Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Supplemente S. 228


Vergebliche Versuche des Pilatus, Jesus zu retten (Matthäus.27,20-26)

01] Pilatus versuchte nun alle Mittel, Jesum frei zu machen; a aber es war alles vergebliche Mühe, bis er endlich in höchster Entrüstung sich öffentlich die Hände wusch und sprach: »Ich will keine Schuld haben am Blute dieses Gerechten! Ihr aber habt selbst ein Gesetz, nehmet ihn und richtet ihr ihn!« b Da schrien dann die hohen Priester: »Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! Wir aber dürfen unsere Hände nicht mit Blut besudeln, daher gebe uns römische Soldaten!« (a Matthäus.27,24; b Matthäus.27,25)

02] Als Pilatus das vernahm, a  da gedachte der der alten Sitte, laut der er dem jüdischen Volke zu seinem Passahfeste einen Verbrecher freigeben mußte. Er wandte sich daher nochmals zu der Menge der Jesusfeinde und bekannte, wie er an Jesus, zufolge so kurzer Untersuchung, durchaus keine Schuld finden könne; daß es daher nötig sei, um ein richtiges und vollgerechtes Urteil zu schöpfen, diesen Menschen länger zu verhören und in allen Stücken zu untersuchen. Zugleich aber sei es ohnehin b Sitte, am Feste einen Verbrecher dem Volke freizugeben; nun stelle er ihnen Jesum, dessen Schuld noch nicht erwiesen ist, und Barabbas, den berüchtigten Raubmörder, zur freien Wahl, c welchen aus beiden sie wollten? Sie alle aber schrien: »Barabbas!« Das aber war es eben, was eigentlich Pilatus wünschte, indem er wohl wußte, daß diese aufgereizte Priestermenge nicht Jesum frei rufen werde. Nur dadurch glaubte er ihn frei zu machen, daß sie Barabbam frei haben werden und sodann Jesus an seine Stelle ins Gefängnis kommen werde. So könnte dann allem mit der Zeit geholfen sein; denn fürs erste wäre dadurch den Priestern das Maul gestopft, und er konnte fürs zweite dadurch den Priestern beim römischen Hofe bedeutende Schanzen legen, die sie schwerlich durchbrechen würden! (a Matthäus.27,15; b Matthäus.27,15*; = Johannes.18,39; = Markus.15,06; = Lukas.23,17) c Matthäus.27,17 .21)

03] Der Gedanke und Wille des Landpflegers war gut. Aber als der ganze Haufe a nach Freilassung des Barabbas nur um so hartnäckiger auf der Kreuzigung bestand und von der Einkerkerung Jesu nichts hören wollte und ihn, Pilatum, einen Feigling nannte, da ward er im höchsten Grade entrüstet und sprach: »Da, ihr Elenden! Nehmet euren Verbrecher, der gerechter ist als ihr es seid, und da sind die Schergen! Ziehet ab, macht mit ihm, was ihr wollt, mein Zeugnis über ihn und über euch wird von mir eigenhändig folgen!« - - Mit diesen Worten entfernte er sich und überließ ihnen Jesus, den die Priesterschaft dann durch die Schergen ergreifen und kreuzigen ließ, wie bekannt. - (a Matthäus.27,26; = Markus.15,15; = Lukas.23,24-25; Johannes.18,16)

Bekehrung des Pilatus und Tullias zum Christentum; sein Mitwirken bei der Zerstörung Jerusalems

04] Was Pilatus weiter tat, ist euch bekannt, und daß er den Freunden Jesu willfahrte, was sie von ihm verlangten. Aber daß Pilatus und sein Weib später heimlich selbst Christen wurden, und daß eben Pilatus sehr viel dazu beitrug durch seine genaue Beschreibung des sehr verdächtigen jüdischen Priestertums, daß in einem Zeitraum von etlich dreißig Jahren darnach Jerusalem von den Römern gänzlich zerstört wurde und die Juden in alle Welt zerstreut wurden, das dürfte nun wohl nur sehr wenigen auf Erden bekannt sein. - Das aber sei euch darum bekanntgegeben, auf daß ihr nicht gleich zu Tausenden und Millionen in einem fort den armen Pilatus verdammet, obschon ihr nun auch das wohl wissen sollet, was da alles hatte geschehen müssen nach Meinem ewigen Ratschlusse, wie Ich es auch den zweien nach Emmaus wandelnden Jüngern ganz offen heraus gesagt habe, um ihnen zu zeigen, was Gott wollte, und sie darum ihren unbegrenzten Haß gegen die Priester mäßigen sollten.



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