Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 152


Satan erscheint vor Jesus und Jüngern auf einem Berg

01] Als der Hauptmann solches ausspricht, so geschieht ein mächtiger Blitz, begleitet vom stärksten Donner, und der Satan steht in großer Riesengestalt ganz feurig vor dem Hauptmanne, stampft mit einem Fuße so heftig auf den Boden, daß der ganze Berg um und um erbebt, und spricht zum Hauptmann: »Was willst du, elendester Mutterschänder, von mir!? Warum beriefst du mich auf diese Höhe, die mir tausend Male peinlicher ist als alles Höllenfeuer!?«

02] Sagt der Hauptmann, etwas sehr stark aufgeregt über den Anruf >Mutterschänder<: »He, Feind aller Menschen und Gottes Selbst, mäßige dich; denn dir steht es nicht zu, zu richten im Angesichte Gottes, deines Herrn! Habe ich gesündigt im Schlafe in großer Betäubung meiner Sinne, so habe ich nur mir, nie aber dir in etwas geschadet. Ich glaube aber, daß Gott mehr ist denn du, und Er hat mich noch nie also begrüßt wie du elender Lügner! Es ist wohl wahr, daß es einmal geschah, daß ich meine Mutter beschlafen habe in meinem vierzehnten Jahre; aber ich ward dazu verleitet durch meine Mutter. Denn sie verkleidete sich in eine üppigste Griechin und trug über ihr ohnehin noch äußerst schönes Gesicht eine feine griechische Larve, kam in der Nacht zu mir, entdeckte mir alle ihre mächtigen Reize und verlangte mich. Denn meine Mutter war damals kaum achtundzwanzig Jahre alt; als sie mich als Erstling gebar, zählte sie dreizehneinhalb Jahre. Ich war in Rom bekannt als einer der schönsten und reizendsten Jünglinge; was Wunder, daß meine eigene Mutter für mich entbrannte und sich maskierte, um mich zu genießen! Elender! So ich als ein feuriger Römer sonach in einer vermeinten üppigsten und reizendsten Griechin meine Mutter beschlief, bin ich darum ein Mutterschänder? Kannst du, blinder Höllenesel, den je einen Mörder oder Totschläger schelten, der vom Dache fiel und am Boden in seinem Falle einen Menschen traf und dadurch tötete?! - Rede nun, du alter Höllenesel!«

03] Spricht der Satan, ganz ergrimmt über die Beschimpfung (von seiten) des Hauptmanns: »Ich sehe nur auf die Tat, und nicht, in welcher Art sie begangen ward; bei mir gibt es keine mildernden Umstände, und du bist von mir aus als gerichtet anzusehen, gehörst der Hölle an und wirst meiner Macht nicht entrinnen!«

04] Sagt der Hauptmann: »Da sieh hin, du alter, blinder Höllenesel! Wer ist Der, der mir hier zur Rechten steht, kennst du Ihn, ist dir der Jesus von Nazareth nicht bekannt?«

05] Als der Hauptmann Meinen Namen ausspricht, reißt es den Satan mit aller Gewalt zu Boden nieder, und er bedroht den Hauptmann, daß er diesen ihm allerwidrigsten Namen nimmer aussprechen möchte. Er kenne den Nazaräer und fluche demselben, weil er der Gottheit die Macht entreißen wolle und es gar nicht viel mehr fehle, daß er ein Herr Himmels und aller Welt werde!

06] Sagt der Hauptmann: »Blinder Höllenesel! Was Er von Ewigkeit war, das ist Er noch und wird es ewig bleiben; und Er allein wird mich und dich richten, und ewig nicht du alter, böser, blinder und allerdümmster Höllenesel! Wenn du schon ein gar so mächtiges Wesen bist, warum reißt dich denn gar so leicht der pure Name des heiligen Nazaräers also zusammen, als wärest du nie gestanden? Sieh, wie schön und löblich es hier ist, und wie gut es wir alle haben! Wärst du kein so erzdümmstes Höllenvieh, wie leicht könntest du es ebenso gut haben wie wir! Kehre um und erkenne in deinem Herzen, wenn du noch eines hast, daß Jesus der Herr Himmels und der Erde ist, und du wirst uns sicher gleichgestellt werden!«

07] Da grinst der Satan: »Hast du schon wieder den mir allerwidrigsten Namen aussprechen müssen?! Wenn du schon von nichts Besserem zu reden weißt, so umschreibe doch wenigstens den Namen;denn er peinigt mich mehr denn zehntausend Höllen in ihrer höchsten Feuerwut! Zudem bin ich ein Geist und muß das bleiben ewig eures Heiles willen und kann mich daher nie bekehren zu eurem Gott und eurem Herrn! Ich bin einmal und für alle Male für ewig verdammt, und für mich gibt es kein Heil mehr!«

08] Sagt der Hauptmann: »Wenn mir das jemand anders als du gesagt hätte, würde ich's glauben; aber dir glaube ich nichts, außer, daß du wirklich der alte, dumme Höllenesel bist! So du dich bekehren wolltest, da weiß ich nur zu gut, daß du mit deinem ganzen Anhang vom Herrn angenommen würdest; aber bei dir ist es nur eine hartnäckigste Bosheit, aus der heraus du selbst dich ewig nie bekehren willst, weil es dir eine Art höllischer Freude macht, Gott dem Herrn trotzen zu können infolge deines freien Willens. Aber ich sage es dir, daß der Herr vor dir noch lange Sein Herz nicht völlig verschlossen hat, und hat dich noch lange nicht gerichtet! Kehre dich daher zu Ihm, und Er wird dich aufnehmen und dir vergeben alle deine Milliarden mal Milliarden Frevel und Sünden!

09] Ich bin ein Heide und habe in meiner Jugend angebetet die Natur und die Schnitzwerke, gemacht von Menschenhänden und hervorgegangen aus ihrer Phantasie; aber ich, als ein schwacher, blinder Fleischmensch, habe es dennoch bald eingesehen, daß ich mich auf Irrwegen befunden habe, auf denen kein Ziel zu erreichen ist.

10] Du aber bist seit deinem Urbeginne als ein reiner Geist geschaffen worden von Dem, der nun im Herzen dieses heiligen Nazaräers wohnt, und dem sichtbar Himmel und Erde vollkommenst untertan sind. Dir ist das reine Erkennen der ewigen Wahrheit ein leichtes, während ich lange in Nacht und Nebel herumtappen mußte; du darfst sonach nur wollen, und du sitzest wieder im alten Urlichte. Wende dich daher an den Herrn, der hier wunderbarstermaßen körperlich unter uns weilt, und ich stehe dir mit allem, was mir samt meinem Leben eigen und heilig ist, dafür, daß du angenommen wirst!«

11] Sagt Satan: »Ich kann das nicht!«

12] Sagt der Hauptmann: »Und warum nicht?«

13] Schreit der Satan: »Weil ich es nicht will!«

14] Sagt nun denn auch der Hauptmann mit einer sehr erregten Stimme: »So hebe dich im Namen Jesu von hinnen; denn nun fängt es mich an bis zum Erbrechen zu ekeln vor dir! Du bist sonach höchst eigenwillig eine unverbesserliche Höllenbestie, und in mir ist jedes Mitleid wegen deiner ewigen Pein und Qual für ewig entschwunden. Der Herr richte dich, du alter Höllenesel!«

15] Auf diese Worte des Hauptmanns stürzte der Satan wie vom Blitze getroffen auf den Boden und brüllte also gewaltig wie ein hungriger Löwe; aber Ich winkte dem Engel Raphael, daß er ihn aufs Korn nehme.

16] Da trat der Engel schnell hin zwischen den Hauptmann und Satan und sagte: »Satan! Ich, ein allergeringster Diener des Herrn Jesus Jehova Zebaoth, gebiete aufs unwandelbarste Muß, daß du dich augenbicklich hebest von diesem Orte und dieser Gegend, die du lange mit deinem bösen Hauche für Tiere und Menschen heillos gemacht hast!«

17] Sagt der Satan, vom Grimme entbrannt: »Wohin soll ich ziehen?«

18] Sagt der Engel: »Wo deine Diener deiner harren und dich verfluchen! Gehe und weiche! Amen!«

19] Mit diesen Worten des Engels erhob sich der Satan gleich einem nach allen Seiten hin flammenden Balle und floh unter großem Knallgetöse in Blitzesschnelle gen Mitternacht.

20] Der Engel aber riß auf den Boden an der Stelle, da der Satan stand und lag (es war ein Steinblock von mehreren fünfzig Zentnern), und schleuderte ihn mit solcher Gewalt über den ganzen Berg weit ins Meer hinein, daß der Stein schon in der Luft durch ihren Widerstand in den nichtigsten Staub aufgelöst ward.

21] Und alle verwunderten sich allerhöchstlich über solch eine Gewalt des Engels, und der Hauptmann sagt: »Ha, das wäre ein Steinschleuderer! Der gäbe allein mehr aus als zehn römische Legionen! Übrigens danke ich Dir, o Herr, auch für diese Offenbarung; denn nun habe ich denn auch den ewigen Feind aller Liebe, alles Lichtes und alles Guten und Wahren sozusagen persönlich kennengelernt und habe mich schnell überzeugt, was es mit ihm für eine Bewandtnis hat. Den bessert keine Ewigkeit und kein Feuer mehr!

22] Es sind bei Gott wohl alle Dinge möglich; aber hier glaube ich, daß es auch der göttlichen Allmacht schwer gelingen wird, diesen Geist zur Reue und Buße zurückzubewegen. Denn wird ihm der freie Wille belassen, so ändert er sich ewig nimmer; wird er ihm aber nicht belassen, so hat er aufgehört, Er zu sein, und es gibt dann keinen Satan in der ganzen Unendlichkeit mehr. Ihn aber mit möglichst größten Qualen und Schmerzen zur Besserung bewegen zu wollen, hieße mit einem Siebe Wasser in ein durchlöchertes Gefäß schöpfen! Das Weiseste wäre nach meiner Ansicht noch, ihn für alle Zeiten der Zeiten in irgendein Gefängnis gefangenzunehmen und zwar schmerzlos; so würde er zum wenigsten auf die lebenden Menschen keinen Einfluß nehmen können!«

23] Sage Ich: »Freund, das sind Dinge, die du jetzt nimmer fassen kannst; einst aber werden sie dir klar werden! Die irdische Zeit hat dafür freilich kein Maß, - wohl aber eine ganze Urgrundmittelsonne! Wann diese einmal zu Ende kommt, dann auch wird die noch immer mögliche Umkehr des Satans nicht mehr ferne sein; aber wo wird dann schon sein diese Erde und diese Sonne?! Denn ein Körper, wie da ist die Urgrundmittelsonne, braucht einen für dich undenklich langen Zeitraum, bis all das in ihr gerichtete Leben, das nun eine scheinbar tote Materie ist, bis aufs letzte Stäubchen sich auflöst ins freie, geistige Leben!

24] Aber, wie gesagt, solches kannst du nun noch lange nicht fassen! Solches fassen jetzt auch die Engel nicht; aber es wird bald eine Zeit kommen, in der du im nun dir Gesagten keinen Zweifel finden und Dinge glauben wirst, von denen du jetzt noch keine Spur hast! Doch nun nichts Weiteres mehr davon! Machet euch aber nun auf, und wir werden uns ganz gemach auf die Rückreise begeben!«


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