Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 124. Kapitel: Jesu Frage nach dem Messias.

01] Sagte Ich, dem Wirte Meine Hand darreichend: »Freund, solch einen Glauben und solch einen reinen Sinn habe Ich in ganz Israel nicht angetroffen; darum aber wird es auch kommen, daß das Licht den Juden genommen, und den Heiden gegeben werden wird.

02] Du und auch deine Nachbarn seid schon vollkommen auf dem ganz rechten Wege, und Ich bin darum zu euch gekommen, um bei und in euch die Segnungen Gottes zu vermehren und euch auch zu zeigen, daß euer Glaube und eure Treue vor Gott vollkommen gut, wahr und gerecht war. Doch lassen wir nun das, denn wir werden davon heute und morgen schon noch weiter sprechen!

03] Hast du, Mein lieber Freund, aber von dem noch nicht besonders viel vernommen, daß die Juden den ihnen verheißenen Messias erwarten, und wann dieser kommen soll?«

04] Sagte der Wirt: »Mir hat davon der Alte in Bethsaida vieles aus den Propheten vorgelesen und zur Not auch erklärt; aber ich meine, daß der verheißene Messias, der nichts weniger als Gott der Herr Selbst sein werde, zu den Juden, wie sie nun besonders in Jerusalem und auch in vielen andern Orten daheim sind, deren Herz nicht mehr an Gott, sondern nur an den Schätzen und Gütern dieser Welt hängt, schwerlich kommen wird. Und so Er auch käme, da werden sie Ihn doch nicht erkennen; denn Er wird sicher nicht in weltlicher Pracht kommen, sondern so, wie Er will, daß alle Menschen auf dieser Welt in aller Demut, Liebe und Geduld einhergehen sollen, und da werden Ihn die überhochmütigen Juden, und ganz besonders die hohen Priester, die von Gold und Edelsteinen strotzen, sicher nicht als den rechten Messias annehmen.

05] Wir aber haben unsern wahren Messias schon in unseren Herzen, und die Ihn da nicht haben, die werden wohl schier vergeblich auf Ihn in ihren mit Gold verbrämten Gewändern warten.«

06] Sagte Ich: »Da hast du auch wieder ganz richtig und wahr geurteilt, und es ist das tatsächlich nun also; doch siehe, dort kommen nun deine drei Söhne mit Fischen schwer belastet! Sende ihnen ein paar Nachbarn entgegen, daß sie ihnen die Bürde ein wenig erleichtern!«

07] Das vernahmen sogleich ein paar anwesende Nachbarn und eilten den Ankommenden entgegen, und in wenigen Augenblicken waren sie zur großen Freude des ganzen Ortes da, und alle konnten sich nicht zur Genüge verwundern über die Menge der Fische und lobten und priesen Gott den Herrn darum.

08] Und der Wirt sagte: »Seht, wie sichtbar uns nun Gott gesegnet hat; darum Ihm allein alle Ehre!«

09] Auf diese ganz ergreifende Szene wurden sogleich die Fische versorgt.

10] Im ganzen Ort hatte nur der Wirt einen Quellbrunnen und einen kleinen, aus Stein einst mühsam gehauenen Teich, der von dem Brunnen sein Wasser erhielt und den kleinen Herden dieses Ortes zur Tränke diente.

11] Wenn die Fischer vom Galiläischen Meere dann und wann noch lebende Fische nach Hause brachten, so wurden sie in diesen Teich eingesetzt; war aber das besonders in der Sommerzeit nicht der Fall, so wurden die Fische sogleich aufgemacht, gereinigt, gut eingesalzen, dann sogleich über einen eigenen Herd zum Trocknen aufgehängt, indem man auf dem Herd ein mäßiges Feuer anmachte und die ganze Nacht unterhielt. Denn das Beste bei diesem Orte war, daß sich in seiner Nähe ein ziemlich wohlerhaltener kleiner Zypressen- und Myrtenwald befand, der dem Ort das nötige Brennholz lieferte, und so konnten die Bewohner denn auch ihre Fische und auch anderes Fleisch nach ihrer ganz guten Art trocknen und für eine längere Zeit zu ihrem Gebrauch aufbewahren.

12] Doch diesmal war diese Arbeit nicht nötig, da auch nicht ein Fisch trotz der den ganzen Tag andauernden Reise tot war, obschon die Fische nicht in den Lägeln, sondern in Säcken nach Hause geschafft werden mußten.

13] Darüber fingen denn auch alle sich hoch zu verwundern an und brachten die Fische in den kleinen Teich, in welchem sie alsbald ganz munter umherzuschwimmen begannen. Einen kleinen Teil behielt der Wirt im Hause, um für uns ein Nachtmahl zu bereiten.

14] Da es abends schon ziemlich kühl geworden, so begaben wir uns ins Haus des Wirtes, das ein Zimmer hatte, in dem für uns alle hinreichend Raum war.



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