Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 16


Von der Erhöhung Jesu.

01] (Der Herr:) ”Ich aber sage es euch, dass es dennoch stets schwer sein wird, allein bei der reinsten nackten Wahrheit zu verbleiben; denn der Weltverstand, der verschiedenorts auch zu einer großen Schärfe kommen wird, wird nicht einsehen, wie Ich eben Der sein kann dem Geiste nach, der einst auf Sinai dem Moses unter Blitz und Donner die Gesetze gab und ihm die fünf Bücher diktierte, und der mit Seiner Weisheit, Macht und Stärke die ganze Unendlichkeit erhält und regiert! Das geht sogar mehreren aus euch nun noch nicht ganz ein, die ihr doch volle Zeugen von all dem seid, was hier vorgeht und was auch andernorts vorgegangen ist, dass Ich vollends eins mit dem Vater im Himmel bin. Was werden erst die großen Weltweisen dazu sagen, wenn solches Zeugnis aus dem tausendsten Munde zu ihren Ohren gelangen wird?!

02] Darum wird es auch nur der Einfalt verkündet, und nicht den Weisen der Welt; denn was vor der Welt groß, ist vor Gott ein Greuel!

03] Der einfache, schlichte Mensch, der da noch eines möglich reinen Herzens ist, hat offenbar auch eine freiere Seele und in der Seele einen freieren Geist und faßt darum bald und leicht das, was des Geistes ist; aber ein Weltweiser, dessen Seele mit lauter materiellen Verhältnissen vernagelt ist und von einem göttlichen Geiste in ihr gar keine Ahnung mehr hat, wird das freilich nicht fassen und begreifen, was ihr zum größten Teil nun schon leicht begreift und so ziemlich in der rechten Tiefe fasst. Aber dennoch fasst auch ihr jetzt noch vieles nicht; aber nach Meiner Erhöhung werdet ihr es vollkommen fassen!“

04] Hier fragt sogleich Cyrenius: ”Was für eine Erhöhung denn meinst Du? Wirst Du etwa auf Erden zu einem Könige aller Könige erhöht und gekrönt werden?“

05] Sage Ich: ”Jawohl, aber zu keinem Könige der Welt, und auch mit keiner Goldkrone! Hätte Ich denn nicht Macht, Mir ein Königtum der Erde zu nehmen, das noch weit über alle Enden dieser Erde hinausreichte? Wer könnte Mich wohl hindern daran?

06] Ist nicht das Sein aller Dinge in der Hand Meines Vaters, der in Mir ist, wie Ich in Ihm bin, und ebenso das Leben aller Menschen? Wie viele Atemzüge könntest du ohne den Willen Meines Geistes tun, der allein alles belebt und erhält?!

07] Was nützte den Menschen zur Zeit Noahs alle ihre Macht und feine Kriegskunst?! Siehe, Mein Geist ließ die Wasserflut über alle Könige und ihre Völker kommen, und sie wurden alle begraben!

08] Was nützte dem mächtigen Pharao all sein großes Kriegsheer? Mein Geist ließ die Israeliten trocken durchs Rote Meer ziehen und das sie verfolgende Heer des Pharao ersäufen!

09] Wenn Ich also wollte ein König dieser Erde sein, welche Macht könnte Mich wohl daran hindern?

10] Aber solches sei ferne von Mir und von allen denen, die wahrhaft Meine Nachfolger sein wollen; Mich erwartet eine ganz andere Erhöhung und Krönung, von der du erst dann das Nähere erfahren wirst, wann sie wird begangen sein. Einige Winke aber habe Ich dir ohnehin schon gleich anfangs dieser unserer Sitzung gegeben; so du dich daran erinnerst, wirst du dir das Weitere wohl von selbst denken können!“

11] Sagt Cyrenius: ”Aber Herr, ich weiß es nun ganz gewiß, wer und was Du bist, und was alles Du vermagst, - begreife deshalb aber noch immer nicht so recht aus dem Fundamente, warum Du bekanntermaßen bei aller Deiner Allmacht dennoch vor den Nachstellungen des Herodes sowohl wie vor denen des Tempels Dich auf dem flüchtigen Fuße hältst!?“

12] Sage Ich: ”Freund, diese Frage hättest du dir nun ganz füglich ersparen können! Fürs erste, weil Ich sie dir schon in Nazareth mehr als hinreichend erläutert habe, und fürs zweite solltest du denn endlich doch schon aus allen Meinen Reden abgenommen haben, dass Ich nicht darum in diese Welt gekommen bin, die Toten noch mehr tot zu machen, als sie es ohnehin schon sind, sondern überall sie nur von neuem wieder zu beleben; darum soll nun an niemanden von Mir aus ein Gericht gehalten werden. Denn nun bin Ich da, all das Gericht, das über diese Erde beschlossen war, auf Mich zu nehmen, und alle Menschen sollen durch das auf Mich genommene Gericht die volle Erlösung vom ewigen Tode finden.

13] Also bin Ich nun nicht da zum Dreinschlagen, sondern nur um alle möglichen Wunden an der mit tausenderlei Übeln behafteten Menschheit zu heilen, aber nicht um ihr noch tiefere und ärgere zu schlagen.

14] Meinst du denn, dass Ich aus Furcht vor Meinen Verfolgern Mich gewisserart flüchtig halte? Oh, so das dein Glaube wäre, da wärest du in einer großen und groben Irre! Siehe an die etlichen schwersten Verbrecher! Wahrlich, nach Moses und nach eurem Gesetze haben sie den hundertfachen Tod verdient; und dennoch lasse Ich nun das nicht geschehen, dass sie getötet würden, sondern es soll auch ihnen die Gnade der Himmel zuteil werden. Werden sie sich die Gnade zunutze machen, so sollen sie auch teil an Meinem Reiche haben; fallen sie aber nach der Zeit wieder, so werden sie es sich selbst zuzuschreiben haben, so sie des Gesetzes Fluch und Strenge töten wird! Denn siehe, das Gesetz währt immer, die Gnade aber kommt nur von Zeit zu Zeit den Bedrängten zu Hilfe; wenn aber die Gnade nicht respektiert wird, so muß man sich dann wieder das Gesetz gefallen lassen.“



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