Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


5. Kapitel: Die Befreiung der Sklaven durch Jesus

01] Hier gab Ich dem Raphael wieder einen Wink zur Befreiung der Gefangenen, und sie wurden in einem Augenblick frei und ganz vollkommen bekleidet, während sie früher nackt waren. Es machte aber diese plötzliche Befreiung der jungen Sklaven aus leicht begreiflichen Gründen eine übergroße Sensation, und der Haupthändler, seinen Augen nicht trauend, ging hin und befühlte die nun ganz gut bekleideten Sklaven und sah, daß ihre Kleidung aus ganz echten Kleiderstoffen verfertigt war, und daß diese Sklaven wirklich die seinen waren.

02] Da hob er die Hände auf und sagte (der Sklavenhändler): »jetzt erst erkenne ich klar, daß ihr nun wahrhaft in den Händen der Götter seid! Bittet aber auch ihr sie, daß sie euch gnädig sein möchten! Wenn ihr aber im wahren Glücke sein werdet, dann gedenkt eurer Alten daheim, die in hartem Lande hausen und mit schwerer Mühe und Arbeit sich die dürftige und magere Leibeskost verschaffen müssen und in dürftigen und sehr elenden Hütten aus Lehm und Stroh wohnen! Sammelt euch allerlei Kenntnisse, und kommt dann wieder zu uns, auf daß es durch euch dann auch einmal bei uns licht und gut werde; denn von nun an sollen keine Menschen mehr aus unseren Ländern ausgeführt und verkauft werden!«

03] Hierauf wandte sich Hiram zu Raphael, dessen Schönheit und Zartheit er nicht genug bewundern konnte, und sagte: »O du unbegreiflich selten schönster Junge! Bist denn auch du ein Gott, daß dir so eine wundersame Tat möglich war? Wie vermochtest du die Binden, mit denen diese Sklaven gebunden waren, so schnell zu lösen, und woher nahmst du die vielen und sehr kostbaren Kleider für die Jünglinge und für die Mägde?«

04] Sagte Raphael: »Ich bin kein Gott, sondern nur durch die Gnade Gottes Sein Diener! Ich vermag aus mir selbst ebensowenig wie du; aber wenn der allmächtige Wille Gottes mich durchdringt, dann vermag ich alles, und es ist mir dann nichts unmöglich. - Was wirst du aber mit den zweihundert noch daheim gelassenen Sklaven machen, die für den Handel noch nicht hinreichend gemästet sind?«

05] Sagte Hibram: »Auch darum weißt du, allmächtiger Junge?! Was anders soll ich nun tun, als sie zu nützlichen und guten Menschen erziehen und sie fürderhin als meine wahren Kinder betrachten! Dich aber werde ich bitten, daß du mir auch für sie Kleider verschaffen wollest, die ich dann für sie mitnehmen werde.«

06] Sagte Raphael: »Das ist nun noch nicht nötig; wenn du aber nach etlichen Tagen von hier abziehen und redlichen Sinnes verbleiben wirst, so wirst du samt deinen Geführten daheim schon alles antreffen, dessen du und deine Gefährten bedürfen werden.«

07] Damit war Hibram ganz zufrieden und desgleichen seine Gefährten, und alle dankten ihm und noch mehr Mir, dem Herrn; denn das erkannten nun alle diese Händler, daß Ich allein der Herr sei. Darauf aber gedachten sie der ziemlich vielen Wagen und Karren - die freilich mit den Wagen dieser Zeit nicht zu vergleichen waren - und der schon sehr ermüdeten Zugtiere.

08] Und Hibram sagte zu Raphael: »Mein allmächtiger Wunderjunge! Wo werden wir wohl unsere Wagen, Karren und die Zugtiere unterbringen und woher ein Futter nehmen?«

09] Sagte Raphael: »Da, innerhalb dieser Mauer, die diesen Berg umschließt, der im Besitze jenes Mannes ist, der nun mit dem Herrn spricht, sind Hütten und Stallungen in Menge, ebenso das Futter für eure Zugtiere im Vorrat vorhanden, und da könnt ihr all das Eure wohl unterbringen.«

10] Damit was der Händler Hibram ganz zufrieden, und seine Knechte versorgten nun Wagen, Karren und Tiere.

11] Sagte Ich: »Da nun auch dieses Werk wohl beendet ist, so wollen wir alle uns denn wieder auf den Berg begeben, und die befreiten Sklaven sollen zuerst mit Speise und Trank gestärkt werden. Und wenn du, Hibram, alles in der Ordnung haben wirst, dann komme auch du mit deinen Geführten und Knechten und nehmt als Meine Gäste auch Speise und Trank!«

12] Damit waren alle im höchsten Grade zufrieden, und die befreiten Sklaven wußten sich vor Freude nicht zu helfen. Alle wollten nun zu Mir hingehen und Mir danken. Da sie aber ihrer großen Anzahl wegen nicht auf einmal Platz haben konnten, so stellten sie sich in schönster Ordnung in einem Kreise um Mich herum und baten Mich in ihrer Zunge, daß ich sie ansehen und anhören möge. Da sah Ich sie alle freundlich an und bedeutete ihnen, daß sie nun reden möchten.

13] Darauf sagten sie mit vieler Rührung (die Sklaven): »O du guter Vater! Wir danken dir, daß du uns gerettet und unsere harten Binden gelöst hast. Wir haben nichts, um es dir je zu vergelten; aber wir wollen dir in der Folge dienen, als wären wir deine Füße, Hände, Augen, Ohren, Nase und Mund. Oh, laß dich auch auch von uns lieben, guter Vater! Bleibe uns fortan ein Vater in deiner Güte und Liebe, und verlasse uns nimmerdar!«

14] Darauf ging Ich im Kreise zu jedem einzelnen, umarmte ihn und drückte ihn an Meine Brust und sprach dabei die Worte: »Der Friede mit dir, Mein Sohn, Meine Tochter!«

15] Da weinten alle die zarten, blondlockigen Jünglinge und die noch zarteren und gar sehr lieblichen Jungfrauen und benetzten mit ihren Freudentränen Meine Hände und Füße.



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