Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 148


Geständnis des Pharisäers.

01] Demnach faßte der eine Pharisäer den Mut und fing an, also zu reden: ”Allerhöchster und unerbittlich gestrengster Herr und Gebieter über alle Lande Asiens und Afrikas zum größten Teile! Da uns denn nun nichts anderes übrigbleibt, als die volle Wahrheit zu bekennen, so muß ich im Namen aller meiner Gefährten denn doch offen bekennen, daß der Brief eine pure Fiktion war, und daß wir den berüchtigten Propheten aus Nazareth des bloßen Brotneides wegen auf das entschiedenste als unsern größten Feind verfolgen. Denn er wirkt Zeichen, die alles bisher Dagewesene im allerhöchsten Grade übertreffen; dazu lehrt er schnurstracks wider den Tempel und seine Gesetze, die doch nicht von uns sind.

02] Auf dem Berge Sinai empfing vor ungefähr tausend Jahren Moses Gesetze aus der feurigen Hand Gottes, und nachträglich noch eine Menge staatlicher Lebensverordnungen. Unter den Gesetzen ist Nummer eins ein allerwichtigstes, dahin lautend: "Du sollst nur an Mich, deinen alleinigen und einigen wahren Gott, glauben und keine fremden Götter neben Mir anbeten und verehren; denn Ich allein bin dein Gott und dein Herr!" Der Prophet (aus Nazareth) aber gebe vor, daß eben er und niemand anders ein wahrer Sohn Gottes und gar ein Gott Selbst sei, und berufe sich dabei auf die Aussagen der Propheten, die er ganz willkürlich auf sich bezieht, und auf das Zeugnis seiner Taten.

03] Wenn das so ganz ungestraft dahingehend gelassen wird, so ist es mit der als göttlich erweisbaren Anstalt zu Jerusalem in wenigen Jahren vollkommen am Ende! Was dann? Wie werden wir von Gott Bestellte vor dem Volke dastehen und von was fürderhin leben, da wir von Gott aus gesetzlich nie einen Acker noch einen Weinberg besitzen durften? Auf der einen Seite haben wir die von uns abgefallenen Samariter, die Sadduzäer und die Halbheiden, auf der andern Seite die Essäer, die nun bald schon das halbe Volk für sich haben, - und nun kommt auch noch der Galiläer dazu! Das muß uns denn am Ende doch ein wenig zuviel werden!

04] Auf Sinai, unter Blitz und Donner, hat Jehova durch Moses und Aaron uns Gesetze gegeben, hat sie sanktioniert und hat, sage, mit uns einen ewigen Bund errichtet und uns strengst verpflichtet, diesem Bunde treu zu verbleiben. Er, der Allmächtige, verhieß uns die größten Lebensvorteile, so wir dem Bunde und dem Gesetze treu verbleiben, aber auch die größten Nachteile, wenn wir den Bund leichtsinnig brechen. Er gab uns aber auch das Recht, unsere Widersacher mit Feuer und Schwert zu verfolgen, wie solches auch Josua bei Jericho und später der große König David mit den Philistern gemacht haben, wo sogar nach Jehovas Geheiß der Kinder im Mutterleibe nicht geschont werden durfte.

05] So aber Jehova nun wider Seine Verheißungen und Beteuerungen, vielleicht ob unserer Sünden und unserer Lauheit und Duldsamkeit gegen unsere Widersacher, den alten Bund auflösen und uns schon völlig verlassen wollte, so würde Er das doch sicher auf eine Ihm leicht mögliche großartige Weise tun, auf welche Er mit uns vor ungefähr tausend Jahren den Bund errichtet hat, auf daß dann jedermann bestimmt und ungezweifelt wüßte, wie er daran ist! Nun aber ist das bisher noch lange nicht geschehen; wie kann sich dann ein noch so außerordentliche Dinge leistender Magier je unterfangen, gegen uns als eine stets gleichfort bestehende Satzung Gottes auf das allerschmählichste zu agieren anzufangen?!

06] Er solle die Kranken gesund machen, so viele er will, und solle zur Belustigung der Menschen auch Berge versetzen und andere noch so großartige Dinge verrichten; aber gegen den Tempel und seine heiligen Geheimnisse solle er nicht losziehen! Er aber tut solches stets mehr, untergräbt den Glauben und das Vertrauen des Volkes, nun besonders der Galiläer, zum Tempel gänzlich, so, daß uns diese gar häufig den Zehent nicht mehr geben wollen und uns obendrauf noch als größte und abgefeimteste Menschen- und Volksbetrüger verschreien. Sind wir das, so zeige es uns Jehova durch den Mund eines ordentlichen Propheten an, nicht durch einen galiläischen Zauberer, der sich für einen der größten Propheten, ja sogar für einen Sohn des Allerhöchsten ausgibt, da es doch geschrieben steht, daß aus Galiläa, das zu sehr von den Heiden unterspickt ist, nie ein Prophet aufstehen kann, und um so weniger ein Sohn Gottes, aus den Himmeln kommend!

07] Wenn wir aber, erstens durch Gottes Gesetz und zweitens durch den offenbarsten Drang der Umstände, genötigt sind, solch einen der alten Sache Gottes höchst gefährlichen Menschen zu verfolgen und wo möglich mit allen Gottesrechten mit unseren Händen aus dem Wege zu räumen und von der Erde zu vertilgen, tun wir da unrecht, wenn wir uns hierzu in dieser Zeit leider so manchen politischen Mittels bedienen müssen, um das uns überaus gefährliche Subjekt zu vertilgen?! Ich meine, daß du an der vollen Wahrheit dieses unseres wohlbegründeten, offenen Bekenntnisses nun keinen Zweifel mehr hegen wirst!“



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