Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 51. Kapitel: Die Vergangenheit und Zukunft der Juden.

01] Dieses Gespräch vernahmen auch die Römer, und Agrikola stand ganz entrüstet auf und sagte: »Herr aller Himmel und Welten, wenn gegen Dich von dieser Brut da unten je etwas von dem im Zuge sein sollte, so wird Deine Allmacht es uns wohl zuvor wissen machen können, und wir werden dann nicht säumen, dieser Betrügerbrut ein völliges Ende zu machen, und ich werde den Pilatus noch morgen sehr darauf aufmerksam machen!«

02] Sagte Ich: »Mein sehr lieber Freund, du hast gleich am ersten Tage deiner Ankunft Mein Heer und Meine Macht gesehen, und es kostete Mich nur einen Wink, und zahllose Scharen der allermächtigsten Engel stünden Mir zu Gebote, von denen einer hinreichen würde, die ganze Erde und den ganzen sichtbaren Himmel in einem Moment zu vernichten! Aber darum bin Ich ja nicht in diese Welt gekommen, daß Ich sie richte und verderbe, sondern darum nur, daß sie durch Mich vom Untergange gerettet werde. Und so muß Ich den Menschen, wie sie auch sind, ihren freien Willenslauf lassen, selbst dann, wenn sie sich an Meinem Leibe vergreifen wollen; denn wirke Ich da mit Meiner göttlichen, Mir vom Vater gegebenen Willensmacht entgegen, so tötet das jedes Menschen Seele, und niemand kann an ein ewiges Leben nach dem Abfalle des Fleisches denken und noch weniger glauben und darauf hoffen.

03] O ja, die Menschen brauchten sich auch gar nicht an Meinem Fleische zu vergreifen und würden darum doch das ewige Leben ihrer Seelen überkommen können, gleichwie es auch ihr überkommen werdet, so ihr bis ans Ende eures Erdenlebens in Meiner Lehre verharret, ohne daß sich jemand an Mir vergreifen soll, und der eine, der sich an Mir vergreifen würde, der würde das Leben nicht haben und auch nicht überkommen.

04] Doch da unten bei diesen Weltmenschen stehen die Dinge anders. Sie alle sind offenbar Diener der Hölle und ihres Lügenfürsten geworden und stehen nun in seinem Weltsolde. Sie häufen Sünden auf Sünden und Greuel auf Greuel, treiben allerlei Hurerei, Ehebruch und Blutschande und trachten gleichfort, wie sie jemanden zum Judengenossen machen könnten, indem sie ihm den Himmel und das ewige Leben verheißen. Ist aber jemand ihr Genosse geworden, so ziehen sie ihn beinahe ganz aus, damit er sich den Himmel und das ewige Leben erkaufe.

05] Haben sie aber so einen blinden Heiden einmal ganz von seinem Vermögen losgemacht, so sagen sie mit gleisnerischer Miene: "So, so, Freund, siehe, nun bist du schon auf dem halben Wege zum Himmel und zum ewigen Leben! Bisher haben wir für dich gewirkt; aber von da an mußt du selbst wirken nach dem Gesetze, das wir dir gezeigt haben, ansonst hätten unser Vorwirken und deine Gott dargebrachten Opfer keinen Wert!"

06] Und so rauben sie einen und den andern aus und tun dann weiter ganz und gar nichts für ihn; und kommt er zu ihnen, um sich irgendeinen Rat zu holen, dann verweisen sie ihn auf ihre Predigten, so er den Rat nicht bezahlen kann. Kann aber jemand einen Rat gut bezahlen, so bekommt er dann auch außer der Predigt einen Rat, der gewöhnlich eine fein zusammengefügte Lüge ist.

07] Und so wie diese Himmels- und Ewiges-Leben-Verkäufer selbst nicht in den Himmel kommen, weil sie bei sich an keinen glauben und nie geglaubt haben, so lassen sie aber auch niemand anders hinein, weil sie durch ihre allerfinstersten Lügen den Weg dahin verrammen.

08] Wer das noch mit einem helleren Verstande erkennt und nach der Wahrheit zu forschen anfängt, den verdammen sie alsbald als einen Ketzer und Gotteslästerer und verfolgen ihn mit aller Wut bis zum letzten Tropfen Blut, wie sie auch aus demselben Grunde die von Gottes Geist erfüllten Propheten zum größten Teil getötet haben, deren Gräber sie nun zum Scheine ehren und an den gewissen Gedächtnistagen weiß übertünchen. Aber sie selbst sind eben gleich den übertünchten Gräbern, die auch nach außen hin ganz erbaulich aussehen, aber inwendig voll Aases und Ekelgeruchs sind.

09] Ihr meint nun freilich und sagt es in euch: "Ja, wenn diese arge Brut schon seit lange her also beschaffen war, da hätte ihr Gott ja aber auch schon lange einen völligen Garaus machen können!" Ja, das hätte Gott auch wohl tun können und hat es teilweise auch getan durch mancherlei Gerichte, die einst so weit gingen, daß das ganze Judenvolk vierzig Jahre lang in die harte Gefangenschaft Babylons geriet und der Tempel Salomos und zum größten Teil auch die Stadt Jerusalem zerstört wurden. Darauf tat das Volk wieder Buße und kehrte sich zu Gott zurück. Und es ward wieder frei und kam wieder in dies Gelobte Land, baute Stadt und Tempel wie von neuem auf und lebte dann eine Zeitlang in ganz guter Ordnung. Aber als es dann wieder zu äußerem Glanz und Ansehen kam, da fing es nach und nach auch an, von den rechten Wegen abzuweichen und machte sich selbst Satzungen, das heißt hauptsächlich der Tempel, er stellte sie an die Stelle der göttlichen Gesetze und hielt das Volk dazu an, diese Menschensatzungen streng zu befolgen, während die Priester offen sagten und lehrten: "Es ist euch nützlicher, diese neuen Gesetze zu beachten denn die alten!" Und auf diese Weise ging es also fort und fort, und es ward schlechter und gottloser als unter den Richtern und Königen.

10] Es fehlte aber nie an Mahnungen und teilweise ernsten Heimsuchungen, die leider keinen fruchtbaren Boden mehr fanden. Als das Volk samt den Königen und Priestern des lebendigen Gottes kaum mehr gedachte und alles in den Welttaumel hineinlebte, da sandte Gott wieder Propheten und bedrohte es scharf, daß ein mächtiger Feind ins Land gelassen werde, der alle Juden unterjochen und ihre Könige gefangennehmen werde, und der als Geiseln hinwegführen werde der Juden Weiber, Töchter, Ochsen, Kühe, Kälber und Schafe, und ihnen auch viel Gold, Silber, viele Edelsteine und Perlen nehmen werde, und daß das Volk geknechtet werde für immer. Kurz, es wurde den Juden alles in wohlverständlicher Rede dargestellt, wie es ihnen ergehen werde, wenn sie von ihren Weltsatzungen und von ihrem Welttume nicht abgingen. Aber es war da alles umsonst, und die Weissagung ging in Erfüllung; denn die Römer drangen ins Land, eroberten es und taten nach der Weissagung. (Prophezeihung von der Unterdrückung der Juden)

11] Nun bekamen die Juden der weltlichen Gesetze genug ins Land und mußten sie auf Leben und Tod beachten. Der Tempel kehrte dann unter manchen frommen Priestern zeitweilig zu Gott wieder zurück, hielt aber nicht an und ist seit - sage - dreißig Jahren zu einer wahrsten Räuberhöhle und Mördergrube herabgesunken und ist nun in sich schlechter bestellt als irgendein Götzentempel der Vor- und Jetztzeit.

12] Und obwohl Ich nun, als der Herr, mit Fleisch angetan, Selbst unter den offenbarsten Zeichen im Tempel lehre und alles Volk samt den Tempeljuden die Wahrheit lehre, so nützt das aber dennoch nichts, sondern die Pharisäer treiben nun ihr Trug- und Lugwesen noch ärger denn je und halten beständig Rat, wie sie Mich aus dieser Welt schaffen könnten. Und es wird ihnen sogar das auch noch zugelassen werden, damit ihr Greuelmaß voll werde. Aber dann kommt auch das euch allen in der zweiten Erscheinung gezeigte große Gericht über dieses Volk und damit auch ihr, der Juden, Ende, worauf sie dann wie Spreu in alle Enden der Welt zerstreut werden. Und ihr Name, der bis jetzt vor aller Welt ein so hochrühmlicher war, wird ein verachteter sein. (Zerstreuung der Juden in alle Welt)

13] Hätten sie diese Zeit der großen Gnadenheimsuchung erkannt, so wären sie wohl für ewig das erste Volk in der ganzen Unendlichkeit geworden und auch geblieben; weil sie aber eben diese große Zeit der Zeiten nicht erkennen wollten, so werden sie denn auch, vom großen Gerichte über sie alle angefangen, zum letzten Volke der Erde werden. Zerstreut unter alle Völkerschaften der Erde, werden sie sich unter allerlei Verfolgungen ihre Kost gleich den Vögeln der Luft suchen müssen, und sie werden allenthalben untertänig sein.

14] Und wenn es auch in den späteren Zeiten welche geben wird, die sich Berge groß des Mammons zusammensammeln werden, so werden sie sich aber dennoch kein Land, kein Reich und keine Regentschaft irgend auf der Erde erkaufen können; und also sollen sie zum Zeugnisse für diese Meine Weissagung verbleiben bis ans Ende der Zeiten dieser Erde.«



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