Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 245


Auf der Venus.

01] Hier legte Raphael jedem seine Hände auf die Stirne und Brust zugleich, und im selben Momente befanden sich die drei mit der Sehe ihrer Seele auf dem Planeten Venus und besahen gar wohl dessen Boden, Geschöpfe und Einrichtung, hörten sogar die dortigen Menschen reden, und das gerade in einer Versammlung zur Verehrung des großen Geistes aller Geister. Und was da gesprochen ward, lautete: ”Ihr Menschen dieser schönen Erde, die der große Geist erschuf nach dem Maße Seines Auges, wir sind hier versammelt, um diesem großen Geiste unser Lob und unsere Verehrung darzubringen! Höchst mächtig und weise aber ist der große Geist; darum können wir Ihn auch nur dadurch ehren, dass wir in aller Handlung uns Ihm gegenüber als Selbstweise bezeigen. Die wahre Weisheit aber besteht in der größtmöglichen Ordnung; der höchste Grad dieser Ordnung aber ist das Ebenmaß. Betrachten wir uns selbst als den Kulminationspunkt aller Schöpfung dastehend! Welch ein Ebenmaß in unserem Gliederbau! Wie ähnlich sieht doch ein Auge dem andern, ein Ohr dem andern, eine Hand der andern, ein Fuß dem andern! Betrachten wir unsere Gestalt! Wir kann sagen, dass zwischen uns nicht die höchste physiologische (körperliche) Ähnlichkeit obwalte? Wäre nicht in unseren Charakteren und Temperamenten ein Unterschied, so würden wir uns nicht voneinander unterscheiden können!

02] Wir sehen aus dem, wie aus vielen andern Dingen, dass des großen Geistes Weisheit am vollkommensten Ebenmaße das größte Wohlgefallen haben muß, und so wollen wir denn in allem, was wir tun und errichten, das strengste Ebenmaß beachten! Niemand erbaue sein Haus auch nur um ein Haarbreit größer denn sein Nachbar, gebe ihm auch keine andere Gestalt und setze es ja nicht um ein Haar außerhalb oder innerhalb der geradesten Linie; denn solches würde dem Großgeiste mißfallen, und Er würde nicht segnen solch ein unordentliches Haus.

03] Also merken wir es auch allen Geschöpfen an, dass dem Großgeiste die runde Form die liebste ist; denn je vollendeter ein Geschöpf ist, desto ausgezeichneter ist es auch in der Rundung seiner Form. Daher sollen auch wir allem, was wir machen, eine Abrundung geben; denn daran hat der große Geist ein ganz besonderes Wohlgefallen und muß es haben, weil wir, als Wesen nach Seinem Maße geschaffen und mit Seinen Sinnen begabt, auch nur an den Rundungen das größte Wohlgefallen haben. Es ist daher ein Gebot, alles, was wir machen, ganz gehörig abzurunden. Wer etwas Eckiges und gar Spitziges ohne Not und rechtmäßige Erlaubnis zustande bringt, der zieht sich das Mißfallen und den Zorn des großen Geistes zu!

04] Also sehen wir ferner, dass dem großen Geiste die schöne weiße Farbe, hie und da etwas gerötet, unfehlbar die allerangenehmste sein muß, weil Er uns als Seinen vorzüglichsten Geschöpfen eine solche Farbe gegeben hat. Also müssen wir diese Farbe in unserer Kleidung vor allem besonders beachten und erwählen und dürfen uns nicht verleiten lassen, etwa irgend andere Farben auf unsere Kleider zu geben; denn auch dies wäre dem großen Geiste unangenehm!

05] Also sollen wir uns der ganz geraden Linie nur dort bedienen, wo sie am nötigsten ist, so wie sich auch der große Geist ebenfalls nur dort einer ganz geraden Linie bedient, wo sie unumgänglich nötig ist! Überall anderswo bemerken wir Abrundungen, und es ist daher notwendig, um in allem dem großen Geiste ähnlich und vollkommen zu sein, auch dieses Maß und diese Form möglichst streng zu beachten.

06] Wir aber wissen, dass wir alles das genauest nur durch die vollendete Kunde im Rechnen und geschickten Messen erreichen können. Also ist es wieder eines jeden strengste Pflicht, diese Kunst und Wissenschaft vor allem zu betreiben; denn ohne diese müßte ein Mensch in einem Tage dem großen Geiste tausend Male häßlich und verächtlich erscheinen! Denn der große Geist sieht alles und bemißt in jedem Augenblicke alles; wo Er eine Lässigkeit in solcher Ihm allein wohlgefälligen Ordnung antrifft, zieht Er Sein Auge ab und somit auch Seinen Segen, ohne den nichts gedeihen kann!

07] Sind wir aber in diesen Hauptstücken in der vollsten Ordnung, so versteht es sich von selbst, dass wir auch in unserem Denken und Willen in der Ordnung sein müssen; denn das äußere vollkommene Ebenmaß in allem muß notwendig das innere der Seele zur Folge haben, auf das natürlich der große Geist vor allem sieht.

08] Wie bald würde sich Hochmut und eine verderblichste Geringachtung eines Menschen gegen den andern einschleichen und Armut, Elend und Mittellosigkeit; nur durch die strengste Beachtung des Ebenmaßes in allem wird solches Arge stets von uns ferngehalten, und wir leben also alle glücklich, da niemand sich etwas einbilden kann, dass er etwa vorzüglicher sei denn sein Nächster.

09] Wo der große Geist Selbst ein Unebenmaß als notwendig verordnet hat, dort bringt es uns auch keinen Schaden, sondern nur einen Nutzen. Also können wir nicht alle gleich alt sein. Es ist dies zwar in der strengen Ordnung ein Fehler; aber der wird vom großen Geiste dadurch völlig ausgeglichen, dass das Alter, an Kenntnissen und Erfahrungen reich, die Jugend ebenso reich macht, als es selbst ist!

10] Und so gibt es noch mehrere ähnliche Unebenheiten in dem Gleichmaße der Ordnungen des großen Geistes; aber sie dienen uns nur zur Belehrung, dass es auch neben der höchsten Ordnung Unordnungen gibt, die aber nicht darum gesegnet sind, weil sie zugelassen sind, sondern nur, dass wir an ihnen das Schlechte leichter erkennen. Niemand soll mit einem zerrissenen Gewande einhergehen, sondern alsbald das Loch verstopfen mit einem gleichen Lappen, so er sich kein neues Kleid anfertigen kann!

11] Es ist aber bei mehreren bemerkt worden, dass sie, wenn sie einen weitern Weg zu machen haben, sich eines Schupf- oder Stützstockes bedienen. Das ist etwas Unordentliches und solle vermieden werden! Wer sich altershalber schon eines Stockes bedient, der nehme zwei ganz gleiche Stöcke, in jede Hand einen des Gleichmaßes wegen, um vor den Augen des großen Geistes nicht mißliebig zu erscheinen!

12] Auch ward bemerkt, dass einige ihren Gärten eine andere Einrichtung geben und sie anders ordnen, als da geordnet sind die schönen Gärten der ganz ordnungsliebenden Nachbarn. Daran hat der große Geist kein Wohlgefallen, auch könnte dadurch zwischen euch sich Neid und Eifersucht entwickeln, was vor dem großen Geiste schon gar etwas Entsetzliches wäre! Darum haltet darauf, dass in euren Garten und auf euren Äckern eine gleiche Ordnung sei! Wenn gar lieblich so Gärten und Äcker geordnet stehen, so findet des großen Geistes Auge ein rechtes Wohlgefallen daran, und der Segen kommt mit dem Wohlgefallen.

13] Auch in euren Häusern treffet eine solche Ordnung, daß, so ein Nachbar des andern Haus betritt, es ihm nicht fremd vorkomme darin, sondern ganz so heimisch wie in seinem eigenen Hause! Das sieht der große Geist auch mit großem Wohlgefallen an; denn ihr alle seid eine Familie vor dem großen Geiste und sollt euch gegenseitig nie entfremden.

14] So da auch jemand zu uns käme vom Ende der Welt, so muß es ihm dennoch also vorkommen, als wäre er in seiner vollen Heimat und in seinem eigenen Hause! So etwas sieht der große Geist gerne, und Sein Segen bleibt nicht unterm Wege.

15] Es haben sich an einem großen Wasser wohl einige unterfangen, fremdartige Gebäude zu erbauen, die die Gegend zieren; aber der große Geist hat kein Wohlgefallen daran. Was aber dem großen Geiste nicht gefällt, daran sollen denn auch wir kein Wohlgefallen haben!

16] Die zahmen Haustiere pfleget wohl und behandelt sie wohl; denn auch sie sind Werke des großen Geistes und sind bestimmt, euch nützlich zu sein. Sie sind lebendige Werkzeuge zu unserem Nutzen, und wir müssen sie darum in allen Ehren halten.

17] Also soll auch niemand ohne Not ein noch so kleines Pflänzchen zerstören; denn so etwas wäre ein Undank gegen den großen Geist, für den wir auf keinen Segen zu rechnen hätten. Die Wege aber sollen rein erhalten werden, und ihr sollt darauf nie ein Gras wachsen lassen, auf dass es nicht zertreten und in seinem Wachstume gestört werde! Tut alles das genaust, und ihr werdet nie eine Not unter euch haben!

18] Betrachtet meine Worte als den mir für euch geoffenbarten Willen des allweisesten und allmächtigsten großen Geistes, und handelt strenge danach, so werdet ihr hier glücklich sein und jenseits selig dort in jener Welt, von der uns die Seelen der von uns Geschiedenen sagen, dass sie über alle Maßen schön und herrlich sei, und in der wir auch zu öfteren Malen den großen Geist und Seine lichtvollsten Diener werden zu Gesichte bekommen.

19] Am Schlusse aber muß ich euch noch etwas kundtun, was mir ein heller Geist kundgemacht hat schon vor längerer Zeit einmal und nun abermals, und zwar um vieles bestimmter denn ein früheres mal. Ihr seht wohl zur Nachtzeit den glänzenden, großen Stern, den ein kleiner begleitet. Die schöne, helle Kapra (also nennen die Venusmenschen diese Erde) kennt ihr nur zu gut; aber ihr alle wisst nicht, was die Kapra ist. Auch ich wußte es früher nicht. Aber der Geist sagte es mir und zeigte mir in einem traumartigen Zustande die Kapra als eine ebenso große Welt und Erde, wie die da ist, die uns trägt.

20] Der kleine, die Kapra stets begleitende Stern ist ebenfalls eine Erde, aber bedeutend kleiner als die Kapra selbst. Diese kleine Erde ist sehr kahl und zur Hälfte vollkommen wesenleer.

21] Auf der großen Kapra aber zeigte mir der Geist einen Menschen und sagte: 'Siehe, dies ist der Herr! In Ihm wohnt die Fülle des ewigen, großen Geistes. Von nun an wird dieser Geist in vollkommenster Menschengestalt allen Seinen vernünftigen Geschöpfen wie ein Mensch dem andern zugänglich sein. Die Menschen der Kapra aber sind zumeist wie Seine Kinder, und es wird allen eine große, göttliche Macht erteilt, wenn sie, diese Kinder, den Willen dieses Menschen aller Menschen erfüllen; die den Willen aber nicht erfüllen, die bleiben dumm und schwach und werden nicht zu Kindern angenommen, sondern sie bleiben gleich den Seelen der Tiere so lange Tiere, bis sie den Willen des großen Geistes, der in dem Einen Menschen wohnt, vollends zu ihrem eigenen machen!'

22] Wir Menschen sollen darum stets eine besondere Achtung vor der schönen, hellen Kapra haben! Wir sollten aber den großen Geist, der nun als ein vollkommenster Mensch auf jener Kapra wohnt, auch lieben wie hier ein Weib den Mann und ein Kind den Vater und die Mutter, dann würden auch wir vermögend werden, den großen Geist dereinst als einen Menschen zu sehen und zu sprechen, - was unsere zu erwartende Seligkeit sehr vermehren würde; ja, der Geist, der mir solches offenbarte, sagte sogar, dass es für manche von unserer Erde nicht unmöglich werden dürfte, den Kindern der Kapra gleichgestellt zu werden.

23] Da ihr solches nun durch euren allzeit wahrhaftigsten Lehrer und Führer erfahren habt, so glaubt es, und bezeuget in eurem Gemüte jenem Sterne eine Achtung, damit von dessen Lichte uns Strahlen des Segens und der Gnade reichlich zufließen mögen!“



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