Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 90. Kapitel: Der Römer warnt die Templer vor der Macht Jesu.

01] (Der Herr:) »(Sagten die Römer:) "Als wir wieder nach Rom zurückkamen, da kam uns die Stadt wahrlich wie eine Wüste vor, und als wir vernahmen, daß es bei euch Juden auch ähnliche Menschen geben solle, die dasselbe lehren und verstehen, was der sonderbare Mensch im höchsten Oberägypten verstand, da haben wir Rom verlassen und haben uns hier etwas angekauft, um, von der großen Welt abgezogen, mehr für unseren inneren Menschen sorgen zu können; aber in eurem von euch uns sehr angepriesenen Tempel haben wir das wahrlich nicht angetroffen, wohl aber ein paarmal schon bei dem von euch nun in einer sonderbaren Frage stehenden Menschen, der wahrlich noch mehr leistet denn alles das, was wir je gesehen haben! Und auf so einen Menschen wollt ihr fahnden?! Oh, seid hunderttausend Male froh, daß er nach euch nicht fahndet; denn fängt der einmal das an, so seid ihr verloren für zeitlich und ewig!

02] Denn was derlei wahre und vollendete Menschen vermögen, das haben wir erlebt und wohl mit höchsteigenen Augen gesehen. Was wolltet ihr denn zum Beispiel machen, wenn er euch auf einmal ein paar tausend grimmigste Löwen, Panther, Hyänen und Tiger in eure Stadt oder nur in die Umgebung hinzieht?! Wahrlich, die fräßen euch in ein paar Wochen auf, ohne daß ihr euch ihnen zur Wahr stellen könntet, - wie er laut Berichten aus Galiläa etwas Ähnliches schon einmal ausgeführt haben soll, was wir völlig glauben möchten.

03] So aber schon wir Römer vor solch einem Herrn der Natur - der dieser Mensch sein soll - den allertiefsten Respekt haben, was wollt denn dann ihr als wahre Mücken gegen uns wider ihn unternehmen?! So ihr davon nicht absteht, so werdet ihr noch in die fürchterlichsten Verlegenheiten geraten; dafür stehen wir Römer euch mit allem gut!"

04] Als die Pharisäer solches von den zwei Römern vernommen hatten, wußten sie nicht, was sie darauf erwidern sollten. Nach einer Weile erst sagte einer, der so ein wenig heller war als die andern: "Ja, ja, es kann sich die Sache schon also verhalten; aber was läßt sich da machen? Der Hohepriester Kaiphas hat das im Einverständnis mit Herodes einmal fest und unabänderlich beschlossen, und wir müssen das auch wollen, was die beiden wollen. Wenn es gerade nur auf uns ankäme, so wollten wir die Sache bald gehen lassen, wie sie geht, und würden das Ende ganz ruhig abwarten; aber es ist da mit unserem Hohenpriester nichts zu machen, und so müssen wir zum bösen Spiele eine gute Miene machen, ob wir wollen oder nicht."

05] Sagten die Römer: "Wem nicht zu raten ist, dem ist auch niemals zu helfen. Aber in Kürze werdet ihr auf unsere Worte kommen! Was derlei Menschen vermögen, das vermögen ganze Kriegsheere nicht; denn wir haben uns davon überzeugt. Ob ihr uns glaubt oder nicht, das ist uns einerlei; die sicheren Folgen aber werden euch über kurz oder länger der Zeit nach schon den Beweis liefern, daß wir Römer die vollste Wahrheit zu euch geredet haben, - denn wir haben viel gesehen und erfahren."

06] Hier erheben sich die beiden Römer und verlassen die Gesellschaft, weil ihnen der Pharisäer Blindheit und sichtliche Bosheit zu unerträglich wird.

07] Es fragen aber nun die Pharisäer den Nikodemus, warum denn die beiden Römer sich so plötzlich empfohlen hätten.

08] Sagt Nikodemus: "Ja, da werde ich euch auch schwer eine rechte Auskunft geben können; denn mich hat das selbst sehr auffällig befremdet. Von Herodes hättet ihr bei dieser Gelegenheit keine Erwähnung machen sollen; denn den können diese Römer schon von weitester Ferne nicht ausstehen, und zwar wegen der schnöden Hinrichtung des Johannes, auf den diese beiden Römer und noch mehrere mit ihnen große Stücke hielten, und von dem sie behaupteten, daß er sicher auch ein wahrer Mensch sei. Ich sage es euch, daß Herodes vor den Augen der Römer in keiner guten Haut steckt!"

09] Sagt ein Pharisäer: "Also, meinst du, verhält sich die Sache?"

10] Sagt Nikodemus: "Jawohl, jawohl, gerade also; denn ich wüßte sonst fürwahr nicht, was die zu einem gar so plötzlichen Aufbruch gebracht haben sollte. Ich sage euch aber noch etwas: nehmt euch in acht vor den Römern; denn mit ihnen ist kein Scherz zu treiben!"

11] Als nun die Pharisäer das von Nikodemus vernehmen, sagen sie: "Freund, wir danken dir für die gute Bewirtung und werden uns auch aufmachen, damit wir noch stark am Tage in den Tempel gelangen; denn die Nacht ist stets des Menschen Feind!"

12] Hier erheben sich die Pharisäer und machen sich eiligst davon.

13] Nikodemus und alle sind darob höchst froh; auch die beiden Römer kommen wieder zu unserem Nikodemus und sind herzlichst froh, diese ungeladenen Gäste losgeworden zu sein. Nikodemus aber beschreibt und erklärt den Anwesenden nun das dritte Zeichen, darob alle sehr erfreut sind.«

14] (Der Herr:) »Sage Mir nun, du Freund Agrippa, wie dir diese Geschichte gefällt!"

15] Sagte Agrikola: »Diese Geschichte gefällt mir derart, daß ich gleich mit einem Heere in Jerusalem einrücken möchte und dann wie ein grimmiger Löwe wüten unter diesen gott- und ehrlosesten Schurken! Aber es war doch gut, daß die beiden Römer Dir und auch uns so einen gewissen Respekt bei den Tempelwichten verschafft haben, und ich meine, daß es ihnen im Bestreben, Dich zu verfolgen, ein wenig kühler werden wird. Die beiden Landsleute in Emmaus aber möchte ich wahrlich besuchen!«

16] Sagte Ich: »Das wird morgen geschehen; auch Ich Selbst habe ein wahres Sehnen nach ihnen. Aber wenn du meinst, daß die Tempelwichte da unten nun etwas kühleren Eifers werden, nach Mir zu fahnden, da irrst du dich ein wenig. Sie werden wohl kühler werden dem Außenscheine nach, aber darum in ihrem Innern desto wahrhaft teuflisch verschmitzter. Allein das macht alles nichts, sie werden Mich nicht anrühren können, außer wenn ihr Gericht vor der Tür ist. - Doch lassen wir nun das, und Ich frage euch, wie euch der wahre Mensch, von dem die beiden Römer Nachricht gaben, gefallen hat.«

17] Sagte Agrikola: »Ich kann mich nun schon ganz gut erinnern, von dieser Begebenheit in Rom zu öfteren Malen gehört zu haben, die mich selbst in ein großes Staunen versetzte. Ich werde die beiden Römer sicher persönlich kennen! Oh, diese Geschichte ist großwunderbar und herrlich! Wenn es nur viele solche wahren Menschen auf der Erde gäbe, dann stünde es mit allen Menschen besser! Ob jener wahre Mensch nun noch im Leibe lebt?«

18] Sagte Ich: »O ja, der lebt noch und wird morgen mit seinen Jüngern hier eintreffen; denn er hat in seinem Geiste aus Mir Kunde erhalten, daß Ich im Fleische hier unter den Menschen wandle, berief seine wenigen Jünger und machte sich hierher auf den Weg, und es wird darum der morgige Tag ein denkwürdiger werden.«



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