Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 28. Kapitel: Jesus heilt den Sohn des Zachäus.

01] Als die Juden solches von Mir vernommen hatten, wurden sie ärgerlich, und es sagten einige unter sich: »Die Pharisäer haben am Ende doch recht, so sie diesen Galiläer verfolgen; denn aus seiner Rede leuchtet klar hervor, daß er die Römer, die ihn seiner Zaubertaten wegen für einen Gott halten, auf uns hetzen wird, die uns ganz sicher alle unsere Rechte nehmen und uns vollends zu ihren Sklaven machen werden. Wenn er der Wiederbringer des verlorenen Reiches Gottes und dessen Gerechtigkeit ist, und das soll in dem bestehen, was er uns nun geoffenbart hat, da soll er sein Gottesreich und dessen schöne Gerechtigkeit nur selbst behalten! Und so er fortfährt, uns Juden ein solches Gottesreich und dessen Gerechtigkeit stets lauter zu verkünden, da kann es wohl gar leicht geschehen, daß die Juden ihn noch eher erwürgen werden, als er die Juden mit Hilfe der Römer!«

02] Als Meine Jünger solches Gerede vernahmen, sagten sie zu Mir: »Herr, vernimmst Du nun nicht, was diese reden? Wirst Du sie nun wohl ungestraft von dannen ziehen lassen?«

03] Sagte Ich: »Es hat noch keiner seine Hand nach Mir ausgestreckt, um Mich zu ergreifen; warum sollte Ich sie da bestrafen? Ich habe zuvor geredet, und nun reden sie unter sich und fangen an, sich davonzumachen; denn Mein Wort hat ihnen nicht gemundet, und dafür strafe Ich die Blinden nicht. Wenn sie aber einmal die Hände nach Mir ausstrecken werden, dann wird auch die Strafe über sie kommen, wie Ich sie euch schon zu mehreren Malen gezeigt habe. Und so lassen wir sie nun ungestraft reden und ihren Weg gehen! Wir aber begeben uns nun in das Haus des Freundes Zachäus, und er wird uns ein Mittagsmahl bereiten.«

04] Auf diese Meine Worte begaben wir uns in das Haus des Zachäus, und er ließ uns sogleich Brot und Wein geben und behieß seine Leute, alles aufzubieten, um uns auf das möglich Beste zu bewirten.

05] Als wir nun in einem größten und reichst ausgestatteten Zimmer uns befanden und uns mit Brot und Wein labten und stärkten, da fing unser Zachäus an, Mir aus voller Brust auch darum zu danken, daß Ich den ihm sehr widerwärtigen Jerusalemern das verkündet habe, was sie sich schon lange verdient haben. Denn Zachäus, obwohl ein Nachkomme Abrahams, war ein Samaritan und darum bei den Jerusalemern um so mehr verhaßt.

06] Er fragte Mich denn auch, ob Ich etwas dawider hätte, daß er ein Samaritan sei.

07] Ich aber sagte zu ihm: »Bleibe du, was du bist, und sei in allem gerecht aus wahrer Liebe zu Gott und zum Nächsten, und du wirst Mir so besser gefallen denn die Juden, die des Tempels Gold küssen und die Armen von ihrer Häuser Türen mit Hunden wegtreiben lassen! Darum werde auch Ich sie ehest in alle Welt hinaustreiben lassen unter fremde Völker, und sie werden fürder kein eigen Land und kein Reich mehr besitzen. Aber nun lassen wir sie noch eine kurze Zeit walten und sündigen, bis ihr Maß voll werde!«

08] Nach dieser Meiner kurzen Rede dankte Mir Zachäus wieder, bat Mich aber, daß Ich ihm einen Rat gäbe, was er mit seinem ältesten, bereits sechzehn Jahre zählenden Sohne machen solle, der seit drei Jahren irrsinnig sei und beinahe von Tag zu Tag in eine größere Raserei verfalle. Er habe zu dem Sohne schon alle ihm bekannten besten Ärzte kommen lassen, und alle hätten versucht, den Sohn zu heilen; doch alle ihre Wissenschaft und Mühe sei nicht nur gänzlich erfolglos geblieben, sondern der Sohn sei nach jedes Arztes Behandlung noch ärger denn vorher geworden.

09] Da sagte Ich zu Zachäus: »Freund, derlei Übel heilt kein irdischer Arzt mit seinen Kräutern! Bringe aber den Sohn hierher, und du sollst die Macht der Herrlichkeit Gottes sehen!«

10] Da befahl Zachäus seinen Knechten, daß sie den Sohn, wohl gebunden, aus seinem wohlverschlossenen Gemache bringen sollten.

11] Da sagten die Knechte: »Herr, das wird sich vor diesen fremden Gästen gar übel machen; denn erstens rast er nun beinahe unausgesetzt, und zweitens stinkt er ärger denn alle Pestilenz, da er sich gleichfort mit seinem Kote beschmiert!«

12] Da sagte Ich: »Bringt ihn nur hierher; denn Ich will ihn sehen und heilen!«

13] Sagte ein Knecht, der viel im Hause galt: »O Freund, nur Gott allein kann den heilen, aber auf dieser Erde kein Mensch mehr! Wenn du auch den heilst, dann bist du kein Mensch, sondern ein Gott!«

14] Sagte Ich: »Das kümmere dich nicht, sondern tue, was dir geboten ist!«

15] Da gingen die Knechte und brachten den Sohn, vor dem sich alle Meine Jünger entsetzten und sagten: »Mit dem steht es noch ärger, als was wir sahen in der Landschaft der Gadarener!«

16] Ich aber erhob Mich, bedrohte die bösen Geister im Sohne und hieß sie, ihn augenblicklich für immer zu verlassen.

17] Da rissen sie noch einmal den Sohn und fuhren in Gestalt von vielen schwarzen Fliegen aus dem Sohne, welcher darauf völlig gesund ward.

18] Ich aber sagte nun zu den Knechten: »Nun führt ihn hinaus an den Brunnen, und reinigt ihn; gebt ihm auch frische Kleidung, und bringt ihn wieder hierher, auf daß er mit uns halte das Mittagsmahl!«

19] Das geschah denn auch. Und als der Sohn nun gesund und gereinigt an unserem Tische sich befand, da kamen alle im Hause wohnenden Verwandten und Bekannten in unser Zimmer und konnten nicht zur Genüge erstaunen über solch eine schnelle Heilung des Sohnes, und Zachäus dankte Mir über alle Maßen für diese Heilung.

20] Der Hauptknecht aber sagte zu Mir: »Herr. Du bist kein Mensch wie unsereins, sondern Du bist ein wahrer Gott, den wir Menschen allzeit anbeten wollen und werden!«

21] Als der Knecht noch also redete, da ward auch das Mittagsmahl auf den Tisch gesetzt, und wir fingen an zu essen.



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