Jakob Lorber: 'Die Erde'


38. Kapitel: Die erste, unterste Luftregion (25. Februar 1847)

Originaltext 1. Auflage 1856 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text nach 4. Auflage 1953 Lorber-Verlag

01] Die erste Region, welche natürlicher Weise die unterste ist, nimmt eben da Platz, wo die naturmäßige atmosphärische Luft, in welcher Pflanzen, Thiere und Menschen leben, über der Erdoberfläche rastet; das Geistige ist mit dem Naturmäßigen so eng verwebt, daß ein Weiser offenbar also reden müßte:


02] Ich finde in dieser ganzen untersten Luftregion nichts als Geistiges; nur was durch die geistige Action fixirt wird entweder momentan, oder successiv, das allein hat das Ansehen des Naturmäßigen unter der formellen Erscheinlichkeit; im Grunde des Grundes aber ist dennoch Alles vollkommen geistig.


03] Warum sagt man hier geistig, und nicht complet Geist? Weil in dieser Region die geistigen, also auch seelischen einzelnen Specifical-Intelligentien sich erst nach und nach ergreifen, vereinen und in eine ganze vollkommene geistige Form wieder als complet und als Ein Wesen seiner selbst bewußt sich finden müssen.

04] Wie ist denn dieses so ganz eigentlich zu verstehen? Ich sage euch, leichter als ihr es meinet.

05] Ueberall ist für die complete Vereinigung aller der geistigen Specifica ein gewisses Centrum gegeben. Dieses Centrum ist der eigentlich engst gefesselte Urgeist, oder der Liebesfunke aus Mir; dieser zieht mächtig all' dasjenige an sich, was seines Wesens ist, und möge dieses noch so zerstreut sein, so wird es sich gerade an jenes geistige Centrum anfügen, zu dem es gehört, und wird, wenn auch von gleicher Qualität, bei jedem Centrum andereigenschaftlich.

06] Ein Beispiel wird euch die Sache vollkommen klar machen.

07] Betrachtet z. B. die Bildung eines Menschen, oder mehrerer Menschen in einer Schule. Hundert Schüler haben einen und denselben Meister; sie lernen aus denselben Büchern, sie lernen alle nach einer Vorschrift schreiben, und betrachtet sie hernach als Menschen, die in dieser Schule gebildet wurden, da werden nicht Zwei die vollkommen gleiche Denkweise haben, nicht Zwei die gleiche Schrift und dergleichen Unterschiede mehr, und doch war die geistige Bildungsspecificalkost die gleiche; aber jeder Geist dieser Schüler hat von dieser allgemeinen Unterrichtskost sein eigenes ihm zusagendes Specificum genau herausgefunden, ohne daß für diesen Zweck der Lehrer nur im geringsten etwas beigetragen hat.

08] Aus diesem Beispiele läßt sich nun ganz klar erschauen, wie ein jedes geistige Centrum ganz genau aus der unendlichen Vielzahl der Intelligenz-Specifica sein Eigenthümliches findet, eben so, wie das in einem jeden Samenkorn gegebene Centralseelen-Specificum aus demselben Wasser, aus derselben Luft, aus derselben Erde, wie auch aus demselben Lichte genau dasjenige findet und an sich zieht, was zu seinem Wesen gehört.

09] Also concentriren sich die seelischen Intelligentien um das ihnen eigenthümliche geistige Centrum, oder sie strömen dahin, wo ihr geistiges Centrum ist, ergreifen sich da zu einer intelligenten Form, und eigenschaften sich nach dem Grundwesen ihres geistigen Centrums, welches gewöhnlich im Menschen vor sich geht, weil das eigentliche geistige Centrum erst in der Form des Menschen wieder gegeben wird.

10] Auch ist das Wort ein gar treffliches Beispiel zur Beleuchtung dieser Sache.

11] Ein Wort wird gegeben, und dieses Wort, wie es gegeben ist, zieht in dem Augenblicke all' dasjenige an sich, was zur Erfüllung seines Begriffes nothwendig ist.

12] Nehmen wir das Wort ‚Gebot'; dieses Wort ist ein Centrum, zieht aber in dem Augenblicke alles dasjenige an sich, und vereinigt es ebenfalls sogleich in sich, was es vonnöthen hat, um ein Gebot zu sein.

13] Daß aber, um den Begriff Gebot in Eins aus den vielfachen Begriffen zu completiren, es etwas Außerordentliches ist, und durchgehends keine so leichte Aufgabe, als sich Jemand denken würde, das versteht sich von selbst; denn was gehört zu einem Gebote? Für's Erste ein weises gebietendes Wesen, das eine große in allen Dingen durchgreifende Einsicht hat, warum es ein Gebot giebt, und wem. Zweitens muß ein freies Wesen da sein, begabt mit vieler Einsicht und damit gebundener Willenskraft, damit es das Gebot annehmen, verstehen und halten kann. Was gehört dazu, um ein solches Wesen zu erschaffen, und welche Eigenschaften muß der Schöpfer haben, um ein solches Wesen erschaffen zu können?! - Drittens, das Gebot muß auch sanctionirt sein; was gehört wieder dazu, um ein Gebot weise, gerecht und werkthätig sanctioniren zu können?!

14] Sehet, was für eine unendliche Anzahl von Begriffen und Grundideen und Kräften mit dem einzigen Begriffe Gebot verbunden ist, - so zwar, daß Jemand sagen könnte: Ja, wenn dieses Wort Gebot das alles als eigenthümlich in sich schließt, was bleibt dann für ein anderes nicht minder vielbedeutendes Wort übrig?

15] Da kommt es eben jetzt zu der Haupterklärung; jedes Wort bildet für sich ein gewisses geistiges Centrum, und zieht von einer und derselben Unzahl der Begriffe an sich, und vereinigt dieselben ganz für sich eigens eigenschaftlich, so daß dieselben Begriffe sich in diesem Worte zu etwas ganz Anderem qualificiren müssen, als zu was sie sich in einem anderen früheren Worte qualificirt haben.

16] Es ist nicht nöthig, euch zu dem Behufe noch eine Menge Worte oder Begriffe herzusetzen, um diese Sache noch klarer zu machen, als sie es ohnedieß schon ist; denn das könnt ihr euch selbst thun. Zu dem Begriff Liebe, Tugend, Demuth, Gott und dergleichen mehr gehört eben so viel, als wie zum Gebote, und was im Gebote zu Gebot wird, dasselbe wird in der Liebe zur Liebe, in der Tugend zur Tugend, in der Demuth zur Demuth, und in Gott zu Gott; so wie dieselben Elementarspecifica im Klee zu Klee, in der Rübe zur Rübe, in dem Weinstocke zum Weinstocke u. s. w. werden.

17] Wenn ihr nun dieses jetzt Gesagte nur einigermaßen aufgefaßt habet, so werdet ihr es kindleicht einsehen, ja sogar mit den Händen greifen, daß diese untere Region so ganz eigentlich und gewisserart die Reproductions- und Wiedervereinigungswerkstätte des vereinzelten Geistigen und Seelischen in einen completen Geist ist, und hat mit all' dem die höchste Aehnlichkeit, was hier vor Jedermanns Augen in die vegetative und productive Erscheinlichkeit tritt, wo überall, wie sich Jedermann überzeugen kann, aus endlos vielen Partikeln ein sonderheitliches Ganzes dargestellt wird; kurz und gut, hier ist der Platz für die Aussaat, es ist der Acker, wo in einem jeden geistigen Samenkorns eine ganz eigenthümlichc Ideenassociation in eine Form zusammengefaßt wird; oder es ist der Sammelplatz alles zerstreuten Seelischen um ein gegebenes geistiges Centrum.


18] Da ihr nun dieses sicher und leicht aufgefaßt habet, so wird es für die nächste Mittheiluug ein Leichtes sein, sich in dieser Sphäre weiter zu bewegen.

01] Die erste Region, welche natürlicherweise die unterste ist, nimmt eben da Platz, wo die naturmäßige atmosphärische Luft, in welcher Pflanzen, Tiere und Menschen leben, über der Erdoberfläche rastet. Das Geistige ist (erg.: in dieser ersten Luftregion) mit dem Naturmäßigen so eng verwebt, daß ein Weiser offenbar also reden müßte:

02] »Ich finde in dieser ganzen untersten Luftregion nichts als Geistiges; nur das, was durch die geistige Aktion fixiert wird, entweder momentan (augenblicklich) oder sukzessiv (nach und nach), das allein hat das Ansehen des Naturmäßigen unter der formellen Erscheinlichkeit; im Grunde des Grundes aber ist dennoch alles vollkommen geistig.«

03] Warum sagt man hier »geistig« und nicht komplett »Geist«? - Weil in dieser Region die geistigen, also auch seelischen einzelnen Spezifikalintelligenzen sich erst nach und nach ergreifen, vereinen und in eine ganze, vollkommene geistige Form wieder als komplett und als ein Wesen, seiner selbst bewußt, sich finden müssen.

04] Wie ist denn dieses so ganz eigentlich zu verstehen? - Ich sage euch: leichter, als ihr es meint.

05] Überall ist für die komplette Vereinigung aller der geistigen Spezifika ein gewisses Zentrum gegeben. Dieses Zentrum ist der eigentlich engst gefesselte Urgeist oder der Liebesfunke aus Mir. Dieser zieht mächtig all dasjenige an sich, was seines Wesens ist; und möge dieses noch so zerstreut sein, so wird es sich gerade an jenes geistige Zentrum anfügen, zu dem es gehört, und wird, wenn auch von gleicher Qualität, bei jedem Zentrum andereigenschaftlich.

06] Ein Beispiel wird euch die Sache vollkommen klarmachen.

07] Betrachtet z.B. die Bildung eines Menschen oder mehrerer Menschen in einer Schule. Hundert Schüler haben einen und denselben Meister, sie lernen aus denselben Büchern, sie lernen alle nach einer Vorschrift schreiben, - und betrachtet sie hernach als Menschen, die in dieser Schule gebildet wurden, da werden nicht zwei die vollkommen gleiche Denkweise haben, nicht zwei die gleiche Schrift, und dergleichen Unterschiede mehr! Und doch war die geistige Bildungsspezifikalkost die gleiche; aber jeder Geist dieser Schüler hat von dieser allgemeinen Unterrichtskost sein eigenes, ihm zusagendes Spezifikum genau herausgefunden, ohne daß für diesen Zweck der Lehrer nur im geringsten etwas beigetragen hat.

08] Aus diesem Beispiele läßt sich nun ganz klar erschauen, wie ein jedes geistige Zentrum ganz genau aus der unendlichen Vielzahl der Intelligenzspezifika sein Eigentümliches findet, ebenso, wie das in einem jeden Samenkorn gegebene Zentralseelenspezifikum aus demselben Wasser, aus derselben Luft, aus derselben Erde, wie auch aus demselben Lichte genau dasjenige findet und an sich zieht, was zu seinem Wesen gehört.

09] Also konzentrieren sich die seelischen Intelligenzen um das ihnen eigentümliche geistige Zentrum oder sie strömen dahin, wo ihr geistiges Zentrum ist, ergreifen sich da zu einer intelligenten Form und eigenschaften sich nach dem Grundwesen ihres geistigen Zentrums, welches gewöhnlich im Menschen vor sich geht, weil das eigentliche geistige Zentrum erst in der Form des Menschen wieder gegeben wird.

10] Auch ist das Wort ein gar treffliches Beispiel zur Beleuchtung dieser Sache.

11] Ein Wort wird gegeben, und dieses Wort, wie es gegeben ist, zieht in dem Augenblicke all dasjenige an sich, was zur Erfüllung seines Begriffes notwendig ist.

12] Nehmen wir das Wort »Gebot«; dieses Wort ist ein Zentrum, zieht aber in dem Augenblicke alles dasjenige an sich und vereinigt es ebenfalls sogleich in sich, was es vonnöten hat, um ein Gebot zu sein.

13] Daß aber, um den Begriff »Gebot« in eins aus den vielfachen Begriffen zu komplettieren, es etwas Außerordentliches ist und durchgehends keine so leichte Aufgabe, als sich jemand denken würde, das versteht sich von selbst; denn was gehört zu einem Gebote? Fürs erste ein weises gebietendes Wesen, das eine große, in allen Dingen durchgreifende Einsicht hat, warum es ein Gebot gibt und wem. Zweitens muß ein freies Wesen da sein, begabt mit vieler Einsicht und damit gebundener Willenskraft, damit es das Gebot annehmen, verstehen und halten kann. Was gehört dazu, um ein solches Wesen zu erschaffen, und welche Eigenschaften muß der Schöpfer haben, um ein solches Wesen erschaffen zu können?! Drittens: das Gebot muß auch sanktioniert sein; was gehört wieder dazu, um ein Gebot weise, gerecht und werktätig sanktionieren zu können?!

14] Sehet, was für eine unendliche Anzahl von Begriffen und Grundideen und Kräften mit dem einzigen Begriff »Gebot« verbunden ist, so zwar, daß jemand sagen könnte: »Ja, wenn dieses Wort »Gebot« das alles als eigentümlich in sich schließt, was bleibt dann für ein anderes nicht minder vielbedeutendes Wort übrig?«

15] Da kommt es eben jetzt zu der Haupterklärung. Jedes Wort bildet für sich ein gewisses geistiges Zentrum, zieht von einer und derselben Unzahl der Begriffe an sich und vereinigt dieselben ganz für sich eigens eigenschaftlich, so daß dieselben Begriffe sich in diesem Worte zu etwas ganz anderem qualifizieren müssen, als zu was sie sich in einem anderen, früheren Worte qualisiziert haben.

16] Es ist nicht nötig, euch zu dem Behufe noch eine Menge Worte oder Begriffe herzusetzen, um diese Sache noch klarer zu machen, als sie es ohnedies schon ist; das könnt ihr euch selbst tun. Denn zu dem Begriffe »Liebe«, »Tugend« »Demut« »Gott« und dergleichen mehr, gehört ebensoviel als wie zum »Gebot«; aber was im Gebote zu Gebot wird, dasselbe wird in der Liebe zur Liebe, in der Tugend zur Tugend, in der Demut zur Demut und in Gott zu Gott, so wie dieselben Elementarspezifika im Klee zu Klee, in der Rübe zur Rübe, in dem Weinstocke zum Weinstocke usw. werden.

17] Wenn ihr nun dieses jetzt Gesagte nur einigermaßen aufgefaßt habt, so werdet ihr es kinderleicht einsehen, ja sogar mit den Händen greifen, daß diese untere Region so ganz eigentlich und gewisserart die Reproduktions- und Wiedervereinigungswerkstätte des vereinzelten Geistigen und Seelischen in einen kompletten Geist ist und mit all dem die höchste Ähnlichkeit hat, was hier vor jedermanns Augen in die vegetative und produktive Erscheinlichkeit tritt, wo überall - wie sich jedermann überzeugen kann - aus endlos vielen Partikeln ein sonderheitliches Ganzes dargestellt wird. Kurz und gut: hier ist der Platz für die Aussaat, es ist der Acker, wo in einem jeden geistigen Samenkorne eine ganz eigentümliche geistige Ideenassoziation (Ideenverbindung) in eine Form zusammengefaßt wird, - oder es ist der Sammelplatz alles zerstreuten Seelischen um ein gegebenes, geistiges Zentrum.

18] Da ihr nun dieses sicher und leicht aufgefaßt habt, so wird es für die nächste Mitteilung ein leichtes sein, sich in dieser Sphäre weiterzubewegen.


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