Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 99


Das Erlöschen der Scheinsonne und dessen Wirkung.

01] Einige Augenblicke vor dem Erlöschen sage Ich laut zu allen: ”macht euch gefaßt aufs Erlöschen, und du aber, Markus, zünde nun zuvor alle Öllampen und Pechfackeln an, sonst würde die auf dies starke Licht plötzlich erfolgende starke Finsternis eure Augen schädlich und schmerzhaft berühren!“

02] Markus und seine Diener zünden nun eiligst die Lichter aller Gattung an, und Cyrenius und Julius befehlen den Soldaten, Reisig anzuzünden, und als alles im gehörigen Brande steht, sage Ich laut: ”Erlösche, du Scheinlicht der Luft, und euch dabei tätigen Geistern werde Ruhe!“

03] Nach solch Meinem Rufe erlosch die Scheinsonne plötzlich, eine überstarke Finsternis bedeckte im Augenblick die ganze Gegend, und man vernahm deutlich das große Angstgeheul aus der nahe gelegenen Stadt.

04] Die Menschen sahen wohl die vielen Lichter auf dem Berge, darauf wir uns ganz gemütlich befanden, aber keiner aus den Tausenden faßte den Mut, auch nur einen Fuß weiterzusetzen; denn die Juden sahen in ihrer großen Angst schon im Ernste die Sterne vom Himmel fallen und mehrere auf unserem Berge liegen; die Heiden aber meinten, Pluto habe durch seine Furien dem Apollo, der sich vielleicht in irgendeine weibliche Schönheit verschaut hatte, die Sonne geraubt, und es werde nun einen abermaligen Götterkrieg auf der Erde absetzen.

05] Ein Götterkrieg aber war nach der Mythe! (Sage) der Heiden eben auch keine wünschenswerte Erscheinung auf der Erde, weil der einst schon stattgehabte gar so fürchterlich ausgesehen habe, in dem die riesenhaften Unterweltsgötter gegen den Ölymp nur gleich ganze brennende Berge mit großer Kraft geschleudert haben, wogegen es Zeus natürlich an einer gehörigen Gegendotation (Gegengabe) von zahllosen Blitzen und bergegroßen Hagelschloßen nicht habe fehlen lassen und die bösen Mächte der Unterwelt dadurch besiegt habe.

06] Da von der Stadt aus die Scheinsonne gerade dem Scheine nach über dem Berge, auf dem wir uns befanden, stehend zu sehen war, nach dem Erlöschen aber der Berg vor lauter Lichtern und Wachtfeuern zu glühen schien, so meinten die Heiden, dass die Sonne von den Furien gerade in diesen Berg versteckt worden sei und die Fürsten der Unterwelt nun da Wachen aufgestellt haben mit brennenden Orkusfackeln, und wehe dem, der sich nahen würde diesem Berge, der nach allen Seiten wirklich mehrere unterschiedlich tiefgehende Höhlen und Grotten hatte, an deren einer eben des Markus Behausung angebaut war, und die, wie bekannt, dem Markus als ein sehr geräumiger Keller und als sonstige Aufbewahrungskammer diente.

07] So gingen die Juden aus Furcht, von den auf den Berg niederfallenden Sternen erschlagen oder verbrannt zu werden, und die Heiden aus Furcht vor den Furien nicht zu dem Berge und zogen sich, als ihre Augen sich an die Finsternis mehr gewöhnt hatten, nach und nach in ihre Wohnungen zurück. Einige schliefen bald ein, andere aber blieben die ganze Nacht wach unter Furcht und Angst vor der Erwartung der schrecklichen Dinge, die nun nach der Prophezeiung Daniels über den Erdkreis kommen sollten; und die Heiden warteten auf die ersten Blitze und Donnerkeile des Zeus und auf den furchtbaren Weltenlärm, den Apollo gegen den Räuber Pluto beginnen werde.

08] Kurz, es war in der ganzen, bedeutenden Stadt eine Verwirrung, die dem einstigen großen Babylon (bei der Sprachenverwirrung) keine Schande gemacht hätte. Aber bei uns auf dem Berge ging es dafür ganz gemütlich her; denn wir ließen uns das gut bereitete Abendmahl auf den Berg bringen. Raphael besorgte in einem Momente, dass alle die Speisetische auf den Berg zu stehen kamen und danebst auch die Speisen, ohne irgendeine große Mühe des Markus und seiner Familie, die zuvor mit der Bereitung der Speisen genügend zu tun hatten. Auch die römischen Soldaten bekamen genügend zu essen und wurden darob bald recht vergnügt.



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