Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 47. Kapitel: Frage des Hauptmanns Pellagius über Besessenheit.

01] Als wir uns allesamt auf dem schon besagten Hügel befanden, von dem aus man einen Teil des Galiläischen Meeres sowie auch die Städte Abila, Golan und Aphek übersehen konnte, da legte Ich allen Anwesenden die Hände auf und erteilte ihnen die Macht, durch das Auflegen der Hände in Meinem Namen allerlei Kranke zu heilen und aus den Besessenen die bösen Geister auszutreiben.

02] Auf diese Handlung fragte Mich der Hauptmann, sagend: »Herr und Meister, ich habe schon zu mehreren Malen Menschen gesehen und beobachtet, die sich ganz absonderlich benahmen und gebärdeten. Eine Zeitlang waren sie ganz ruhig, und befragte ich sie um dies und jenes, so gaben sie ganz vernünftige Antworten, und man merkte nichts von irgendeiner geistigen Verrücktheit. Aber auf einmal wurden sie von irgendeiner unsichtbaren Macht ergriffen, verzerrten ihr ganzes Wesen, fingen an zu toben und arteten aus in allerlei gräßliche Lästerungen gegen selbst die allbekannt besten Menschen und gegen die Götter oder über den einen Gott der Juden und gegen die Propheten, schlugen sich jämmerlich mit den Fäusten, und wollte man sie mit Gewalt bändigen, so brachen sie in eine schaudererregende Lache aus, und wer auf sie die Hand legte, der kam schlecht zu Teile.

03] In der von hier eben nicht weit entfernten alten Gräberstadt Gadara kannte ich zwei, mit denen eine ganze römische Legion wenig oder nichts auszurichten vermochte. Sie hielten sich in den alten Gräbern auf und waren den Reisenden und auch den Einheimischen eine große Plage. Fing man sie und band sie mit Ketten und Stricken, so half das nichts; denn so sie von der geheimen Macht ergriffen wurden, da zerrissen sie selbst die stärksten Ketten und Stricke in einem Moment, schlugen sich und auch die andern, die sich ihnen zu nahen wagten, und so sie mit Soldaten umfangen wurden, da wurden diese mit Steinen derart beworfen, daß sie nicht schnell genug die Flucht ergreifen konnten, um nicht auf das furchtbarste verstümmelt zu werden. Und schoß man mit scharfen Pfeilen aus der Ferne nach ihnen, so lachten sie; denn selbst die besten und geübtesten Bogenschützen brachten keinen Pfeil in ihre Nähe.

04] Das waren doch sicher von sehr bösen Dämonen besessene Menschen? Wer und was sind diese Dämonen, und warum wird es zugelassen, daß die an sich oft allerharmlosesten Menschen, ja mitunter sogar unschuldige Kinder von ihnen gequält werden?«

05] Sagte Ich: »Von allem dem, danach du fragst, sind Meine Jünger und auch schon mehrere deiner Freunde in Rom und auch andernorts völlig unterwiesen, und du wirst darüber auch noch zur rechten Zeit ins klare kommen. Es genüge dir vorderhand nun, daß von Mir auch dir die Macht erteilt ist, derlei arge Geister aus den Menschen zu treiben durch die Macht und Kraft, die in Meinem Namen waltet; das aber, darum du Mich nun gefragt hast, wirst du von denen zunächst erfahren, die von dir geheilt werden, und vieles kannst du von Meinen Jüngern, die Zeugen waren, als Ich die Besessenen in Gadara geheilt habe, erfahren.«

06] Als der Hauptmann solches von Mir erfahren hatte, da dankte er Mir für die Stärkung, gleichwie auch alle die andern bis auf den Judas Ischariot, der nicht auf diesen Hügel mit uns gezogen war, sondern sich unterdessen in der Stadt herumtrieb, um sich bei allen denen, die Ich geheilt hatte, ein sogenanntes Trinkgeld zu erbetteln, - eine Beschäftigung, die bei ihm nichts Neues oder Seltenes war; denn er war und blieb ein ordentlicher Dieb und Mäkler. Es erkundigte sich auch weiter niemand um ihn, und er ging auch niemandem ab.



Home  |    Index Band 10  |   Werke Lorbers