Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 128


Michas lebensweise Auffassung der Vorkommnisse.

01] Sagt Micha: ”Ist auch gar nicht notwendig! Seien wir froh, dass wir das sind, was wir sind, und dass wir endlich einmal das vor uns körperlich haben in aller der endlosesten Wirkungsumfassung, wovon die Alten vergeblich nach irgendeinem haltbaren Begriffe strebten, sich aber mit demselben auch stets gleich ins Blaue verloren!

02] Betrachtet Moses und alle die Propheten, nehmt noch die Weisen Ägyptens und Griechenlands dazu, fasst ihre ungeheuer mystisch geistigen Begriffe vom Wesen Gottes zusammen, und ihr habt noch kein Sandkorn groß von dem, was wir hier in Hülle und Fülle handgreiflich körperlich vor uns haben!

03] Moses, der größte Prophet wollte am Berge Sinai Gott sehen, bekam aber aus der feuerschwangersten Wolke mit einer Donnerstimme, dass darob der Erdkreis erbebte, zur Antwort: 'Gott kann niemand sehen und leben!' Wir aber schauen nun denselben Gott, reden mit Ihm, sind fröhliche Zeugen von Seiner Weisheit und Allmacht und leben ganz gar und ganz gemütlich dabei! Wenn es dem guten Moses auf dem Berge manchmal etwas unheimlich zumute geworden ist, besonders wenn um sein Haupt in einem fort tausendmal tausend allergewaltigst krachende Blitze ihr Spiel trieben, so ist das gar wohl begreiflich; aber wenn wir hier von einer besonderen Unheimlichkeit reden in Gegenwart des so überaus guten und allergemütlichsten Gottes, so sind wir vollauf des derbsten Auslachens wert!

04] Schwärmten nicht unsere Alten von einem heiligen Vater im Himmel, konnten aber dennoch nie zu irgendeinem Begriffe von Ihm gelangen!? Wir haben denselben heiligen Vater in aller handgreiflichster Wahrheit nun vor uns auf dieser Erde, die nun der Himmel aller Himmel ist, und wir fühlen uns unheimisch!

05] Es ist schon wahr, dass man sich hier ganz ungewohnt und anders fühlen muß als ein Kind daheim bei seinem eitlen Spielzeuge; aber dafür befinden wir uns nun auch in einer ganz kuriosen Schule des Lebens! Wenn ein Kind das erstemal in eine Schule kommt, wird es sich auch sicher nicht so heimisch fühlen als bei seinem Spielzeug daheim im Hause seiner Alten; aber wenn es die Schule einmal ein Jahr lang besucht, dann wird es sich auch darin so heimisch fühlen als daheim beim Spielzeug.

06] Wie aber Er, unser Gott, Meister, Herr und Vater mit Seinem allmächtigen Willen dennoch in der ganzen Unendlichkeit vom Größten bis zum Kleinsten alles wirksamst durchdringt und Sich gleich aller Seiner end- und zahllos vielen Geschöpfe vom Größten bis zum Kleinsten als klarst gegenwärtig bewußt ist, das, Brüder, geht uns gar nichts an und weiter sicher nicht, als dass wir wissen und einsehen, dass es also ist und sein muß, ansonst alle Dinge offenbar augenblicklich ihr objektives Dasein verlieren müßten.

07] Haben wir nur Geduld! Heute wissen wir einmal so viel, morgen werden wir offenbar wieder mehr wissen, und in einem Jahre dürften wir schon viel mehr wissen als eben jetzt im Anfange unserer geistigen Entwicklung, in der wir aber dennoch schon jetzt bei weitem höher stehen, als vor uns Moses und alle die großen, Namen habenden Propheten standen, die in ihren allerheiligsten Gesichten das kaum allergeistigst geahnt und darauf mit höchst mystischen Worten und Zeichen niedergeschrieben haben, was wir jetzt ohne alle Mystik mir unseren Händen greifen können. Bedenken wir das nur so recht lebendig, und wir werden uns gleich um vieles weniger unheimisch fühlen, als sich einst Saul unter den Propheten gefühlt hat!“

08] Sagen die andern: ”Ja, ja, du hast vollkommen recht, und uns allen ist nun schon um vieles heimischer zumute! Was ein vernünftiges Wort eines Menschen doch alles zu bewirken imstande ist!“

09] Sagt Zahr, der bis jetzt noch immer geschwiegen hatte, aber sonst stets voll Heiterkeit in seinem Gemüte war: ”Es ist zum Lachen, was oft die gescheitesten Männer für dummes Zeug zusammenbringen! Micha, der Schwächste unter uns, hat dennoch die allergescheiteste Ansicht zutage gefördert! Wie könnte es einem aber hier nur im geringsten fremd und unheimlich vorkommen? Gerade das Gegenteil! Wir sind ja nun erst so ganz am rechten Flecke! Wir sind bei Gott, unserem ewigen Schöpfer und Vater. Von da sind wir ausgegangen und sind nun wieder soweit als möglich dahin zurückgekehrt; was reden wir da von Sich-fremd-Fühlen? Da sind wir ja erst so recht zu Hause! Nein, was die Brüder Rob und Boz doch für sonderbare Ansichten haben! - Was sagst denn du, Mathael, dazu?“



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