Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 81. Kapitel: Rede der Nachbarn über die Macht des Galiläers.

01] Bei dieser Gelegenheit hatten sich auch alle, welche eine böse Neugierde aus der Stadt zu uns heraustrieb, wieder in die Stadt begeben.

02] Als so die Gegend gereinigt war, da gebot Ich mit lauter Stimme, so daß es die den Hügel Umgebenden wohl verstehen konnten, dem Winde, daß er die Schwefel- und Erdpechdünste nicht mehr zu uns herüber, sondern von uns hinweg nach den Wüsteneien des Euphrat tragen solle.

03] Und alsbald schlug der Wind um, und wir waren in wenigen Augenblicken von den Dünsten befreit.

04] Als die beiden Nachbarn des Wirtes das merkten, da sagten sie zum Wirte: »Nun ist es ja doch klar, daß dieser Mann mit einem wahren Gott in einem intimsten Verbande stehen muß und sich Dessen allerhöchster Macht bedienen kann, wann er will. Das ist nun über auch nur den kleinsten Zweifel hinaus vollkommen wahr; aber wie, wo und wodurch kann ein Mensch zu einem solchen Verbande gelangen?

05] Ihr Juden habt denn am Ende doch recht, daß ihr nur an eine Gott glaubt; denn dieser eine Gott wird schon der allein wahre sein, der durch die Macht Seines allweisesten Willens alles erschaffen hat, was wir mit unseren Augen sehen und mit den andern Sinnen wahrnehmen können.

06] Aber wie kommt es denn, daß ihr Juden selbst euch so wenig bestrebt, diesen euren allein wahren Gott näher zu erkennen und eure Handlungen nach Seinem euch bekannt sein sollenden Willen also einzurichten, daß auch ihr mit Ihm in einen solchen Verband kämet, wie dieser höchst zu verehrende Galiläer, als auch ein Jude, gekommen ist?

07] So ihr die Wege zur Erreichung dieses unschätzbaren Zieles, eines Schatzes aller Schätze, wohl kennt und euch doch nicht bestrebt, ihn euch zu eigen zu machen, sondern oft noch mehr nach den vergänglichen, toten Schätzen dieser Erde jagt denn wir blinden Heiden, da seid ihr sehr zu bedauernde Toren.

08] Wir wollen dich nicht zu der Reihe der Juden zählen, wie wir sie in unserer Stadt haben und nur zu gut kennen, - aber das wissen wir auch von dir, daß du in dem, was euren allein wahren Eingott betrifft, eben auch nicht ohne alle Zweifel dastandest; das beste an dir war, daß du keinen Gleisner machtest gleich den andern deines Stammes.

09] Aber sonderbar ist es von den andern Juden, und ganz besonders von ihren Priestern, die da tun und predigen, als hinge es schon pur von ihnen ab, was Gott tun dürfe, - und dennoch vermögen sie ebensowenig wie unsere Priester irgend etwas zu bewirken, was da einer rein göttlichen Macht gleichsähe.

10] Das, freundlicher Nachbar, ist uns nun um so mehr ein Rätsel, da wir an diesem Galiläer selbst uns überzeugt haben, daß er mit dem einen, allein wahren Gott in einem engsten und innigsten Machtverbande sich befindet, ansonst ihm nicht der Wind also gehorchte wie ein Krieger seinem Feldherrn!«

11] Sagte nun der Wirt: »Freunde, ihr habt vollkommen recht, in eurem Staunen über die Macht Gottes in einem fort also zu reden und zu fragen über unsere jüdische Tor- und Blindheit; aber so wir nun miteinander reden, da schweigen die andern, die von der wahren Sache mehr zu reden verstehen denn wir, und das ist auch nicht weise gehandelt! Darum wollen wir über alles das ein anderes Mal reden und nun den andern reden und handeln lassen.«

12] Mit dieser Bemerkung des Wirtes waren die beiden Nachbarn auch vollkommen einverstanden und fragten um nichts Weiteres mehr, sondern warteten, bis Ich irgend etwas reden und tun würde.

13] Es sagte aber der Hauptmann zu Mir: »Herr und Meister, siehe, die Menschen da unten um den Hügel wissen nicht, was sie nun anfangen und was sie von Dir halten sollen! Wäre es nicht an der Zeit, so ich einen meiner Leute hinabsendete und er sie ein wenig aufklärte?«

14] Sagte Ich: »Laß du das nun nur noch gut sein! Ich werde zuvor noch ein Zeichen wirken, und wir werden uns dann wieder in die Herberge begeben. Diese Menschen werden dann auch zu den Ihrigen in die Stadt zurückkehren und ihnen mit einem großen Eifer erzählen, was sie gehört und gesehen haben, und es wird dadurch unter ihnen ein großes Hin- und Herdenken, -forschen und -raten entstehen, und dann wird es auch an der Zeit sein, ihnen nach und nach stets mehr und mehr zu zeigen, wer Derjenige war, dem die Elemente gehorchten.

15] Nun aber will Ich den sehr trüben Morgen völlig heiter machen und die hie und da noch tätigen Naturgeister zur Ruhe weisen; denn bis jetzt sind deren zur rechten Genüge zur Löse gekommen.«

16] Hierauf gebot Ich den Dünsten auf der Erde und den dichten Wolken in der Luft, zu weichen und die Sonne scheinen und leuchten zu lassen.

17] Und alsbald geschah, wie Ich es geboten hatte. Es ward sogleich der schönste und heiterste Morgen, und man genoß weithin eine ungetrübte Fernsicht.

18] Aber aus den in der Nacht entstandenen Spalten und Ritzen des Erdbodens schossen hie und da - freilich in einer ziemlichen Entfernung von uns - noch immer Flammen empor, die trotz des plötzlich heiter gewordenen Morgens den unten um den Hügel weilenden und staunenden Heiden eben nicht am besten gefielen.

19] In einer kleinen halben Stunde Zeit aber gebot Ich auch diesen Feuergeistern, sich vollends zur Ruhe zu begeben; und sie erloschen, und es war, wohin die Menschen auch ihre Augen wendeten, keine Flamme, aus dem Boden der Erde aufschießend, weder in der Nähe noch in der Ferne mehr zu entdecken. Auch der Wind legte sich, und der Erdboden war, so weit das Auge reichte, wie allerreinst ausgefegt.



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