Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 45. Kapitel: Römer Agrikola erinnert sich an Maria von Magdalon. (Maria Magdalena)

01] Aber Agrikola, der ein äußerst gefühlvoller Mann war, erbat sich bei Mir das Wort und sagte: »Oh, welche unermeßlichen Schätze haben wir nun kaum volle acht Tage hindurch geerntet! Wir haben das Allerhöchste, das Allererste und Allergrößte hier gefunden! Und wem nach Deiner geheimen Gnade haben wir dieses nie beschreibbare Glück zu verdanken? Seht und hört! Jenem noch jungen Weibswesen, das uns am ersten Abende unserer Hierherkunft den Weg hier herauf wies!

02] Jenes Weibswesen, das nach meiner unmaßgeblichen Beurteilung jenen weiblichen Persönlichkeiten anzugehören scheint, die es mit der Keuschheit und anderen Sittenreinheiten eben nicht zu genau nehmen, war ohne weiteres (ohne Frage) von Deinem Willen geheim inspiriert, und es mußte ein Wegweiser zum Lichte des Lebens werden.

03] Nun, ich als ein Römer kenne das besagte Weibswesen sicher durchaus nicht und kenne auch dessen Wohnung und Namen nicht, also kann ich auch nicht wissen, ob es arm oder reich ist und einer Unterstützung bedarf. Aber wenn es etwa doch in die Klasse der Armen gehörte, was ich als das Wahrscheinlichste annehmen kann, so möchte ich ihm durch den Freund Lazarus aus wahrer menschlicher Dankbarkeit eine Unterstützung zukommen lassen, was sicher recht und billig wäre; denn der Freund Lazarus wird es schier wissen, wie es mit dem Wesen steht. Es wundert mich sehr, daß es uns nicht wieder besucht hat hier auf diesem Berge des Heils. In Emmaus, wie ich mich entsinne, soll es Dich, o Herr und Meister, etwa haben suchen wollen und hat sich hier zuvor erkundigt nach Deinem Aufenthalt, aber keine Kunde erhalten, und so kam es wahrscheinlich auch gar nicht dahin. Aber wir sind nun schon wieder einige Tage hier, und es wundert mich wieder, daß es nicht mehr zum Vorschein gekommen ist!«

04] Sagte Ich: »Jene Maid wußte es nicht, daß Ich Mich hier noch aufhalte; aber sie hat es gestern in Bethanien erfahren aus dem Munde der Schwestern unseres Freundes Lazarus und ist nun auf dem Wege hierher. Um die Zeit des Aufgangs der Sonne wird sie auch hier eintreffen, und du kannst mit ihr alles Gute und Rechte abmachen.

05] Was aber ihren bisherigen Lebenswandel anbelangt, so hast du richtig geurteilt; aber sie hat dabei stets der Armut gedacht, weil sie als eine irdische Schönheit durch ihren Wandel zu großen Schätzen gekommen ist und schon von ihren Eltern aus mit allem reich ausgestattet war.

06] Dort, weit gen Mittag, ersiehst du auf einem Hügel ein Schloß, es führt den Namen Magdalon. Dort ist die Maid geboren, und das Schloß, viele Gärten, Äcker, Wiesen, Weinberge und Waldungen sind nun ihr Eigentum, da ihr ihre Alten schon vor ein paar Jahren gestorben sind. Sie hätte schon mehrere Male ehelichen können, aber die Templer hielten sie davon ab, weil sie bei ihr stets eine gute Herberge fanden und sich auch sonst mit ihr gut unterhielten. Aber seit sie Mich ersah, kennenlernte und Meine Worte hörte, ist es anders in ihrem Hause, Verstande und Herzen geworden; und weil sie viel geliebt hatte die Armen, so wurden ihr auch viele ihrer Sünden vergeben.

07] Ihr Name ist Maria von Magdalon. Ihrer Armut wegen benötigt sie sonach keine Unterstützung von eurer Seite; aber so sie von euch für ihre vielen Armen etwas wird annehmen wollen, so könnt ihr es ihr ja wohl antragen. Und so wisst ihr nun auch, wer und woher jene Maid ist, und wie sie heißt; doch auch ihre Schuld sei in den Sand geschrieben!

08] Und nun gut von dieser Sache, und wir betrachten nun lieber den schönen Morgen, aus dessen Gestaltungen nach allen Richtungen hin ihr so manches, besonders für die letzte Zeit der neuen Heiden, werdet entnehmen können!«



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