Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 43


Über Leben und Tod.

01] Sagt Mathael: ”Ein redlich-guter Wille ist schon soviel wie das halbe Werk; aber der Mensch darf es nicht zu lange bloß beim guten Willen lassen, sondern muß solchen ehestmöglich ins Werk setzen, ansonst der Wille mit der Zeit sich abkühlt, seine Spannkraft verliert und am Ende zur Vollbringung eines guten Werkes zu schwach und ohnmächtig wird.

02] Siehe, solange das Wasser im Topfe siedet, kann man verschiedene Früchte weich sieden und sie in leicht verdauliche Speisen umgestalten; aber wenn das Wasser im Topfe lau und am Ende gar kalt geworden ist, da geht es mit dem Weichkochen der Früchte nicht mehr!

03] Darum ist der Wille eines Menschen gleich einem siedenden Wasser im Topfe. Die Liebe zu Gott und zu allem Guten des Lebens aus Gott ist das rechte Feuer, das das Lebenswasser im Topfe zum tätigen Sieden bringt; die weich zu kochenden Früchte aber sind jene Werke und Taten, die wir als gut und wahr anerkannt, aber noch nicht ins Werk gesetzt haben, daher wir sie eben, solange das Wasser im mächtigen Sieden ist, in das Wasser tun müssen, ansonst sie roh und unverdaulich bleiben und daher fürs Leben von keinem Nutzen sind.

04] Was man sonach will, das muß man auch tun, ansonst bleibt der Wille stets eine Lüge gegenüber dem Leben, und aus der Lüge wird in Ewigkeit keine Wahrheit!

05] Wahrheit aber ist das Leben, und die Lüge der Tod; darum suche in allem die Wahrheit, sie ist das Leben, und fliehe die Lüge in und außer dir, denn sie ist der wirkliche Tod!

06] Oder was hast du, wenn du dir einbildest, als hättest du etwas? Siehe, nichts als das Nichtige deiner Einbildung! Und was ist das? Siehe, es ist nichts, und dieses Nichts ist der wahre Tod!

07] Wenn du aber bauen willst und hast kein Material und keine Bauleute, wie wird dein Haus, das du bauen willst, aussehen? Sieh, es wird nimmer eine Gestaltung bekommen! Das Material aber sind die Taten und Werke eines lebendigen Willens, der tatkräftige Wille aber sind die Bauleute; diese führen dann aus deinen guten Werken ein rechtes Haus auf, und dieses Haus ist dein wahres Leben in Gott, das da ewig unverwüstbar stehen wird. Aber mit einer geringen Mühe wird kein Haus erbaut, und allerwenigsten das Lebenshaus; darum heißt es da tätig sein in aller Fülle der uns zu eigen verliehenen Kraft, ansonst dürfte es mit dem Baue schlecht vorwärtsgehen.

08] Als Noah die Arche baute, soll er im Anfange sehr saumselig sein ihm anbefohlenes Werk begonnen haben. Als seine Widersacher das merkten, zerstörten sie ihm zur Nachtzeit stets, was er am Tage zustande gebracht hatte. Erst nach vielen Jahren begann er Tag und Nacht an der Arche zu arbeiten und stellte Wächter auf; da erst ging der Bau seiner Vollendung mit raschen Schritten entgegen und bot also zur Zeit der großen Flut, wie bekannt, denen, die darin waren, den Schutz und bewahrte sie vor dem sonst sicheren Untergange.

09] Ich sage es dir, dass wir im Grunde nun lauter Noahe sind. Die Welt mit ihren Lügen und Trügereien und all den daraus hervorgehenden Lockungen ist die immerwährende Flut. Auf dass wir von der nicht verschlungen werden, müssen wir die anbefohlene Arche emsigst erbauen; diese Arche ist die Lebensfestigung unserer Seele zur Erhaltung und endlichen Vollausbildung des Gottesgeisteslebens in der Seele.

10] Wenn dann endlich die Flut der lockenden Weltversuchungen hinabsinken wird in die Tiefe ihrer Leerheit, so wird das Gottesleben in und über die Seele hinaustreten in aller Kraft und wird in der reinen und neuen Lebenssphäre in der allerungebundensten Freiheit ohne alle feindlichen Wegelagerer ein neues Werk beginnen und damit segnen in und mit Gott die ganze Unendlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! - Verstehst du dies Bild?“



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