichts so groß darstellen, daß wir es nicht sogleich in all seinen falschen Teilen mit einem Blicke zu überschauen vermöchten. Zudem hat fürs zweite solches auch noch einen andern Grund, und dieser ist, daß diesen Geistern gegenüber auch unsere erscheinliche Gestalt in der Fülle der Wahrheit sich eben in dem Maße vergrößert, als sich da vergrößert dieser Geister Trugsinn. Solches ist somit also zu verstehen.

04] Nun aber habet acht auf das uns schon bekannte theatralische Trughimmels-Podium. Sehet, wie nun eine Menge geharnischter Riesenkrieger hinter den Wolken hervortritt und wie der Anführer mit einem Kruzifixe vorausgeht, welches in eben dem Maße kolossal ist, als der es tragende Anführer selbst. Aber nun habet auf eine noch andere Erscheinung acht, denn sehet, soeben wird der Riesen-Christus vom Kreuze herab zu uns zu reden anfangen. Höret, er redet schon und spricht zu uns: Hinaus aus dem Himmel mit euch Verfluchten, denn ihr habt allzeit dem hl. Geiste meiner alleinseligmachenden römisch-katholische Kirche widerstrebt und waret allzeit mir über alles verhaßte Ketzer. Daher hinaus mit euch in die äußerste Finsternis, denn für euch ist hier in dem Himmel kein Platz, und ich habe euch noch nie erkannt. Zwingt mich nicht, Gewalt zu brauchen; denn werde ich solches tun müssen, da wird die unterste Hölle euer Anteil sein. Wenn ihr ehedem meinem Apostel Petrus nicht geglaubt habt, so werdet ihr doch mir glauben, so ich vom Kreuze zu euch rede!


05] Ihr staunet hier wohl ein wenig; ich aber sage euch: Laßt euch von dieser Erscheinung nicht bestechen. Denn seht, das Kreuz und die Figur auf demselben sind hohl. Der Träger aber, wie ihr leicht bemerken könnt, hält das Kreuz auf seinen Mund und redet in dasselbe durch eine Öffnung, welche im Munde der Christusfigur am Kreuze ausmündet. Darum auch kommt die Stimme wie aus dem Munde des Heilandes am Kreuze hervor und ist somit ebenfalls ein eitel bösartiger Trug, weil dadurch das Menschliche des Herrn gestaltlich zu einem Trugmittel gebraucht wird. Aber dessen ungeachtet ist dieser Trug nicht völlig grundböse, da dem handelnden Anführer ein grundböser Wille mangelt.

06] Ihr seht auch, daß er sich eben nicht zu weit mit seinem redenden Kruzifix vorwärts getraut und das ist schon ein Zeichen, daß ihm diese Kunst keinen großen Segen bringen wird. Daher kehrt er sich nun zu den Kriegern und gibt ihnen einen Wink, uns durch ein gewaltiges Geschrei zu schrecken zu versuchen. So denn fangen sie auch an, große Bewegungen zu machen und mit ihren Schwertern gewaltig aneinander zu schlagen und machen Miene, als wenn sie gegen uns ziehen wollten. Allein sie bemerken, daß wir uns durchaus nicht erschrecken wollen, und so ziehen sie samt dem Anführer wieder hinter die Kulissen zurück. Auch unsere Tafelgäste sehen, daß wir uns vor ihrer großartigen Mahlzeit nicht zu sehr entsetzen, daher fängt einer nach dem andern an, sich von der Tafel zu verlieren. Aber noch ist die Komödie nicht aus. Sogleich wird ein zweiter Akt beginnen, und wer da von euch ein Zoologe ist, der wird an diesem Akte viel Interesse finden, denn ich sage euch voraus, unsere Himmelsbewohner werden jetzt das Äußerste wagen und sich als allerlei riesige Tiere vorstellen. Wir aber wissen solches, daher werden wir uns vor ihnen auch in solchem Zustande nicht erschrecken.

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